Denkmaldatenbank

Tunnel, Bahnhof (U), Bunker, Grenzanlage, Schaltwerk Dresdener Straße

Obj.-Dok.-Nr. 09097808
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg & Mitte
Ortsteil Kreuzberg & Mitte
Adressen Dresdener Straße
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Tunnel & Bahnhof (U) & Bunker & Grenzanlage & Schaltwerk
Datierung 1912/1927, 1914-1919, 1926/1927, 1941/1942, 1961
Entwurf AEG
Bauherr Schnellbahn AG & BVG

Die zwischen 1913 und 1930 erbaute U-Bahnlinie Gesundbrunnen-Neukölln (GN-Bahn, heute U8) ist in der Luisenstadt mit zwei U-Bahnhöfen am Moritzplatz und am Kottbusser Tor vertreten. Der Bau der Bahnlinie war 1913 von der AEG-Schnellbahn AG mit einer anderen Linienführung über die Dresdener Straße und den Oranienplatz begonnen worden. Da die AEG die Strecke wegen des Ersten Weltkriegs nicht zu den vertraglich festgelegten Terminen fertig stellen konnte, übernahm die Nordsüdbahn-Aktiengesellschaft, eine Tochter der Berliner-Verkehrs-Aktiengesellschaft, die Ausführung und korrigierte einige Streckenverläufe. Die Streckenführung über den Oranienplatz wurde aufgegeben und zum Moritzplatz verlegt, der einen U-Bahnhof erhielt. Am Moritzplatz hatte sich mit dem Kaufhaus Wertheim, das 1912-13 noch erheblich erweitert wurde, ein reges Geschäftsleben entwickelt. Überdies beteiligte sich der Kaufhausbesitzer Georg Wertheim an den Baukosten des U-Bahnhofs mit 5 Millionen Reichsmark.

In dem nach Entwürfen von Peter Behrens 1912-14 im Rohbau fertig gestellten U-Bahnhof in der Dresdener Straße/Alfred-Döblin-Platz richtete die BEWAG 1927 eine Schaltstation ein. (1) 1939 wurde das Berliner U-Bahnnetz auf die Eignung für die Zwecke des Luftschutzes geprüft und die BVG stellte einen Teil des Tunnels in der Dresdener Straße zur Verfügung. Wegen der Schaltanlage der BEWAG wurde vom Generalbauinspektor (GBI) ab 1941 nur der für die Gleise vorgesehene Tunnelabschnitt als Bunker ausgebaut. Als Zugänge dienten die vorhandenen Notausstiege. (2) Beim Mauerbau 1961 lag der Tunnelabschnitt genau unter den Grenzanlagen. Um mögliche Fluchtversuche zu verhindern, wurde der auf der Ost-Berliner Seite befindliche Durchgang am Alfred-Döblin-Platz vermauert und mit unter Putz verborgenem Signalsicherungsdraht abgesichert. (3) 1988 legte die BEWAG die Schaltanlagen still.

Bei der noch bestehenden Anlage handelt es sich um einen ungefähr 90 Meter langen Tunnelabschnitt, der in mehrere Raumeinheiten untergliedert wurde und von zwei Seiten (Dresdener Straße nahe Oranienplatz und Alfred-Döblin-Platz) über Noteinstiege begehbar ist. Der "Hauptraum" der Anlage, ist der ehemalige Bahnhofs-Rohbau, der bis 1988 von der BEWAG genutzt wurde. Diese Raumeinheit wird von den polierten Granitsäulen in der Raummitte geprägt, die zur Bahnhofsarchitektur von Peter Behrens gehören. Die ursprünglich zweiseitige Gleisanlage ist durch Zwischenwände vom Mittelsteig getrennt. An diesen Zwischenwänden sind die Spuren und Wandbeschriftungen, welche die BEWAG-Schaltanlagen hinterlassen haben, noch deutlich ablesbar.

An den Außenwänden der Bahnhofshalle - entlang des ehemaligen Gleisverlaufs - ist die ursprüngliche Wandgestaltung des Bahnhofs erhalten geblieben. Auch die Nutzung als Bunker ist durch später eingezogene Betondecken und durch die Abgrenzung vom Bahnhofsrohbau klar erkennbar.

Das Bauwerk dokumentiert die komplexe Geschichte Berlins im 20. Jahrhundert. Es ist als Rest des Schnellbahnbaus der AEG mit ihrem künstlerischen Berater Peter Behrens verkehrsgeschichtlich und architekturgeschichtlich von Bedeutung. Die Nazizeit ist mit den unterirdischen Bunkeranlagen vertreten und während der Zeit des Kalten Kriegs lag die Anlage im Grenzbereich und war unmittelbar vom Mauerbau betroffen. Der Bahnhofsbereich ist in seiner Substanz erhalten, musste aber aus statischen Gründen mit Feuchtsand verfüllt werden. Der Bunker ist noch zugänglich.


(1) Vgl. Arnold, Dietmar / Arnold, Ingmar / Salm, Frieder: Dunkle Welten. Bunker, Tunnel und Gewölbe unter Berlin, Berlin 2010, S. 83.

(2) Arnold, Dietmar / Arnold, Ingmar / Salm, Frieder: Dunkle Welten. Bunker, Tunnel und Gewölbe unter Berlin, Berlin 2010, S. 60.

(3) Arnold, Dietmar / Arnold, Ingmar / Salm, Frieder: Dunkle Welten. Bunker, Tunnel und Gewölbe unter Berlin, Berlin 2010, S. 172.

Literatur:

  • Arnold, Dietmar; Arnold, Ingmar; Salm, Frieder: Dunkle Welten. Bunker, Tunnel und Gewölbe unter Berlin, Berlin 2010 / Seite .
  • Bohle-Heintzenberg, Sabine: Architektur der Berliner Hoch- und Untergrundbahn. Planungen, Entwürfe, Bauten bis 1930, Berlin 1980 / Seite .
  • Brachmann, Christoph: Licht und Farbe im Berliner Untergrund. U-Bahnhöfe der klassischen Moderne, Berlin 2003 / Seite .
  • Buddensieg, Tilmann: Industriekultur. Peter Behrens u. d. AEG, Berlin 1979 / Seite .
  • Kalender, Ural: Die Geschichte der Verkehrsplanung Berlins, Köln 2012 / Seite .
  • Schäche, Wolfgang: Ein Haus am Oranienplatz in Berlin. Zur Geschichte und Architektur des ehemaligen Kaufhauses Maassen, Berlin 2004 / Seite .
  • Senator für Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.): S- und U-Bahnanlagen, Berlin Baut (3), Berlin 1987 / Seite .
  • Wittig, Paul (Hrsg.): Die Architektur der Hoch- und Untergrundbahn in Berlin, Berlin 1922 / Seite .
  • Deutsche Bauzeitung 52 (1918) 35 / Seite 150
  • Schattenwelt. Magazin des Berliner Unterwelten e.V., 2013 (4) / Seite .
  • Verkehrsgeschichtliche Blätter, 2014 (3) / Seite .
  • BusB X B 1 1979 / Seite .
  • BusB VIII A 1978 / Seite .
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 217 f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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