Denkmaldatenbank
Schirmständer-Haus
09096489 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Charlottenburg |
Adressen | Wilmersdorfer Straße 58 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Geschäftshaus |
Entwurf | 1954 |
Datierung | 1955-1957 |
Entwurf | Simon, Hans (Architekt) |
Ausführung | Hermann Schäler (Baugeschäft) |
Bauherr | Stiller GmbH |
Das nahe gelegene Büro- und Geschäftshaus Wilmersdorfer Straße 58 wurde ebenfalls in den 1950er Jahren für ein bekanntes Berliner Schuhgeschäft errichtet und nimmt auf Grund seiner ungewöhnlichen und extravaganten Architektur eine besondere Rolle ein. (1) Das 1955-57 für das Schuhhaus Stiller ausgeführte sechsgeschossige Gebäude hatte der Architekt Hans Simon mit einem großen Ladenlokal im Erdgeschoss als unverwechselbare Verkaufsarchitektur entworfen; es wurde wegen seiner weit vorkragenden Flugdächer mit kreisrunden Öffnungen von den Berlinern bald als "Schirmständerhaus" bezeichnet. (2) Von der ursprünglichen Gestaltung der Fassade mit Stiller-Schriftzügen, vom Eingangsbereich mit einer weit in das Innere hineinschwingenden Schaufensterzone sowie vom eleganten Verkaufsraum sind infolge mehrerer umfassender baulichen Veränderungen, zuletzt 2002 und 2011, viele Details verloren. (3) In seiner Gesamtheit gehört das Stiller-Haus jedoch zu den vergleichsweise wenigen erhaltenen Bauten, die mit ihrer beschwingten Gestaltung die Vorstellungen vom Stil der 1950er Jahre eindrucksvoll geprägt haben.
Weitgehend noch in ihrer ursprünglichen Gliederung erkennbar ist die Fassade zur Wilmersdorfer Straße, die durch das barocke Prinzip des Kontrastes von konkaven und konvexen Bauteilen eine plastische, beinahe theatralische Wirkung erzielt. (4) Gerahmt von schmalen seitlichen Wandscheiben sowie von den breiten Vordächern über dem Erdgeschoss und unter dem weit zurückgesetzten Dachgeschoss, ist die leicht konkav zurückschwingende Fensterfront vor den vier Bürogeschossen durch schmale Stützen in zehn Fensterachsen geteilt. Die Fenster und die Brüstungen aus schwarzem Glas treten dazwischen zurück. Die betonte Vertikalität wird noch gesteigert, indem sowohl die Stützen als auch die Seitenwände mit Linien aus Neonröhren nachgezeichnet sind. Im Inneren des Gebäudes schiebt sich das Ladenlokal im Erdgeschoss weit in den rückwärtigen Hof hinaus. Hier umschließt es als Flachbau mit Dachterrasse einen zweigeschossigen zylinderförmigen Glaspavillon, in den man einst über die geschwungene Treppe am Ende des Verkaufsraumes gelangte. Treppe und Glaspavillon sind bewahrt, aber bereits Anfang der 1970er Jahre wurde der Pavillon als Lagerraum umgenutzt.
(1) Architekt Hans Simon und sein Schaffen. In: Allgemeine Bauzeitung - Bau-Wirtschaftsblatt (20.20.1961), S. 5-6; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 665; Braatz, Wolfgang: Nicht schutzwürdig? In: BW 66 (1975) H. 3, S. 51; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil VIII, Bauten für Handel und Gewerbe, Bd. A, Handel, Berlin 1978, S. 204 f. (Abb. 260), 240; Worbs, Dietrich: Offenheit und Transparenz, Vier Bauten der 50er Jahre im Zentrum von Berlin (West). In: Huse 1989, S. 151-153; Worbs, Dietrich: Einblicke in die Berliner Denkmal-Landschaft, Berlin 2002, S. 84 f.; Dorsemagen, Dirk: Büro- und Geschäftshausfassaden der 50er Jahre, Konservatorische Probleme am Beispiel West- Berlin, Diss. Berlin 2004, Kat.-Nr. 48; Hillmann, Roman: Die erste Nachkriegsmoderne, Ästhetik und Wahrnehmung der westdeutschen Architektur 1945-63, Petersberg 2011, S. 279-283; Baukunst der Nachkriegsmoderne, Architekturführer Berlin 1949-1979, hrsg. v. Adrian von Buttlar, Kerstin Wittmann-Englert, Gabi Dolff-Bonekämper, Berlin 2013, S. 178 f.
(2) Das Schuhhaus Stiller, berühmt geworden durch seine 1908 von Lucian Bernhard gestaltete Werbung, wurde Anfang der 1960er Jahre mit 24 Filialen vom Konkurrenten Leiser übernommen. Vgl. Wikipedia ("Leiser Handelsgesellschaft"); www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/ueber-den-bezir k/gebaeude-und-anlagen/geschaeftshaeuser/artikel.158736.php
(3) Die Schriftzüge sind entfernt, die Öffnungen im Vordach über dem vollständig veränderten Schaufenster- und Eingangsbereich sind geschlossen und der Verkaufsraum für einen Supermarkt umgebaut. Vgl. Dorsemagen 2004, Kat.-Nr. 48; Gräwe, Christina: Spurensuche Hans Simon (1909-1982). In: Baunetzwoche #302 vom 11.01.2013, S. 4-16 (Schuhhaus Stiller 11 f.)
(4) Hans Simon (1909-1982) hatte 1927-32 an der TH Charlottenburg bei Hans Poelzig studiert. Bereits 1951 entwarf er die Stiller-Filiale in der Tauentzienstraße, wo er Reste des Vorgängerbaus einzubeziehen hatte. An der Wilmersdorfer Straße konnte er sichtbar freier walten schloss an expressiv-neobarocke Tendenzen in der Berliner Architektur der 1920er und 1930er Jahre an, wie sie auch bei Hans Poelzig oder Oskar Kaufmann zu finden sind. Vgl. Worbs, Dietrich: Offenheit und Transparenz, Vier Bauten der 50er Jahre im Zentrum von Berlin (West). In: Huse, Norbert (Hrsg.): Verloren, gefährdet, geschützt, Baudenkmale in Berlin, Berlin 1988, S. 151 f.
Literatur:
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 665
- BusB VIII A 1978 / Seite 204-205, 240
- N.N./ Architekt Hans Simon und sein Schaffen in
Allgemeine Bauzeitung - Bau-Wirtschaftsblatt / Seite 20.20.1961, S. 5-6 - Braatz, Wolfgang. Nicht schutzwürdig? in
Bauwelt 66 (1975) 3 / Seite 51
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