Denkmaldatenbank

Haus des Langenscheidt-Verlags

Obj.-Dok.-Nr. 09097769
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Schöneberg
Adressen Crellestraße 29, 30
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Verlagshaus
Datierung 1904-1905
Wiederaufbau 1954-1955
Entwurf Gutzeit, Wilhelm (Architekt)
Entwurf Fritsche, Gerhard (Architekt)

In ihrem nördlichen Abschnitt, wo kurz vor der Jahrhundertwende die ersten Mietshäuser entstanden, verläuft die Crellestraße direkt an den Bahngleisen entlang, sodass nur die westliche Straßenseite bebaut ist. Hier verweist die schlichte Fassade mit dem Schriftzug "Wörterbücher - Langenscheidt - Sprachwerke" am Haus des Langenscheidt-Verlages, Crellestraße 29-30, auf den einstigen Firmensitz des traditionsreichen Verlages, dem auch die nahe gelegene Straße und Brücke ihren Namen verdanken. (1) Das repräsentative fünfgeschossige Wohn- und Geschäftshaus mit zwei Seitenflügeln und einem Quergebäude für die Druckerei um einen großen Innenhof, 1904-05 nach Entwurf von Wilhelm Gutzeit errichtet, war im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt worden. Nachdem der Langenscheidt Verlag 1947 von der amerikanischen Militärregierung die Lizenz zum Druck von Wörterbüchern erhalten hatte, konnte das Gebäude ab 1950 in mehreren Bauabschnitten instand gesetzt werden und das zur Hälfte ruinöse Vorderhaus 1954-55 vom Architekten Gerhard Fritsche mit einer modernen Fassade wieder aufgebaut werden. (2)

Von dem ursprünglichen Verlagshaus blieb die vierflügelige Grundstruktur erhalten; der Innenhof wird nach wie vor über die Durchfahrt im Vorderhaus erschlossen. Auch das Druckereigebäude, ein Stahlskelettbau mit frei einteilbaren Fabriketagen und in Fensterflächen aufgelösten Wänden an Vorder- und Rückseite, blieb weitgehend unverändert; im Innenhof gibt es noch Reste der dekorativen Fassadenverkleidung mit grünen und weißen Glasurklinkern. Die Seitenflügel mit Treppenhäusern und Aufzügen wurden unter Verwendung der beschädigten Bauteile in ihrer ursprünglichen Gestalt wiederhergestellt. Vom Vorderhaus war die aufwendig mit Erkern, Balkonen und reichem Stuckdekor gegliederte Straßenseite bis zur Mittelwand zerstört, während die rückwärtige Hälfte intakt geblieben war. Daher wurde diese beim Wiederaufbau erhalten und mit einer neuen Fassade versehen, sodass das Gebäude deutlich aus der Straßenflucht zurücktrat und Platz ließ für einen Vorgarten und einen eingeschossigen Vorbau. Dieser Pavillon diente als Entree zu einem der Treppenhäuser des nun ausschließlich als Verwaltungsgebäude genutzten Vorderhauses und als Ladenlokal mit großflächigen Schaufenstern.Der junge Architekt Gerhard Fritsche, der zwischen 1951 und 1961 in Berlin mit Geschäftshäusern und Kinobauten, darunter der Zoo-Palast, sehr erfolgreich war, entwickelte eine Architektursprache, die das Lebensgefühl der 1950er Jahre widerspiegelte; seine Bauten waren klar gegliedert, selbstbewusst, mit eleganten Details. (3) Auch die neue dreigeschossige Front des Verlagshauses mit Flachdach, schlichtem Fensterraster, dem großformatigen Neon-Schriftzug und dem Eingangspavillon mit schwarzen Fliesen und filigranen Tür- und Fensterprofilen war zeitgemäß gestaltet: Blassgelbe Putzflächen mit schmalen Gesimsbändern, blaue Fensterrahmen, Neonbuchstaben in Blau und Gelb sowie ein roter Rahmen um die Fassade der beiden oberen Geschosse lassen das Gebäude auch heute noch "klar gegliedert wie ein Bücherregal" (4) erscheinen und erweisen dem weltbekannten Design der Wörterbücher ihre Reverenz. Zwar wurde 2006 der Firmensitz des Langenscheidt Verlages nach München verlegt, das Gebäude erinnert jedoch - wie auch Straße und Brücke - an das Berliner Traditionsunternehmen, das hier mehr als 100 Jahre bestand; zugleich ist es ein bedeutendes Zeugnis für den Wiederaufbau und die Architektur unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg.


(1) Der 1856 von Gustav Langenscheidt gegründete Sprachenverlag besaß sein erstes eigenes Gebäude in Berlin-Kreuzberg, in der Nähe des Anhalter Bahnhofs. 1895 übernahm Carl Langenscheidt das Unternehmen von seinem Vater und baute es weiter aus. 1905 zog der Verlag in den Neubau in der Crellestraße.

(2) 1950 wurde zunächst die rechte Seite des Vorderhauses mit anschließendem Seitenflügel wiederaufgebaut, wobei die zerstörten Bauteile miteinbezogen wurden.

(3) Zu Gerhard Fritsche (1916-1965) siehe: Ausstellung (www.gerhard-fritsche.de, zuletzt geprüft am 17.02.2017) und Webseite des Architekturbüros Anna Maske und Jens Suhren (www.maskesuhren.de, zuletzt geprüft am 17.02.2017) sowie den Kurzfilm ".und dann kam der Zoo-Palast" von Britta Wauer, 2013 (www.vimeo.com/80875280, zuletzt geprüft am 17.02.2017).

(4) Beschreibung des Langenscheidt-Hauses: www.maskesuhren.de (zuletzt geprüft am 17.02.2017).

Literatur:

  • Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, Petersberg 2018 / Seite 91

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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