Denkmaldatenbank

Hausflur mit vier Gemälden

Obj.-Dok.-Nr. 09097781
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Kreuzbergstraße 29
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Entrée & Treppenhaus & Wandbild
Fertigstellung 1888
Ausführung Wiegmann, Wilhelm (Maler)
Bauherr Schich, Christian Wilhelm

Den Eingangsbereich des 1888 errichteten Mietshauses Kreuzbergstraße 29 schmücken vier Gemälde des Berliner Historienmalers Wilhelm Wiegmann. Sie zeigen ländliche Ansichten der Kreuzbergstraße und des Kreuzbergs, die in der Entstehungszeit der Gemälde nach und nach verschwanden. Die Bilder sind in Öl auf Leinwand gemalt und paarweise einander gegenüberliegend an beiden Wänden des Hausflurs angebracht. Alle vier Wandbilder sind betitelt und datiert ("Kreuzbergstraße i. J. 1888"), mit genauer Benennung des jeweiligen Bildgegenstands ("Villa Naundorff", "Das Thürmchen", "Villa Richter", "der Kreuzberg"). Die dargestellten Bauten lassen sich bis auf die "Villa Richter" nicht mehr lokalisieren. Das Bild der "Villa Richter" zeigt ein kleines Haus mit Satteldach am Fuß des Kreuzbergs. Vor dem Haus fährt eine Pferdebahn und Fußgänger flanieren auf der Straße. Der Blick aus der Großgörschenstraße auf den Kreuzberg war ein beliebtes Motiv, das auch von dem Berliner Maler Hans Albrecht verwendet wurde und in einer fotografischen Aufnahme von F. Albert Schwartz von 1885 festgehalten ist. Die Villa musste dem 1893 angelegten Wasserfall im Viktoriapark weichen. Das Bild "Kreuzberg" zeigt eine Winterlandschaft. Der schneebedeckte Berghang wird von Schlitten fahrenden Kindern als Rodelbahn genutzt. Im Vordergrund sieht man am Fuß des Berges eine Mutter mit Kind, die Hand in Hand den Berg emporsteigen. Im Bild "Villa Naundorff" liegt der Schwerpunkt auf der belebten Straße. Spielende Kinder, Fußgänger und ein Einradfahrer sind zu sehen und am Himmel sogar ein Freiballon. Die Villa am Straßenrand fällt durch ihren Giebel ins Auge, der, entsprechend der ländlichen Umgebung, mit einem Hirschgeweih geschmückt ist. Der hinter dem Gebäude ansteigende Hang des Kreuzbergs ist gärtnerisch gestaltet. In dem Bild "Das Thürmchen" führt eine schmale von Bäumen gesäumte Straße in die Bildtiefe. Im Abendlicht steht am Straßenrand ein Haus mit Turmreiter. Ein Biergarten und Fußgänger bilden die Staffage. Durch den Wechsel von Frühling-, Sommer-, Herbst- und Winterszenen bilden die Wandbilder zugleich einen Vierjahreszeiten-Zyklus.

Wiegmanns Wandbilder dokumentieren die unmittelbare Umgebung des Mietshauses zu einem Zeitpunkt, bevor der Viktoriapark auf dem Kreuzberg angelegt wurde und die Bebauung der Nordseite der Kreuzbergstraße mit Mietshäusern massiv einsetzte. Der Kreuzberg erscheint als kahler Berg, auf dessen Spitze sich das Kreuzbergdenkmal erhebt und die Kreuzbergstraße ist von einzeln stehenden Kleinhäusern gesäumt. Der Einradfahrer, die Pferdeeisenbahn und der am Himmel schwebende Freiballon sind weitere Zeitdokumente.

Wilhelm Wiegmann, ein bekannter Historienmaler und Mosaizist, hatte 1883 zusammen mit August Wagner in Berlin ein Atelier für dekorative Malerei eröffnet. 1889 gründeten sie zusammen mit dem Ingenieur Friedrich Puhl die Deutsche Glasmosaik-Anstalt von Wiegmann, Puhl und Wagner in Berlin-Neukölln. Später eröffnete Wiegmann eine eigene Firma. Er entwarf Mosaiken für mehrere Berliner Kirchen, darunter auch die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. (1)


(1) Brunner, Werner: Verblichene Idyllen. Wandbilder im Berliner Mietshaus der Jahrhundertwende. Beispiele internationalen Zeitgeschmacks der Belle Epoque, Berlin 1996; Lorenz, Detlef: Künstlerspuren in Berlin vom Barock bis heute. Ein Führer zu Wohn-, Wirkungs- und Gedenkstätten bildender Künstlerinnen und Künstler, Berlin 2002, S. 117; Thieme-Becker, Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler, Bd. 35, S. 531, Leipzig 1942.

Literatur:

  • Werner Brunner: Verblichene Idyllen. Wandbilder im Berliner Mietshaus der Jahrhundertwende. Beispiele internationalen Zeitgeschmacks der Belle Epoque, Berlin 1996.
    Detlef Lorenz, Künstlerspuren in Berlin vom Barock bis heute. Ein Führer zu Wohn-, Wi / Seite 117
  • Thieme, Becker, Vollmer (Hrsg.): Lexikon der Bildenden Künstler, Leipzig 1907-1947. / Seite 531
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 387 f.

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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