Denkmaldatenbank

Mietshaus Schöneberger Straße 5, 5A, 6,, 6A

Obj.-Dok.-Nr. 09097793
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Schöneberger Straße 5, 5A, 6,, 6A
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Mietshaus
Datierung 1988-1989
Entwurf Kleihues, Paul (Architekt)
Entwurf Gallant, Stephan & Häcker, Ulrich & Kahlfeldt, Paul & Müller, Thomas & Scholz-Weinland, Andreas & Schröder, Ulrike

Das Mietshaus an der Nordflanke des Fanny-Hensel-Weges mit der Adresse Schöneberger Straße 5-6A wurde 1988-89 nach Plänen von Josef Paul Kleihues errichtet. Das sechsgeschossige Gebäude mit dem markanten Schwung in der Fassade war der einzige bauliche Beitrag von Kleihues zur Internationale Bauausstellung 1987, deren Direktor Kleihues war. Dem Bau in der Friedrichvorstadt war ein langer Planungsprozess vorausgegangen, in dem für das durch Kriegseinwirkungen und folgende Abrisse stark geschädigte Quartier nach einer neuen baulichen Fassung gesucht wurde.

Die Idee einer diagonalen Durchwegung der Blöcke zwischen der Stresemannstraße und der Schöneberger Straße hatten Oswald Mathias Ungers und Bernd Faskel bereits 1981 in einem städtebaulichen Gutachten vorgeschlagen. Das im Rahmen der IBA entstandene Gutachten etablierte sich als Leitbild für die Quartiersentwicklung und wurde in der Folgezeit den Möglichkeiten und den Bedürfnissen in den durchquerten Blöcken und Bereichen angepasst.

Der Fanny-Hensel-Weg ist der letzte Abschnitt eines Weges, der im Norden der Bernburger Straße beginnt, über einen parkähnlich angelegten Hof mit einer Pflanzenkläranlage verläuft und ursprünglich über die Schöneberger Straße bis auf das Gelände des ehemaligen Anhalter Bahnhofs führen sollte. (1)

Im Norden des Fanny-Hensel-Weges war die ursprüngliche Bebauung des Blocks zu großen Teilen erhalten und wurde im Rahmen der Bauausstellung durch einzelne Neubauten ergänzt. Der Bereich im Süden des Weges war bis zum ehemaligen Hafenplatz weitgehend unbebaut und wurde mit einem neuen Blockrand aus fünfgeschossigen Wohnhäusern eingefasst. Auf der Südseite des Fanny-Hensel-Weges wurde ein zweigeschossiger Kindergarten platziert.

Das Gebäude von Kleihues übernahm die Vermittlung zwischen dem nördlichen Blockbereich und dem Neubauquartier im Süden, sorgte für die Einbeziehung des Altbaus in der Dessauer Straße 28-29 in die neue Wohnanlage und schloss mit seiner Schmalseite an die ehemalige Siemens-Verwaltung in der Schöneberger Straße 3 an.

Dort geben der steile Giebel des Pultdachs und eine durch tief eingeschnittene Loggien gebildete Lücke einen Hinweis auf die außergewöhnliche Zonierung des im südlichen Abschnitt einhüftig erschlossenen Hauses. Entlang der Brandwand wurde eine Folge von Lichthöfen angeordnet, die den langen Verbindungsgang im Erdgeschoss und die Nebenräume der Wohnungen mit Tageslicht versorgen.

Dem Verlauf des Fanny-Hensel-Weges folgend löst sich das Gebäude nach etwa vierzig Metern von der Brandwand der Siemens-Verwaltung und bildet in der Übergangszone eine dreieckige, glasgedeckte Eingangshalle. Der nördlich anschließende Abschnitt des Gebäudes ist von der Nachbarbebauung getrennt und zweihüftig ausgeführt. Die Zeile führt auf den mittig angeordneten Hofflügel des Altbaus in der Dessauer Straße zu.

Die konkave Fensterfront entlang des Fanny-Hensel-Weges wird in ihrer gesamten Länge von den durchlaufenden Balkonplatten und Balkongittern der fünf Obergeschosse geprägt. Der Sockel und das gebogene Pultdach unterstützen die elegante Wirkung des Gebäudes, dessen dynamische Front durch tief eingezogene Loggien ein Rhythmus unterlegt ist.

Die vertikale Erschließung ist als Zweispänner angelegt, die Treppenhäuser sind an die "rue intérieure" im Erdgeschoss angebunden und können zusätzlich über vier Zugänge vom Fanny-Hensel-Weg erreicht werden. Im Erdgeschoss liegen nach Süden ausgerichtete Vorgärten, die durch niedrige Betonmauern vom parkartig angelegten Weg abgesetzt sind.

Die geschwungene Zeile zeigt sich von John Woods "Royal Crescent" in Bath (1767-75) inspiriert und hat einen Vorläufer in den "Waterfront Apartments", die Josef Paul Kleihues 1974 für einen Bauplatz am Charlottenburger Schleusenkanal vorschlug. Mit seiner ungewöhnlichen Erschließung gehört das Wohngebäude - zusammen mit einem Entwurf für den "Park Lenné" in Charlottenburg (1975), dem Einkaufs- und Wohnzentrum in Wulfen (1976-82) und dem Wohnhaus in der Wiener Rollingergasse (1985-89) - zu einer Serie von Gebäuden, in denen Kleihues das Konzept der "vernetzten Grundrisse" erprobte. Seine Idee war es, die Stadt bis in die Häuser hineinzuführen und die Erschließungsräume der Häuser bereits als Teil des urbanen Wegenetzes zu begreifen.


(1) Vgl. Gartendenkmal Bernburger Straße 22.

Literatur:

  • Bauausstellung Berlin GmbH (Hg.): Internationale Bauausstellung Berlin 1987, Projektübersicht, Berlin 1987 / Seite 106-108
  • Baumeister, 5, 1987 / Seite 29
  • Kleihues, Josef Paul (Hg.): Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87. Die Neubaugebiete. Dokumente, Projekte. Südliche Friedrichstadt, Band 3, Stuttgart 1987 / Seite 106-107
  • Mesecke, Andrea; Scheer, Thorsten (Hg.): Josef Paul Kleihues. Themen und Projekte, Basel, Berlin, Boston 1996 / Seite 109-116
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 163 f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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