Denkmaldatenbank
Mommsenstadion mit Tribünengebäude
09096480 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Westend |
Adressen | Waldschulallee 34 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Sportanlage |
Fertigstellung | 1930 |
Entwurf | Forbát, Fred & Scheim (Architekt) |
Bauherr | Hochbauamt Charlottenburg |
Der Entwurf für das 1930 erbaute Mommsenstadion (1) , Waldschulallee 34, stammt vom ungarischen Architekten Fred Forbát (2), für die Eisenkonstruktion der Tribüne zeichnete der renommierte Ingenieur J. Haber-Schaim (3) verantwortlich. Das Stadion in der Nähe des heutigen S-Bahnhofs Messe Süd entstand als Ersatz für die zweite Anlage des Sportclubs Charlottenburg (SCC), die für die Erweiterung des Messegeländes im Rahmen der Bauausstellung 1931 weichen musste. (4) Fred Forbát, der als ehemaliger Mitarbeiter von Walter Gropius am Weimarer Bauhaus wirkte, schuf eine vorbildliche Sportstätte des Neuen Bauens, die, von der Stadt Berlin finanziert, ein Beleg für die moderne Erholungs- und Körperkultur der Weimarer Republik ist. Neben einer sachlichen Architektursprache zeichnet sich die Sportanlage durch ihre sensible Einbindung in den von Waldresten bestimmten Landschaftsraum aus. Mit dem Beseitigen von Kriegsschäden 1950-56 nahm man auch bauliche Änderungen vor, wodurch das Stadion aber nichts von seiner prägenden sachlichen Ästhetik eingebüßt hat. Nur das Fassungsvermögen von 1.750 Tribünen- und 36.000 Stehplätzen verringerte sich auf insgesamt etwa 15.000 Plätze.
Die Anlage besteht aus dem Spielfeld mit 400-Meter-Kampfbahn, den umgebenden Stehtribünen und dem dreigeschossigen, 104 Meter langen Tribünenbau sowie aus den Kartenhäuschen im Süden und Norden. Hinzu kommen zwei Tunnelzugänge zum Spielfeld und zur Kampfbahn. Das Tribünenhaus, das im Innern vor allem dem Vereinsleben des SCC dient, beherrscht die Ostseite der Kampfbahn und beeindruckt mit der leichten Eisenkonstruktion der überdachten Tribüne, von der seitlich Treppen hinunter zum Sportplatz elegant ausschwingen. Auf der Straßenseite gliedern verklinkerte Pfeiler alle vier Meter die lang gestreckte Putzfront. Klinker findet sich auch an den Eingängen der beiden elliptisch vorgezogenen, vollständig mit Glas verkleideten filigranen Haupttreppenhäuser. Sie geben den Blick auf die geschwungenen Treppen frei und betonen die Dynamik des Baukörpers, die wie die Horizontalität der Fensterreihung zeittypische Gestaltungsmerkmale des Neuen Bauens sind. Dies unterstreicht auch das balkonartig auskragende oberste Tribünengeschoss, das einst Liegehallen beherbergte. Am Nordflügel zeichnet sich ein Vorbau mit hohen Fenstern des ehemaligen Festsaals ab, der heute als Sporthalle genutzt wird.
(1) Baugilde 11 (1929), S. 1397-1399; 12 (1930), S. 2228-2233; ZBV 50 (1930), S. 645-649; Bauamt und Gemeindebau 13 (1931), S. 10-12; Johannes 1931, S. 36; Margold, Emanuel Josef: Bauten der Volkserziehung und Volksgesundheit, Berlin 1930, S. 118 f.; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 235 f., Taf. 259; Rave, Rolf/Knöfel, Hans-Joachim: Bauen seit 1900 in Berlin, Berlin 1968, Nr. 168; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil VII, Bd. C, Sportbauten, Berlin 1997, S. 21 f., 180; Wörner, Martin/Mollenschott, Doris/Hüter, Karl-Heinz: Architekturführer Berlin, 5. Aufl. Berlin 1997, S. 137, Nr. 220; Bauen in Berlin, 1900-2000, hrsg. v. Josef Paul Kleihues, Jan Gerd Becker-Schwering, Paul Kahlfeldt, Ausstellungskat., Berlin 2000, S. 150. Zunächst SCC-Stadion benannt. Mit dem Einzug des Mommsen-Gymnasiums 1934 in Teile des Tribünenhauses wurde es nach dem Althistoriker Theodor Mommsen (1817-1903) in Mommsenstadion umbenannt.
(2) Fred Forbát (1897-1972) stammte aus Ungarn und studierte in Budapest und München. Er war u. a. im Atelier von Walter Gropius beschäftigt und hatte einen Lehrauftrag am Bauhaus in Weimar. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft ging er 1933 zurück nach Ungarn und emigrierte später nach Schweden. Er gilt als bedeutender Vertreter des Neuen Bauen in den 1920/30er Jahren.
(3) J. Haber-Schaim (auch Chaim) war als Ingenieur bei der Errichtung von Stahlhochbauten der 1920er und 1930er Jahren beteiligt, u.a. Umspannwerg Scharnhorst der Bewag. Als Otto Bartnings langjähriger Ingenieur wirkte er bei der Erbauung der Gustav-Adolf-Kirche mit. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft musste er nach Tel Aviv auswandern. Vgl. Nierste, Ulrike: Expressionismus und Neue Sachlichkeit, Die Gustav-Adolf-Kirche von Otto Bartning und der Kirchenbau in der Weimarer Republik, Diss. Berlin 2010, S. 244 f.
(4) Die erste Sportanlage des SCC befand sich auf dem Gelände des heutigen Internationalen Congress Centrums (ICC).
Literatur:
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 235-237
- Die Baugilde 11 (1929) / Seite 1397-1399
- Die Baugilde 12 (1930) / Seite 2228-2233
- Zentralblatt der Bauverwaltung 50 (1930) / Seite 645-649
- Margold/ Bauten der Volkserziehung, 1930 / Seite 118 f.
- Johannes, Neues Bauen, 1931 / Seite 36
- Tendenzen der Zwanziger Jahre, 1977 / Seite S. 2/201, Kat. Nrn. 1106, 1107
- Rave, Knöfel/ Bauen seit 1900, 1987 / Seite Nr. 168
- Hüter, Architektur 1900-1933, 1987 / Seite 125, 127
- Baumeister, Architekten, Stadtplaner, 1987 / Seite 614
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