Denkmaldatenbank

Haus Dessau

Obj.-Dok.-Nr. 09097776
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Kreuzberg
Adressen Dessauer Straße 28, 29
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Geschäftshaus
Datierung 1908-1909
Entwurf Lachmann & Zauber & Kraaz, Johannes (Architekt)
Bauherr Gesellschaft Haus Dessau mbH

Das 1908-09 erbaute Haus Dessau, Dessauer Straße 28-29, ist ein frühes Beispiel eines Bürogebäudes, das nicht als Firmensitz einer einzigen Gesellschaft, sondern von vornherein für die Vermietung an verschiedenste Nutzer konzipiert war. In Berlin kommt dieser Bautyp ab etwa 1905 auf. Er zeigt an, dass sich das Geschäftsleben in Berlin erheblich ausgeweitet und modernisiert hatte. (1) Nachdem Berlin Reichshauptstadt geworden war, wandelten sich große Teile der Innenstadt von einem Wohngebiet mit geringer Geschäftsnutzung zum Verwaltungs-, Regierungs-, Geschäfts- und Vergnügungsbezirk. Die Dessauer Straße, in unmittelbarer Nähe von Potsdamer und Askanischem Platz mit ihren beiden großen Bahnhöfen, eignete sich für repräsentative Büros in Geschäftsbereichen, die nicht auf Laufkundschaft angewiesen waren. Auch auf dem Grundstück Dessauer Straße 28 stand zuvor ein zweigeschossiges, 1847 errichtetes Wohnhaus, das durch die Citybildung verdrängt wurde. Charakteristisch für die neuen Geschäftshäuser war die Stahlskelettbauweise. Die Raumaufteilung war in diesen Gebäuden völlig flexibel und ließ sich an unterschiedlichste Nutzerwünsche anpassen. Die Gestaltung der Fassade, der Lobby und des Treppenhauses dagegen sollte ein hohes Maß an Repräsentation zeigen.

Das Bürogebäude Haus Dessau bestand ursprünglich aus einem Vorderhaus mit zwei quadratischen Innenhöfen, einem Mittelflügel, einem ersten Quergebäude, einem weiteren Seitenflügel und einem zweiten, abgewinkelten Quergebäude. Ab 1912 schloss sich ein langer Seitenflügel und ein etwa 19 Meter breites Vorderhaus bis zur Schöneberger Straße hin an. (2)

Nach Kriegszerstörungen, Enttrümmerung und Sanierung waren nur noch das Vorderhaus an der Dessauer Straße bis auf das Dach und das erste Quergebäude bis zum zweiten Obergeschoss erhalten, der Rest der Anlage war zerstört. 1964 wurde das Grundstück enttrümmert und 1966 auch das erste Quergebäude abgerissen. Erhalten blieb zuletzt nur das Vorderhaus an der Dessauer Straße mit einem kurzen Stück des Mittelfügels.

Die innere Aufteilung des Bürogebäudes blieb nach seiner Erbauung bis auf Eingangshalle und Treppenhaus zunächst offen und wurde nach den Wünschen der Mieter ab 1910 von Etage zu Etage unterschiedlich gestaltet. Die öffentlichen Räume dagegen sind aufwendig mit einer Wandgliederung aus flachem Sockel, Lisenen, Perlenstab und Fries mit insekten- und tierförmigen Flachreliefs gestaltet. Die Beleuchtungskörper sind in die Kassettendecke integriert. Die Türen und eine Pförtnerloge sind mit Kupfer oder Messing beschlagen.

Die Fassade besteht aus einem bossierten Sockelgeschoss, drei gleichartigen Obergeschossen, die durch Pilaster zusammengefasst werden, und einem Gebälk mit kräftig vorkragender Traufe. Ein nur leicht vorspringender, vier Achsen breiter Mittelrisalit wird durch ein Attikageschoss und ein eigenes Walmdach betont. Haus Dessau weist also eine klassische Palastfassade auf. Allerdings gibt es kein mittiges, aufwendiges Portal, sondern zwei eher unauffällige Eingänge. Die stilistische Gestaltung entspricht den Prinzipien einer zeitgenössischen Architekturrichtung, die dem Buch von Paul Mebes "Um 1800" ihren Namen verdankt - ein Rückgriff auf eine zurückhaltende Form des Klassizismus des frühen 19. Jahrhunderts. Nach einer Periode der Stilvielfalt, die oft handwerkliche und künstlerische Qualität vermissen ließ, wollten reformorientierte Architekten wieder eine versachlichte und gediegene Architektur einführen.

Lachmann & Zauber zählte zu den viel beschäftigten "Architekturfirmen", die ihr Aufgabenfeld in der prosperierenden Großstadt Berlin fanden. (3) Typisch für sie war die Zusammenarbeit mit "Künstlerarchitekten", die die Fassaden entwarfen, während Lachmann & Zauber für die Gesamtkonzeption und die Grundrisse zuständig waren. Für die Dessauer Straße 28-29 wird in Architekturzeitschriften auch Johannes Kraaz als Architekt genannt. Die Gestaltung der Fassade im Stil "Um 1800" entspricht durchaus der Handschrift von Kraaz, der vor allem durch das klassizistische Wohnhaus für Walter Rathenau bekannt geworden ist.

Von 1984 bis 86 und 1991 bis 92 fand eine gründliche Wiederherstellung und ein Umbau des Bürogebäudes statt. (4) Das Dach wurde in seiner alten Kubatur wieder hergestellt und Dachflächenfenster ergänzt. Die Fassade ist in ihren Grundformen erhalten, dekorative Details wie die Rauputzbänder, die Medaillons, Schlusssteine und Vasen sind entfernt worden. Erhalten blieben die Kastenfenster in ihrer ursprünglichen Gliederung. Die beiden Eingänge sind durch einen glatten Rahmen eingefasst worden. In der Eingangs- und Treppenhalle sind Wand- und Deckengestaltung sowie die Türen ursprünglich, erneuert wurde der Fußboden.


(1) BusB IX, S. 116.

(2) BusB IX, S. 184, unter "Haus Dessau" wird hier die Adresse Schöneberger Straße 5 angegeben, auch mit der Datierung des 2. Bauabschnitts; Berliner Architekturwelt 14 (1912), S. 239-240 (nur Abb.); Zentralblatt für das deutsche Baugewerbe 42 (1909), S. 505- 507 (nur Abb.).

(3) Bekannte Bauten der Firma sind: Kaufhaus Tietz, Leipziger Straße, 1899 (Fassade Bernhard Sehring), Wohnhaus Teutonenstraße 16 in Nikolassee, Kaufhaus Jandorf, Brunnenstraße, 1903-4 (erhalten), Komische Oper, Behrenstraße, 1904.

(4) Planung Christine Jachmann.

Literatur:

  • Warhaftig, Myra: Deutsche Jüdische Architekten vor und nach 1933 - Das Lexikon. Berlin, Reimer 2005 / Seite 290f.
  • BusB IX 1971 / Seite 184
  • Zentralblatt für das deutsche Baugewerbe 8 (1909) / Seite 505-507 (nur Abb.)
  • Berliner Architekturwelt 14 (1912) / Seite 239-240 (nur Abb.)
  • Topographie Friedrichshain-Kreuzberg/Kreuzberg, 2016 / Seite 165 f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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