Denkmaldatenbank
25. und 26. Gemeinde-Doppelschule
09096457 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Charlottenburg |
Adressen | Sybelstraße 20, 21 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Schule |
Entwurf | 1907 |
Datierung | 1908-1909 |
Entwurf | Spickendorff, Walther & Seeling, Heinrich (Architekt) |
Ausführung & Bauherr | Magistrat Charlottenburg |
Das markante rote Backsteingebäude für die ehemalige 25. und 26. Gemeinde-Doppelschule, Sybelstraße 20-21, gehört zu den Charlottenburger Schulbauten des späten Kaiserreichs, die auf eine herausragende Art das Stadtbild prägen. (1) Mit ihrem hohen Uhrturm in der Achse der Roscherstraße ist die zweiflügelige Anlage, die nach einem Vorentwurf von Walther Spickendorff 1907-09 vom Charlottenburger Magistrat unter Leitung von Stadtbaurat Heinrich Seeling ausgeführt wurde, schon vom Lehniner Platz zu sehen. (2) Das heute von der Paula-Fürst-Gemeinschaftsschule genutzte Gebäude wurde 2010-15 umfassend saniert und dabei in seinem äußeren Erscheinungsbild weitgehend bewahrt. (3)
Die Fassade des etwa 74 Meter langen Straßenflügels, in dem ursprünglich die Knabenschule untergebracht war, ist mit asymmetrischer Gliederung und vielfältigen Schmuckelementen lebhaft gestaltet: Vor- und Rücksprünge, in der Höhe gestaffelt, weiten den Straßenraum an der Einmündung der Roscherstraße zusätzlich optisch auf; reich geschmückte Portale, Erker und Balkone, die Sockelzone und Dekorformen in Muschelkalk, hohe Mansarddächer sowie Sprossenfenster in unterschiedlichen Formaten, die Ziegelmuster an den Wandflächen und vor allem der Turm mit Aussichtsgeschoss und hohem Dachaufbau erzeugen eine malerische und zugleich monumentale Wirkung. Der Haupteingang mit zwei eisenbeschlagenen Türen und dem Namensschriftzug führt in den straßenseitigen Flügel; durch die große Hofdurchfahrt mit dekoriertem Rundbogen gelangt man in den Schulhof, wo der Seitenflügel, der einst der Mädchenschule diente, mit zwei Lichthöfen an der rechten Grundstücksgrenze tief in den Block hineinreicht. Im Winkel beider Flügel sind - von der Straße erkennbar an den Fenstern - die Turnhalle im Erdgeschoss, darüber die Aula sowie weitere Räume, die von beiden Schulen gemeinsam genutzt wurden, angeordnet. Die Fassadengestaltung zeigt einen sorgfältigen Umgang mit den Baumaterialien: Muschelkalk wird angewandt, wo Stabilität verdeutlicht werden soll - für Schlusssteine, Kämpferplatten oder den rustizierten Sockel -, aber auch für die Reliefs mit Köpfen, Figuren und Stadtwappen. Das Backsteinmauerwerk wird sowohl mit unterschiedlichen Ziegelmustern als auch mit einem speziellen Mauerverband als Gestaltungselement eingesetzt. (4) Die Hoffassaden sind schlichter, aber ebenso mit Giebeln, Reliefs und Dachgauben gestaltet. Im Inneren sind ein Mosaik mit Uhr, das Treppenhaus und ein ehemaliger Trinkbrunnen erhalten.
(1) Bericht über die Verwaltung und den Stand der Gemeinde-Angelegenheiten der Stadt Charlottenburg für das Verwaltungsjahr 1909, Charlottenburg 1910, S. 63; Schliepmann, Hans: Heinrich Seeling. In: Berliner Architekturwelt 15 (1913), S. 477; Festschrift zur Versammlung des Lehrerverbandes der Provinz Brandenburg in Charlottenburg vom 30. September bis 2. Oktober 1913; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 294, Abb. 328; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil V, Bd. C, Schulen, Berlin 1991, S. 26, 35, 48 f. (Abb. 119-122), 393.
(2) Heinrich Seeling (1852-1932) war von 1907 bis 1921 Stadtbaurat von Charlottenburg. Zu den bedeutendsten, in dieser Zeit entstandenen Werken zählen das Deutsche Opernhaus an der Bismarckstraße (1912), die Erweiterung des Charlottenburger Rathauses (1911-13), mehrere Schulgebäude und Krankenhäuser, March- und Dovebrücke (1910-12), Wasserturm Westend (1909-10), Lietzensee-Kaskade (1912). Vgl. Schliepmann, Hans: Heinrich Seeling. In: Berliner Architekturwelt 15 (1913), S. 473-510; Gut, Albert: Neue Charlottenburger Bauten von Heinrich Seeling. In: Berliner Architekturwelt 19 (1917), S. 177-223. Bei der Schule in der Sybelstraße wurde Seeling von Richard Ermisch (1885-1960) unterstützt, der etwa zeitgleich bei der Städtischen Bauverwaltung Charlottenburg tätig war und die Schulbauten betreute. Vgl. Ermisch, E.-G./Weber, K.K.: Richard Ermisch, Porträt eines Baumeisters, Querschnitt einer Zeit, Berlin 1971, S. 21. Hier wird Ermisch als Entwerfer des Eingangsportals mit zwei dekorierten schmiedeeisernen Türen benannt.
(3) Die 2009 gegründete Schule wurde 2013 benannt nach der jüdischen Pädagogin Paula Fürst (1894-1942), die in Auschwitz ermordet wurde. Bei den Sanierungsarbeiten wurde die historische Turnhalle zur "pädagogischen Nutzfläche" umgebaut, mit einer Zwischendecke neue Räume geschaffen. (Vgl. Schmiemann, Brigitte: Paula-Fürst-Schule ist jetzt fertig saniert. In: Berliner Morgenpost vom 25.9.2015.) Im Schulhof, der bis zur Gervinusstraße reicht, wurden 1964 ein Kindergarten und 1976 eine dreiteilige Sporthalle (Gervinusstraße 13-14) errichtet (BA Charlottenburg-Wilmersdorf, Bauaktenarchiv).
(4) Bei den großen Wandflächen sind je zwei Läufer optisch zusammengefasst, indem die senkrechte Fuge zwischen den Steinen rot gefasst ist und dadurch ein überlanges Ziegelformat vorgetäuscht wird.
Literatur:
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 294
- Berliner Architekturwelt 15 (1912/13) / Seite 477
- Festschrift zur Versammlung des Lehrerverbandes der Provinz Brandenburg in Charlottenburg vom 30. September bis 2. Oktober 1913
Kontakt
Juliane Stamm
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