Denkmaldatenbank

Wohnen am Kleistpark

Obj.-Dok.-Nr. 09097841
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Schöneberg
Adressen Pallasstraße 1, 2, 3, 4, 5, 6, 6A, 28

Potsdamer Straße
170, 170A, 170B, 172, 172A, 172B, 172C, 172D
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnanlage
Datierung 1974-1977
Entwurf Sawade, Jürgen & Frowein, Dieter & Grötzebach, Dietmar & Plessow, Günter (Architekt)
Bauherr Karsten Klingbeil (Hotelbeteiligungs-GmbH)

Die 1974-77 auf dem Gelände des ehemaligen Sportpalastes nach Entwurf der Architekten Jürgen Sawade, Dieter Frowein, Dietmar Grötzebach und Günter Plessow errichtete Großsiedlung Wohnen am Kleistpark, Pallasstraße 1-6, 6A, 28, Potsdamer Straße 170, 170 A-D/172, 172 A-B, fällt im Stadtbild vor allem durch die spektakuläre Überbauung der Pallasstraße und des Pallas-Bunkers auf. (1) Die Anlage verfügt über 539 Wohnungen im sozialen Wohnungsbau, die auf vier Bauteile verteilt sind. Der nord-süd-gerichtete, mehr als 200 Meter lange Haupttrakt parallel zur Potsdamer Straße staffelt sich an der terrassierten Nordseite in der Höhe bis auf 13 Geschosse, überquert die Pallasstraße und überfängt den Bunker mit einer kühnen Stahlbeton-Konstruktion auf hohen Stützen. Unter den zehn Wohngeschossen ist nördlich der Pallasstraße auf den zwei unteren Ebenen eine Parkgarage mit 250 Stellplätzen angeordnet. An der Ostseite des Gebäudes schließen sich zwei Wohnhöfe mit sechsgeschossigen Bauten parallel zur Pallasstraße an. (2) Die Großwohnanlage auf dem geschichtsträchtigen innerstädtischen Grundstück stellt mit ihrer außergewöhnlichen Gestaltung ein einzigartiges Zeugnis sowohl für die Wohnungsbaupolitik in West-Berlin als auch für die Architektur der Nachkriegsmoderne und das Thema "Wohnen in der Großstadt" dar. (3)

Die Bauten zeichnen sich durch eine besondere gestalterische Qualität aus, die sich aus der Konstruktion, den präzisen Details und einer klaren Gliederung der Fassaden ergibt. Die im Wohnungsbau damals verbreitete Schottenbauweise diente als Grundlage für ein schnelles und kostengünstiges Bauen, aber auch für das gleichmäßige Raster der Fassaden und die Möglichkeit, die Erdgeschossbereiche aufzuständern und von Wohnungen frei zu halten. Die Fassaden sind durch die Balkon- und Fensterelemente mit filigranen Drahtgitter-Brüstungen und verglaste Treppenhäuser transparent und differenziert gegliedert. In der Verbindung der Skelettbauweise mit der hoch aufragenden Betonkonstruktion der Straßen- und Bunkerüberbauung an der Südseite sowie der Abtreppung der Nordseite erscheinen das Hauptgebäude als skulpturale Großfigur, die trotz der großen Baumasse auch leicht und beinahe schwebend wirkt. Mit einem einheitlichen Farbkonzept und der Idee, eine "selbstbestimmte Fassadengestaltung durch den Benutzer (Bepflanzung, Bemalung, Aufhängen von Postern u. ä.)" in die Gestaltung einzubeziehen, ergänzten die Architekten das künstlerische Gesamtkonzept der Bauten. Durch das Anknüpfen an die Traufhöhen der benachbarten Mietshäuser und des Kathreiner-Hauses fügt sich die Anlage zudem geschickt in die Umgebung ein. Zur Erbauungszeit boten die Wohnungen hochwertige Lebensräume mit einer im Vergleich zum damaligen Standard in den Altbauwohnungen überdurchschnittlichen Ausstattung: Sie verfügten über kompakte, funktionale Grundrisse, eine gleichmäßig gute Belichtung und Besonnung, über Zentralheizung, Balkone, Badezimmer und Einbauküchen und sie wurden ergänzt durch zahlreiche Gemeinschaftseinrichtungen (gärtnerisch gestaltete Außenbereiche, Dachterrassen, Spielflächen im Luftgeschoss).


