Denkmaldatenbank

StuK-Projekt

Obj.-Dok.-Nr. 09097804
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Kohlfurter Straße 2, 4

Erkelenzdamm 45, 47, 49
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus
Datierung 1980-1984
Entwurf Evers, Uwe & Göschel, Wolfgang & Haupt, Peter & von Rosenberg, Joachim & Rebel, Herbert
Bauherr Verein zur Förderung des gemeinsamen Wohnens von Studenten und Kreuzbergern - StuK e.V., Studentenwerk

Die Neujustierung der Planungs- und Baupraxis im Zweiten Stadterneuerungsprogramm von 1974, das die Flächenabrisse in Kreuzberg zumindest teilweise stoppte, wirkte sich auch auf den nördlichen Teil des Blocks zwischen Kohlfurter Straße, Admiralstraße, Fraenkelufer und Erkelenzdamm aus. Für diesen Teil des Kreuzberger Sanierungsgebiets wurde zwischen 1975 und 1978 ein neuer Bebauungsplan entwickelt. An der Kohlfurter Straße entstanden über die Admiralstraße hinweg auf geräumten Mietshausgrundstücken in Blockrandbauweise Schulen und andere pädagogische Einrichtungen nach Plänen des Büros GKK und Partner.

Für den Erhalt der Mietshausreihe am Wassertorplatz, Kohlfurter Straße 2-4, engagierte sich eine Gruppe von Assistenten der Technischen Universität Berlin, die ihre Hochschullehre mit aktuellen Problemen und praktischen Fragen der Stadtsanierung verbinden wollte. Die Gebäude waren von der Gemeinnützigen Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft (GSW) bereits weitgehend entmietet und für den Abriss vorbereitet worden.

Ab Oktober 1977 war die Konzeptentwicklung und Planung für die Häuser am Wassertorplatz ein Teil der Ausbildung am Fachgebiet für Baukonstruktion, Baupraxis und Entwerfen. In den folgenden vier Jahren arbeiteten die zur "Architektengruppe Wassertorplatz" zusammengeschlossenen Planer Uwe Evers, Wolfgang Göschel, Peter Haupt, Herbert Rebel und Joachim von Rosenberg mit rund 200 Studentinnen und Studenten in der TU und vor Ort. Als Korrekturinstanz wirkten die zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohner, von denen nach einem festgesetzten Schlüssel zwei Drittel aus Kreuzberg stammen sollten - wiederum aufgeteilt in Großfamilien, Kleinfamilien und Paare sowie Wohngemeinschaften. Das andere Drittel der Wohneinheiten sollte für Studentinnen und Studenten ausgebaut werden, deren Vertretung das Studentenwerk übernahm. (1)

Der 1978 gegründete Trägerverein "Verein zur Förderung des gemeinsamen Wohnens von Studenten und Kreuzbergern", kurz "StuK", übernahm die Rolle des Bauherrn und trat in einen Modernisierungsvertrag mit dem Land Berlin ein. Dadurch war die Förderung des auf Selbsthilfe gegründeten Projekts möglich. Die Bewohner konnten später die Gebäude aus dem Bestand der GSW herauslösen und selbst Eigentümer werden. (2) Die Internationale Bauausstellung (IBA 1987) hat das Projekt, das ähnlich früh wie die von Hardt-Waltherr Hämer betreute Sanierung am Klausenerplatz (ab 1975) begann, wiederholt als Vorbild für den in Selbsthilfe sanierten und behutsam eigenen Lebensvorstellungen anverwandelten Altbaubestand vorgestellt. Die Gebäude wurden - über die Festlegung im neu aufgesetzten Bebauungsplan hinausgehend - mit der Hofbebauung erhalten. Die Baumaßnahmen wurden zwischen 1980 und 1984 durchgeführt.

Die neue Grundrisseinteilung reichte von kleinen Ein-Zimmer-Appartements bis zu Wohnungen mit zehn Zimmern, die über mehrere Treppenhäuser erreichbar waren und die neue Formen des Zusammenlebens fördern sollten. Besonderer Wert wurde auf eine Vielzahl von Gemeinschaftsräumen gelegt, die mit rund 1.000 Quadratmetern im Verhältnis zur reinen Wohnfläche von 5.200 Quadratmetern ausgesprochen großzügig bemessen waren. Die meisten von ihnen liegen unter dem Dach und werden durch zusätzliche Fensterbänder in der Attika belichtet. Mehrere Dachgärten, ein großes Gewächshaus, zwei verglaste Turmzimmer und ein auf dem Dach geführter Verbindungssteg zwischen Türmen gehören zu den gemeinsam genutzten Einrichtungen der Hausgemeinschaft.

Ein im Keller eingerichtetes Blockheizkraftwerk versorgt den Komplex mit Wärme und produzierte mehr Strom, als die Bewohnerinnen und Bewohner verbrauchten. Im Erdgeschoss wurden Geschäfte und eine Kindertagesstätte eingerichtet, in die Remise im Garten zog ein Nachbarschaftszentrum ein, ein verfallenes Hofgebäude wurde als Ruinengarten hergerichtet. Der Umbau des Bestandes folgte der Grundstruktur der Altbauten und ausgebautes Material wurde nach Möglichkeit neu verwendet. In der Fassade zeigt sich der Umbau durch filigrane Erker, einen vorgehängten Risalit als Rankgerüst mit "Fensterwintergärten" (3), ein verglastes Vordach über dem Erdgeschoss, Turmaufbauten und den Laufsteg auf dem Dachfirst.

An die Brandwände zur Kohlfurter Straße und zum Erkelenzdamm wurden schmale Neubauten gesetzt, deren Fassaden unauffällig den Gründerzeitbauten angeglichen wurden. Zur Kohlfurter Straße öffnet sich die Schmalseite mit einem sechsgeschossigen Wintergarten; ein baulicher Kommentar zum Abbruch der Nachbarbebauung. Im Dachgeschoss geht die verglaste Fassade mit dem dreieckigen Risalit und dem Rankgerüst in einen Wintergarten über, der allen Bewohnerinnen und Bewohnern zugänglich ist. Über den freigeräumten Grundstücksteil ist das Nachbarschaftszentrum in der zweigeschossigen Remise erreichbar.


(1) Kittel, Klaus/Hübener-Gosau, Inge/Mohr, Martin/Evers, Uwe/Göschel, Wolfgang/Rebel, Herbert/Rosenberg, Joachim von: Gemeinsam planen, bauen, wohnen. Oder auch: Projektstudium - ernst genommen. In: ARCH+ 61 (1982), S. 40.

(2) Duwe, Paul F.; Johaentges, Karl: Neu in Alt. Architektengruppe am Wassertorplatz. In: Deutsche Bauzeitung, 4 (1987), S. 40.

(3) Kittel, Klaus/Hübener-Gosau, Inge/Mohr, Martin/Evers, Uwe/Göschel, Wolfgang/Rebel, Herbert/Rosenberg, Joachim von: Gemeinsam planen, bauen, wohnen. Oder auch: Projektstudium - ernst genommen; in: Arch+ 61 (1982), S. 40.

Literatur:

  • ARCH+ 15 (1982) 61 / Seite 40-42
  • Bauausstellung Berlin GmbH (Hg): Bauen und Wohnen in alter Umgebung. Wohnen in der Innenstadt, Berlin 1984 / Seite 73-75
  • Deutsche Bauzeitung 121 (1987) 4 / Seite 39-42
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 306 ff.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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