Denkmaldatenbank

Wrangelbrunnen

Obj.-Dok.-Nr. 09097777
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Grimmstraße
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Brunnen
Fertigstellung 1877
Entwurf Hagen, Hugo (Bildhauer)
Bauherr F. H. Wrangel und andere Anwohner des Pariser Platzes (General Feldmarschall)

Der sogenannte Wrangelbrunnen steht an der Kreuzung des breiten Grünzugs Grimmstraße mit der Urbanstraße. Gegenüber dem historischen Krankenhaus Am Urban und umgeben von Ensembles gut erhaltener historischer Mietshäuser markiert er am Ende der Grünachse einen markanten städtebaulichen Punkt, gewissermaßen ein Zentrum der östlichen Tempelhofer Vorstadt. Der Brunnen wurde aber nicht für diesen Standort gebaut. Sein Namensgeber, der Generalfeldmarschall Friedrich Heinrich von Wrangel und weitere Anwohner des Pariser Platzes stifteten ihn 1863 für den Kemperplatz im Tiergarten. Den Auftrag erhielt der Bildhauer Hugo Hagen. 1877 wurde der Brunnen an seinem ersten Standort in der Achse der Siegesallee feierlich enthüllt. (1) 1902 musste der Wrangelbrunnen dem wesentlich monumentaleren Rolandbrunnen weichen und wurde zur Grimmstraße verbracht.

Der Zweischalenbrunnen besitzt ein Becken aus Granit mit sieben Metern Durchmesser und erreicht mit seinem bronzenen Aufbau über einem Granitpostament eine Höhe von sechseinhalb Metern. Vor dem Brunnenstock lagern die Personifikationen der vier wichtigsten Flüsse Preußens: in der Blickachse der Grimmstraße als einzige männliche Figur der Rhein mit einem Kranz aus Weinranken und mit einem Schwert, Attribute, die Rheinwein und die Wacht am Rhein verbildlichen, daneben die Elbe mit einem Ruder und einem Kranz aus Ähren, die Oder mit dem Modell eines Raddampfers und einem Weberschiffchen als Zeichen der Textilindustrie an ihrem Oberlauf und die Weichsel mit dem Modell des Brückenkopfes der kurz zuvor errichteten Eisenbahnkastenbrücke bei Dierschau. Zwischen den Figuren angeordnete Wasserkrüge dienen als Wasserspeier. Auf der oberen, wesentlich kleineren Schale stehen vier Knaben, deren Attribute sie als Genien des Handels (Merkurstab), der Kunst (Lyra), der Wehrkraft (Schild) und des Ackerbaus (Sichel) auszeichnen. Das Wasser tritt aus einem Pinienzapfen an der Spitze des Brunnens aus und ergießt sich durch zahlreiche Rillen der Beckenränder in feinen Strahlen fast wie ein Wasserschleier von Schale zu Schale.

Allegorische und mythologische Themen des Wassers, Personifikationen von Flüssen und Flussgottheiten gehören seit der Renaissance zum gängigen Bildprogramm von städtischen Zierbrunnen. Berühmtestes Beispiel ist Berninis Vierströmebrunnen auf der Piazza Navona in Rom. Das Bildprogramm des Wrangelbrunnens feiert nicht nur die territoriale Größe und militärische Macht, sondern auch die technische Fortschrittlichkeit, die wirtschaftliche Kraft und die kulturelle Bedeutung des preußischen Staates.

Der Wrangelbrunnen zeichnet sich - gerade im Gegensatz zum wenig jüngeren Neptunbrunnen von Reinhold Begas mit seiner neobarocken Pracht - durch eine vornehme Gelassenheit und idealisierende Strenge der Figuren aus. (2)

Der Berliner Bildhauer Hugo Hagen (1818-71) war ein Schüler von Ludwig Wichmann und von 1842 bis zu dessen Tod Gehilfe von Christian Daniel Rauch. In dieser Funktion unterstützte er Rauch bei seinen Spätwerken wie dem letzten Modell für ein Denkmal Friedrichs des Großen. Seit 1865 baute er als Direktor das 1859 gegründete Rauchmuseum mit auf.


(1) Der Guss wurde von der Firma Heinrich Gladenbeck ausgeführt.

(2) Bloch und Grzimek bezeichnen den Wrangelbrunnen in ihrem Standardwerk zur Berliner Bildhauerschule als "harmonisch komponiertes Ensemble" und "wohl die bedeutendste im westlichen Teil der Stadt erhaltene Brunnenanlage". Vgl. Bloch, Peter/Grzimek, Waldemar: Das klassische Berlin. Die Berliner Bildhauerschule im 19. Jahrhundert, Berlin 1978, S. 152.

Literatur:

  • Chod, Kathrin; Schwenk, Herbert; Weißpflug, Hainer: Berliner Bezirkslexikon Friedrichshain- Kreuzberg, hrsg. von Hans-Jürgen Mende und Kurt Wernicke, Berlin 2003. / Seite 406
  • Bloch, Peter; Grzimek, Waldemar: Die Berliner Bildhauerschule im 19. Jahrhundert, Das klassische Berlin, 2. Aufl. 1994. / Seite 307
  • Bloch, Peter; Sibylle Einholz; Jutta von Simson (Hrsg.): Ethos und Pathos. Die Berliner Bildhauerschule 1786 - 1914, Beiträge, Berlin 1990. / Seite 115, 472
  • Von Simson, Jutta und Peter Bloch, Östliche Provinzen, in: Bloch, Peter, Sibylle Einholz und Jutta von Simson (Hrsg.), Ethos und Pathos. Die Berliner Bildhauerschule 1786 - 1914, Beiträge, Berlin 1990. / Seite 175 und 177
  • Bloch, Peter; Grzimek, Waldemar: Das klassische Berlin. Die Berliner Bildhauerschule im 19. Jahrhundert, Berlin 1978. / Seite 151f.
  • Bezirksamt Kreuzberg von Berlin, Untere Denkmalschutzbehörde (Hrsg.), "Wenn alle Brünnlein fließen", Berlin 1997. / Seite .
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 315

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Landesdenkmalamt Berlin
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