Denkmaldatenbank

Ev. Christus-Kirche

Obj.-Dok.-Nr. 09097810
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Hornstraße 7, 8
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Kirche ev.
Datierung 1963
Entwurf Ernst, Klaus (Architekt)
Entwurf Koch, Klaus-Peter
Bauherr Christusgemeinde

Die evangelische Christus-Kirche in der Hornstraße 7-8 wurde 1963 nach dem Entwurf des Architekten und Hochschullehrers an der Berliner Hochschule für bildende Künste (HfbK) Klaus Ernst errichtet. Sie fällt im Kontext der geschlossenen kaiserzeitlichen Bebauung der Umgebung durch ihre offene städtebauliche Anlage unmittelbar ins Auge. Die dreiteilige Baugruppe besteht aus einem zweigeschossigen, zwischen den angrenzenden Brandwänden eingespannten Brückenbau mit Büroräumen, dem Kirchenraum über dreieckigem Grundriss im Blockinnern und dem als Vorposten im Straßenraum platzierten Kirchturm. So ergibt sich eine lockere Komposition von autonomen Bauteilen, die in entschiedenem Kontrast zur festen Ordnung der Berliner Blockrandbebauung steht. Darüber hinaus thematisiert der Neubau die Baulücke, in der die ruinenartige Brandwand des kriegszerstörten Vorgängerbaus (auch die westliche Brandwand war ursprünglich unverkleidet) an die Einwirkungen des Kriegs erinnert. Die einzelnen Bauteile sind entsprechend ihrer Funktion durch eine eigene Materialität charakterisiert. So wirkt der Glockenturm durch seinen Beton, der die Verschalungsspuren zeigt, als massive Einheit, die nur durch die Schallöffnungen durchbrochen wird. Die zwischen Betonbändern verputzte Fassade des Brückenbaus gibt klar die innere Aufteilung in Büro- und andere Funktionsräume eines Gemeindebüros zu erkennen und erinnert keinesfalls an eine Kirche. Das Kirchenschiff ist ein klarer, aus Backstein gemauerter Dreieckskörper, unterbrochen nur durch die zum Hof hin eingesetzten Betonraster, die die Glasbetonwände der Kirche außen anzeigen. In einer für die Nachkriegsarchitektur typischen Art ist der Zugang zur Kirche in Ablehnung pompöser Gesten als breiter Schwellenraum gestaltet, in dem der Besucher über drei Stufen zunächst das Plateau des Kirchplatzes und dann eine wettergeschützte Zone unter dem Brückenbau erreicht, um schließlich unter dem Vordach der Kirche unmittelbar vor das Portal zu treten. Der Sakralraum über dreieckigem Grundriss erscheint mit seiner naheliegenden Symbolik der Dreifaltigkeit für die christlichen Konfessionen besonders geeignet, wurde im modernen Kirchenbau aber nur selten so konsequent ausgeführt wie hier. Für den Gottesdienst ist der sich schnell weitende Raum günstig, da auf diese Weise auch die im hinteren Bereich der Kirche sitzenden Teilnehmer nicht allzu weit vom Altar entfernt sitzen. Nicht nur in der Architektur, sondern auch in der Inneneinrichtung dient das Dreieck als grundlegendes Motiv, das vom Taufbecken bis zum Kirchenraum den gesamten Entwurf durchdringt. Eine weitere außergewöhnliche Eigenschaft dieses Raums ist die gänzliche Verschmelzung von Architektur und Kunst in den Glasbetonwänden. Ähnlich der kurz zuvor erbauten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche sind die Wände mit Stücken dicken Glases durchsetzt, sodass Glas- und Betonflächen wie in einem Positiv-Negativ Vexierspiel gleichermaßen gestaltend wirken. Entwerfer der Glasbilder war Claus-Peter-Koch, der seit seinem Studium an der Hochschule für bildende Künste wiederholt mit Klaus Ernst zusammenarbeitete. Die über die ganze Breite der Wand reichenden christologischen Kompositionen zeigen stark abstrahierte Darstellungen, so beispielsweise auf der linken Seite eine Überblendung von Krippe, Kreuz und Dornenkrone als Symbole für Anfang und Ende des Lebens Christi. Die Glaswände verleihen dem Raum mithin nicht nur eine sakrale Stimmung wie dies bei der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche der Fall ist, sie stellen in ihrer Abstraktion zugleich auch eine intellektuelle Herausforderung dar. Gleichermaßen zweipolig konzipiert ist die atmosphärische Wirkung des Kirchenraums als geweihter und zugleich wohnlicher Raum, insbesondere die Kirchenbänke mit ihren Sitzflächen aus Holz und ihren geflochtenen Rückenlehnen tragen zur Wohnlichkeit bei. Die ebenfalls von Klaus Ernst entworfene Innenausstattung des Kirchenraums ist bis in das letzte Detail erhalten.

Literatur:

  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 374ff.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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