Denkmaldatenbank
Ernst-Reuter-Haus (ehem. Deutscher Gemeindetag)
09096449 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Charlottenburg |
Adressen | Straße des 17. Juni 110, 112, 114 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Verwaltungsgebäude |
Datierung | 1938-1939 |
Umbau | 1952 |
Entwurf | Schlempp, Walter (Architekt) |
Entwurf | Böckler, Erich (Architekt) |
Ausführung | Dyckerhoff und Widmann |
Bauherr | Deutscher Gemeindetag |
Auf dem südlichen Teil des ursprünglichen KPM-Werksgeländes entstand 1938-42 das Haus des Deutschen Gemeindetages (Ernst-Reuter-Haus), Straße des 17. Juni 110-114, nach Plänen der Architekten Karl Elkart und Walter Schlempp. (1) Der monumentale Verwaltungsbau für den 1933 zwangsvereinigten Verband der kommunalen Organisationen (2) ist das einzige Gebäude, das im Zuge der Umbaupläne Albert Speers für Berlin als "Reichshauptstadt Germania" an der 1935-39 ausgebauten Ost-West-Achse östlich des Ernst-Reuter-Platzes realisiert wurde. (3) Nach Fertigstellung der Seitentrakte zogen 1940 Dienststellen der von Speer geleiteten Behörden, Generalbauinspektor der Reichshauptstadt und Reichsministerium für Bewaffnung und Munition, dort ein. Der Mittelbau war erst im Rohbau fertig, als die Arbeiten 1942 eingestellt wurden. Das teilweise kriegszerstörte Gebäude wurde 1952-56 durch den Architekten Erich Böckler zum Sitz des Deutschen Städtetages wiederaufgebaut beziehungsweise fertig gestellt und 1953 in Ernst-Reuter-Haus umbenannt. Nach umfassenden Sanierungen und baulichen Veränderungen 1985-86 und 2008-11 hat seit 2012 das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung hier seinen Sitz. (4)
Für die Ost-West-Achse hatte Albert Speer Großbauten mit einer Gestaltung in Formen des Neoklassizismus vorgesehen, wie sie damals schon beim Hauptgebäude der Technischen Hochschule auf der Südseite der Straße zu finden waren. Bei der Gestaltung des Hauses des Deutschen Gemeindetags bezog sich Karl Elkart auch in Kubatur und Größe auf das nahe gelegene, ehemalige Universitätsgebäude. Der Verwaltungsbau mit einer Gesamtlänge von 209 Metern sowie knapp 300 Büroräumen und mehreren Versammlungssälen besitzt einen breiten Mittelbau: eine Dreiflügelanlage mit erhöhtem Mittelrisalit und zwei Seitenflügeln, die einen Ehrenhof bilden. An diesen schließen sich zwei lange Seitentrakte an, von denen der westliche darüber hinaus einen im rechten Winkel angefügten Flügel zum Landwehrkanal besitzt. Dieser war im Zweiten Weltkrieg stark zerstört, in den 1950er Jahren wieder aufgebaut und durch ein flaches rückwärtiges Kassengebäude für das Finanzamt Tiergarten ergänzt worden. Der Mauerwerksbau mit Skelettkonstruktionen sowie Decken und Dachstuhl aus Stahlbeton ist an der Straßenseite mit Sandsteinplatten verblendet, an der Rückseite verputzt und wird von flachen, ebenfalls 1952-56 erneuerten Walmdächern bedeckt. Die symmetrisch gegliederte Straßenfassade beherrscht ein Mittelrisalit mit vorgelagerter Freitreppe und hohem, rustiziertem Erdgeschoss, dessen Rundbögen die Eingänge zur großen Pfeilerhalle im Inneren bilden. Die ebenfalls mit Sandsteinplatten verkleideten Obergeschosse und die Fenster mit fein profilierten Einfassungen ergänzen die in strengen neoklassizistischen Formen gestaltete Fassade. Über dem Hauptgesims befindet sich hinter der schmalen Attikazone mit der Inschrift Ernst-Reuter-Haus seit dem Umbau 2008-11 eine Terrasse. Im Inneren führen von der Eingangshalle Treppen zum Obergeschoss, wo der ursprüngliche, mehr als 600 Quadratmeter große Saal 1985-86 durch eine Zwischendecke und Schiebewände mehrfach unterteilt wurde. Die Ausstattung der Halle stammt im Wesentlichen aus den 1950er Jahren; eine von Richard Scheibe geschaffene Bronzebüste von Ernst Reuter wurde 1954 aufgestellt. Erhalten sind auch die von Erich Böckler entworfene holzvertäfelte Rückwand, die mit Wappen- und Flaggen ost- und mitteldeutscher Städte als Intarsien geschmückt ist, und das farbige Fenster mit den Wappen der 128 Städte, die an der Stiftung für den Wiederaufbau beteiligt waren.
