Denkmaldatenbank

Mietshaus, Hotel Steinplatz 4 Uhlandstraße 197

Obj.-Dok.-Nr. 09096445
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Charlottenburg
Adressen Steinplatz 4

Uhlandstraße 197
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Mietshaus & Hotel
Entwurf 1906
Fertigstellung 1907
Entwurf Endell, August (Architekt)
Bauherr Lau, Hermann

Welchem Wandel die Fassadenbildung des Berliner Mietshauses in den Jahren um 1900 unterlag, zeigt das Mietshaus Steinplatz 4, Uhlandstraße 197, das 1906-07 nach Entwurf des "Architekten und Formkünstlers" August Endell ausgeführt wurde. (1) Das Gebäude mit der auffälligen Fassadengestaltung an der Südostecke des Steinplatzes gehört zu den wenigen architektonischen Werken des Münchner Jugendstil-Künstlers in Berlin. (2) Das für eine wohlhabende Mieterschaft gedachte Wohnhaus hat darüber hinaus eine bewegte Nutzungsgeschichte: Bereits ein Jahr nach Vollendung teilweise als Pension genutzt, diente seit 1913 das ganze Haus als "Hotel-Pension Steinplatz", nach dem Zweiten Weltkrieg als "Hotel Steinplatz". (3) Zwischen 1976 und 2000 war es Seniorenheim, nach längerem Leerstand wurde es 2010-13 saniert und wiederum zum Hotel umgebaut. (4) Mit verändertem Dachgeschoss und neuem Eingangsbereich zeigt sich das Haus heute außen wieder annähernd in seinem ursprünglichen Erscheinungsbild, im Inneren jedoch sind nur wenige Elemente der Ausstattung original oder rekonstruiert erhalten.

Die Fassade des fünfgeschossigen Hauses weist keine historistischen Ziermotive auf, auch ist die klassische Dreiteilung in Sockel, Beletage und Abschlussgeschoss aufgelöst. August Endell bediente sich jenes Baustils, der am wenigsten mit der Palastbau assoziiert wird - der Gotik, die hier durch maurische Elemente erweitert ist. Die unteren zwei Geschosse sind durch spitzbogige Blendarkaden zusammengefasst, über einem zierlichen Gesims gliedern doppelt, mitunter sogar dreifach abgestufte Vorlagen die oberen Geschosse. Diesem Fassadensystem ist am Steinplatz ein halbrunder Standerker vorgesetzt, während am Flügel an der Uhlandstraße zwei unterschiedlich breite Erker Balkone einfassen. Damit löste sich Endell von der historistischen Palastfassade und fand mit fantastischen, biomorphen Dekorformen und den Stilelementen der Gotik eine Gestaltungsweise, die dem großen innerstädtischen Baublock entgegenkommt. Für Berlin blieb dieses Haus allerdings ein Einzelfall, denn noch vor dem Ersten Weltkrieg setzte sich ein reduzierter Klassizismus als Fassadenschema großer Wohnhäuser durch. (5) Dem anspruchsvollen Äußeren des Hauses am Steinplatz entsprach eine luxuriöse Anlage der Grundrisse: Je zwei Wohnungen pro Geschoss zogen sich um einen großen Gartenhof herum, wobei die größeren Zehnzimmerwohnungen mit Nebenräumen als Besonderheit einen kreisrunden Frühstücksraum aufwiesen, der zugleich als zentraler Verteiler im Vorderhaus diente.


(1) BAW 10 (1908), Abb. 315, 317-319, 272; Gessner, Albert: Das Deutsche Mietshaus. München 1909, S. 34-35; Osborn, Max: Berliner Mietshäuser. In: Velhagen und Klasings Monatshefte 23 (1909) 10, S. 239, