Denkmaldatenbank

Wohn- und Geschäftshaus, Hofanlage Friedrichstraße 33

Obj.-Dok.-Nr. 09097783
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Friedrichstraße 33
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Wohn- und Geschäftshaus & Hofanlage
Datierung 1980-1987
Entwurf Abraham, Raimund (Architekt)
Bauherr Kellner KG, später auch Kellner & Krüger und Concorde Center

Das Wohn- und Geschäftshaus Friedrichstraße 33 vermittelt mit seiner auffälligen Betonrahmenkonstruktion zwischen dem von der Fluchtlinie der Friedrichstraße zurück gesetzten ehemaligen Gauarbeitsamt und dem Wohn- und Geschäftshaus Friedrichstraße 31. Der Architekt Raimund Abraham erhielt für den Bau des Hauses 1983 einen Direktauftrag der Internationalen Bauausstellung (IBA 1987). (1) Der aus Österreich in die USA ausgewanderte Architekt war 1980 zum Städtebaulichen Wettbewerb "Wohnen und Arbeiten in der Südlichen Friedrichstadt" eingeladen worden, hatte sich aber mit seinem radikalen Entwurf für eine Wohnbebauung an Koch- und Wilhelmstraße nicht gegen das Konzept von Aldo Rossi und Gianni Braghieri durchsetzen können.

Mit Raimund Abraham hatte die IBA einen Vertreter der "Absoluten Architektur" eingeladen, der - wie Hans Hollein und Walter Pichler - mit seinen Entwürfen auf eine zeichenhafte und skulpturale Autonomie seiner Bauten zielte.

Abrahams Entwurf blieb bis auf die ursprünglich hinter dem Haus geplanten Geschäftsräume unverändert; anstelle der eingeschossigen Gewerbebauten wurde die kreisförmige Figur des Hofs durch zwei Treppenelemente nachgezeichnet; ein Zitat des im städtebaulichen Wettbewerb vorgeschlagenen Amphitheaters. Um die Friedrichstraße als Geschäftsadresse zu stärken, wurden im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss Gewerbeflächen untergebracht. Eine großzügige Treppenhalle erschließt die darübergelegenen Wohnungen. Die Hauptwohnräume sind polygonal zugeschnitten und öffnen sich zu den Balkonen an der wenig befahrenen südlichen Friedrichstraße. Die Nebenräume auf der Hofseite liegen an langen Korridoren.

Mit dem etwa 27 Meter breiten Vorderhaus vermittelte Abraham die unterschiedlichen Traufhöhen und Fluchtlinien der Nachbarbauten. Auf der Höhe des gründerzeitlichen Nachbarhauses liegt das Betonrahmenwerk, in der Flucht des Seitenrisalits des Gauarbeitsamts befindet sich der eigentliche Raumabschluss. Die zweischichtige Fassade wird wesentlich durch das kräftige Rahmenwerk und die darin eingesetzten Glasbaustein-Füllungen bestimmt: diagonale Zugbalken als Halterung für Balkone, ein horizontaler Balken als Abschluss, schlanke Stützen, die wie Kolonnaden vor den Geschäften im Erdgeschoss stehen. In der Mitte des Hauses führt ein Einschnitt zur Hofdurchfahrt und zum Treppenhaus. Ein Vordach über der Hauptzufahrt wird zeichenhaft über das Dach geführt: eine Reminiszenz an die Neorenaissance-Giebel des Nachbargebäudes und den monumentalen Hauptrisalit des Arbeitsamts. Auch im Hof führte Abraham eine in der Tiefe gestaffelte Fassade aus. Hier wird der mehrschichtige Aufbau durch die zurückgesetzte Lücke des Treppenhauses, den Raumabschluss durch eine vollflächige Verglasung und vorgeschobene Balkone mit kräftigen Brüstungen erreicht. Ein Balken auf Traufhöhe umfasst den halbkreisförmigen Hof.

Das Wohn- und Geschäftshaus in der Friedrichstraße 33 ist der bedeutendste IBA-Beitrag aus der Gruppe der "Absoluten Architektur". Das Gebäude zählt zu den Hauptwerken des Architekten, der mit dem Wohn-und Geschäftshaus in der Friedrichstadt erstmals die Umsetzbarkeit seiner skulpturalen Entwürfe unter Beweis stellen konnte. Als Baulückenschließung demonstrierte das Gebäude an einer IBA-typischen Bauaufgabe, dass die Autonomie eines Entwurfs auch durch eine Bezugnahme auf die Nachbarbebauung unberührt bleiben kann.


(1) Lampugnani, Vittorio Magnago: Raimund Abraham. IBA-Projekt für die Südliche Friedrichstadt. In: Raimund Abraham. Berliner Projekte 1980-1983,hrsg. v. Aedes Galerie für Architektur und Raum, Berlin 1983. IBA Projektübersicht 1991, S. 168; IBA 1987 - Wohnungsgrundrisse: Ort. Typologie. Analyse. In: Baumeister (1987) 5, S. 53; Rumpf, Peter: Ungewöhnliches für einen ungewöhnlichen Ort. In: Bauwelt (1981) 10, S. 349-359; Groihofer, Brigitte: Raimund Abraham. (Un)Built, Wien - New York 1996, S. 178-185; IBA Neubaugebiete 1987, S. 198-199.

Literatur:

  • Bauausstellung Berlin GmbH (Hg.): Internationale Bauausstellung Berlin 1987, Projektübersicht, Berlin 1987 / Seite 168
  • Baumeister (1987) 5 / Seite 53
  • Bauwelt (1981) 10 / Seite 349-359
  • Groihofer, Brigitte: Raimund Abraham. (Un)Built, Wien, New York 1996 / Seite 178-185
  • Kleihues, Josef Paul (Hg.): Internationale Bauausstellung Berlin 1984/87. Die Neubaugebiete. Dokumente, Projekte; Südliche Friedrichstadt, Band 3, Stuttgart 1987 / Seite 198-199
  • Aedes: Raimund Abraham. Berliner Projekte 1980-1983. Berlin 1983 / Seite .
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 125 ff.

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Landesdenkmalamt Berlin
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