(1) Bauamt und Gemeindebau 20 (1938), S. 147, 149, 161, 171-173; db 72 (1938), B 655; WMH 24 (1940), H. 9, S. 225-228; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 155-157; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil III, Bauwerke für Regierung und Verwaltung, Berlin-München 1966, S. 28, 44; Larsson, Lars Olof: Die Neugestaltung der Reichshauptstadt, Albert Speers Generalbebauungsplan für Berlin, Stuttgart 1978, S. 59; Lissek-Schütz, Ellen: Ernst-Reuter-Haus, Das Haus des Deutschen Städtetages in Berlin, Köln 1993; Donath, Matthias: Architektur in Berlin 1933-45, Ein Stadtführer, Berlin 2007, S. 112 f.
(2) Die ehemaligen Kommunalverbände Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Reichsstädtebund etc. wurden 1933 von der NS-Regierung aufgelöst und zum Einheitsverband Deutscher Gemeindetag zusammengefasst, Vermögen und Akten wurden eingezogen. Der Amtssitz in der Alsenstraße, im Spreebogen nahe dem Reichstag, sollte wegen der Umbaupläne für die Nord-Süd-Achse abgerissen werden. Vgl. Lissek-Schütz, Ellen: Ernst-Reuter-Haus, Das Haus des Deutschen Städtetages in Berlin, Köln 1993, S. 32 ff.
(3) Der Straßenzug zwischen Brandenburger Tor und dem heutigen Theodor-Heuß-Platz war 1937-39 mit verbreiterten Fahrspuren und den Laternen nach Entwurf von Albert Speer als "Via Triumphalis" ausgebaut worden. Zu den Umbaumaßnahmen gehörte neben den Arbeiten am Charlottenburger Tor und am Großen Stern mit der versetzten Siegessäule auch der Vorplatz der Technischen Hochschule als Paradeplatz. Vgl. Engel, Helmut: Das Charlottenburger Tor, Tor zu einer der schönsten Straßen der Welt, Stiftung Denkmalschutz Berlin (Hrsg.), Meisterwerke der Berliner Baukunst, Bd. 5, Berlin 2005, S. 72 ff.
(4) Der Deutsche Städtetag nutzte das Ernst-Reuter-Haus erst nach 1990 und bis 2008 als Hauptgeschäftsstelle. Vorher waren hier Einrichtungen des Berliner Senats und der Technischen Universität, das Finanzamt Tiergarten, bis 2011 die Senats-Bibliothek und 1973-2009 das Deutsche Institut für Urbanistik untergebracht. 1985-87 wurden im Mitteltrakt Umbauten und Modernisierungen vom Architekturbüro Winnetou Kampmann und Ute Weström durchgeführt, u.a. wurde der Große Saal durch eine Zwischendecke unterteilt. 2008-11 wurde das Gebäude durch das Architekturbüro Tchoban Voss Architekten saniert. Vgl. Lissek-Schütz, Ellen: Ernst-Reuter-Haus, Das Haus des Deutschen Städtetages in Berlin, Köln 1993, S. 64 f.; Wikipedia, Stichwort "Ernst-Reuter-Haus"; www.tchobanvoss.de
Literatur:
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 155-157
- BusB III 1966 / Seite 44
- Die Baugilde 20 (1938) / Seite 649-650
- Die Baugilde 21 (1939) / Seite 14
- Bauwelt 29 (1938) / Seite 527-528
- Die Baugilde 23 (1941) / Seite .
- Bauwelt 31 (1940) / Seite 594
- Die Bauzeitung 35 (48) (1938) / Seite 341
- Deutsche Bauzeitung 72 (1938) / Seite B 655, B 1387
- Deutsche Bauhütte 42 (1938) / Seite 185-187
- Die Baukunst 2 (1938) / Seite 61 (Beilage: Die Kunst im dritten Reich)
- Die Baukunst 3 (1939) / Seite 251 (Beilage: Die Kunst im dritten Reich)
- Wasmuths Monatshefte für Baukunst 24 (1940) 9 / Seite 227-228
- Bauamt und Gemeindebau 20 (1938) / Seite 147, 149, 161, 171-172
- Lissek-Schütz, Ellen: Ernst-Reuter-Haus. Das Haus des Deutschen Städtetages in Berlin, Berlin 1993
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