(1) Zum Berliner Sportpalast vgl. Arenhövel, Alfons (Hg.): Arena der Leidenschaften - Der Berliner Sportpalast und seine Veranstaltungen 1910-1973, Berlin 1990. In der Wohnbebauung kam es wegen der großen Zahl an Sozialwohnungen zu Problemen, die dem Gebäude die Bezeichnung "Sozialpalast" einbrachten. Seit 2003 bemühen sich Quartiersmanagement und Bewohnerinitiativen um bessere Wohnbedingungen; im Zuge dieser Unternehmungen wurde auch der Name "Pallasseum" eingeführt.

(2) Rave/Knöfel: Bauen der 70er Jahre in Berlin, Berlin 1981, Nr. 285; Schäche, Wolfgang: Jürgen Sawade, Bauten und Projekte 1970-1995, Berlin 1997, S. 37 ff.; Bauen in Berlin 1900-2000, hrsg. v. Josef Paul Kleihues, Jan Gerd Becker-Schwering, Paul Kahlfeldt, Berlin 2000, S. 330; Nägele, Sibylle/Markert, Joy: Die Potsdamer Straße, Geschichten, Mythen, Metamorphosen, Berlin 2006, S. 210 f., 348 ff.; Zur Geschichte des Hauses: http://www.pallasseum-wohnbauten.de/index.php/home/geschich te-des-hauses (zuletzt geprüft am 17.02.2017).

(3) Die städtebaulichen Einbindung der Wohnsiedlung steht darüber hinaus im Zusammenhang mit der Verkehrsplanung für die Achse Hohenstaufen-, Pallas- und Goebenstraße, die durchgehend zur sechsspurigen Hauptverkehrsstraße mit einer Trogtrasse unter der Potsdamer Straße ausgebaut werden sollte. Während an der Goebenstraße und an Teilen der Hohenstaufenstraße die Planung weitgehend umgesetzt wurde, musste der weitere Ausbau im östlichen Teil der Hohenstaufenstraße und der Pallasstraße aufgrund von Protesten und der Weigerung des Eigentümers, das Haus Hohenstaufenstraße 22 abzureißen, aufgegeben werden (vgl. Gebiet 4).

Literatur:

  • Kleihues, Josef Paul; Becker-Schwering, Jan Gerd; Kahlfeldt, Paul (Hrsg.): Bauen in Berlin 1900-2000 Berlin 2000 / Seite 330
  • Schäche, Wolfgang: Jürgen Sawade, Bauten und Projekte 1970-1995, Berlin 1997 / Seite 15-47
  • Schäche, Wolfgang: Jürgen Sawade, Bauten und Projekte 1970-1995, Berlin 1997 / Seite 37ff.
  • Nägele, Sibylle; Markert, Joy: Die Potsdamer Straße, Geschichten, Mythen, Metamorphosen, Berlin 2006 / Seite 210f., 348ff.
  • Rave/Knöfel: Bauen der 70er Jahre in Berlin, Berlin 1981, Nr. 285. / Seite .
  • Berliner Zeitung, verschiedene Artikel, 1999-2001 / Seite 350, 353
  • Schöneberger Norden: Prof. Jürgen Sawade, Schöpfer des Pallasseums hielt einen Vortrag zur Geschichte seines Gebäudes / Seite 107f.
  • Architekten- und Ingenieurverein Berlin (Hrsg.): Berlin und eine Bauten, Teil B, Bd. 1
  • Geschichte der Hauses: http://pallasseum-wohnbauten.de/ueber-uns/geschichte-des-ha uses
  • Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, Petersberg 2018

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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