Denkmaldatenbank

Landgericht III

Obj.-Dok.-Nr. 09096467
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Charlottenburg
Adressen Tegeler Weg 17, 18, 19, 20

Herschelstraße 19

Osnabrücker Straße 11, 12, 13, 14, 15
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Gericht
Entwurf 1901
Fertigstellung 1906
Umbau 1912-1915
Entwurf Dernburg, Hermann & Petersen, Ernst
Entwurf Pattri, Waldemar

An der Spree, südwestlich des S-Bahnhofs Jungfernheide, war bereits 1901-06 der imposante Komplex des Königlichen Landgerichts III, Tegeler Weg 17-20 u.a., nach Entwurf von Paul Thoemer und Rudolf Mönnich errichtet und 1912-15 an der Herschelstraße erweitert worden. (1) Das Grundstück war dem preußischen Staat von der Gemeinde Charlottenburg zur Verfügung gestellt worden, um die Entwicklung im Norden ihres Stadtgebiets voranzutreiben. In der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg breitete sich die Bebauung vor allem im Südwesten des Kalowswerders aus, danach mit der Wohnanlage der Baugesellschaft Berlin-Heerstraße auch im nordwestlichen Teil. Das Gerichtsgebäude, das den Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet überstand (2), ist seit der Wiedervereinigung Berlins im Jahr 1990 einer von drei Standorten des Berliner Landgerichts. (3) 1983-87 war der Erweiterungsbau Tegeler Weg 21 nach Entwurf von Rainer G. Rümmler errichtet worden.

Unter den ab 1900 zahlreich errichteten Gerichtsbauten Berlins nimmt das Charlottenburger Landgericht eine Sonderstellung ein, da es nicht in der sonst vorherrschenden neobarocken, sondern in einer neoromanischen Formensprache errichtet wurde, die ihm die monumentale Wirkung einer Kaiserpfalz verleiht. Auf dem großen Grundstück an der Spree gegenüber dem Schlosspark entstand als erster Bauabschnitt der lang gestreckte dreigeschossige Baukörper mit Mittelrisalit, hohem Dreiecksgiebel und Rundbogenportal. Von Anfang an zur Erweiterung vorgesehen, enthält dieser Bauteil die aufwendig gestaltete Treppenhalle, die im Mittelteil direkt hinter dem Eingang liegt und durch Fenster zu drei Innenhöfen belichtet wird. An der mit kleinteiligem Bruchstein (Jerxheimer Rogenstein) verkleideten Fassade sind die gliedernden Elemente an Fenstern und Türen aus großen Blöcken Rothenburger Kalksteins gefertigt. Unterschiedliche Fensterformen an den drei Geschossen entsprechen der inneren Aufteilung: Im Hauptgeschoss mit gekuppelten, von eingestellten Säulen getrennten Rundbogenfenstern, wurden die Sitzungssäle untergebracht, in Erdgeschoss und zweitem Obergeschoss die Büro- und Nebenräume mit entsprechend kleineren Fenstern. Den Erweiterungsbau glichen Thoemer und Mönnich gestalterisch vollständig an den ersten Bauabschnitt an; Geschossteilung, Fassadengliederung und innere Aufteilung sind identisch. Nur der Anschluss an der Ecke Tegeler Weg und Osnabrücker Straße erforderte wegen des stumpfwinkligen Grundstücks eine besondere Lösung; hier ist der Bau mehrfach gestaffelt um die Ecke geführt und mit einem Vorbau in halber Achteckform mit drei hohen Giebeln betont. An der Herschelstraße gibt es einen zweiten Eingang mit Rundbogenportalen, die von zwei auf Löwen ruhenden Säulen getragen werden. Die Innenräume wurden reich mit Malereien, Holzvertäfelungen, bildnerischem Schmuck sowie schmiedeeisernen Gittern und Lampen ausgestattet. Die Kunstschmiedearbeiten stammen von Julius Schramm, Malereien in Treppenhallen und Sälen von Max Kutschmann und Otto Linnemann; die plastischen Arbeiten wurden von den Bildhauern Hermann Engelhardt und Joseph Breitkopf-Cosel ausgeführt. (4)


(1) Thoemer und Mönnich führten im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts mehrere Berliner Gerichtsbauten aus. Am Tegeler Weg hatten Hermann Dernburg und Ernst Petersen die Bauleitung, beim Erweiterungsbau Waldemar Pattri und Wilhelm Virck. Vgl. ZBV 23 (1903), S. 466 f.; Die Architektur des XX. Jahrhunderts 6 (1906), S. 51; Der Profanbau 3 (1907), S. 213-217; BAK 21 (1908), S. 25 f.; BAW 16 (1914), S. 388, 19 (1917), S. 112-136; ZfB 66 (1916), S. 1-10, 169-180; NBW 6 (1951), S. 423; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 175-177; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil III, Bauwerke für Regierung und Verwaltung, Berlin-München 1966, S. 76 f.; Wörner, Martin/Mollenschott, Doris/Hüter, Karl-Heinz: Architekturführer Berlin, 5. Aufl. Berlin 1997, S. 156; Nitsch, Ute: Charlottenburg-Wilmersdorf von A bis Z, Ein Lexikon, hrsg. v. Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Berlin 2003, S. 163 f.; Berliner Bezirkslexikon Charlottenburg-Wilmersdorf, hrsg. v. Hans-Jürgen Mende und Kurt Wernicke, Berlin 2005, S. 445 f.

(2) Nur die Dachreiter wurden nicht wieder hergestellt. Vgl. BusB III, S. 76 f. In der NS-Zeit war das Landgericht in Berlin-Mitte untergebracht und das Gebäude am Tegeler Weg von Bezirksamt Charlottenburg und Post genutzt worden; 1950 zog das Landgericht für West-Berlin wieder dort ein. Vgl. www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/ueber-den-bezir k/sonstiges/behoerden/artikel.237532.php

(3) Die beiden anderen Standorte sind Littenstraße in Mitte und Turmstraße in Moabit (Kriminalgericht).

(4) ZfB 66 (1916), S. 1-10, 169-180; BusB III, S. 76

Literatur:

  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 175 f.
  • Berliner Architekturwelt 19 (1917) / Seite 112 f.
  • Berliner Architekturwelt 16 (1914) / Seite 388
  • Die Architektur des 20. Jahrhunderts 6 (1906) / Seite 51
  • Der Profanbau 3 (1907) / Seite 213-217
  • Zentralblatt der Bauverwaltung 23 (1903) / Seite 466 f.
  • Zeitschrift für Bauwesen 66 (1916) / Seite 1-10, 169-180
  • Blätter für Architektur und Kunsthandwerk 21 (1908) / Seite 25, 26
  • Neue Bauwelt 6 (1951) / Seite 423
  • BusB III 1966 / Seite 77

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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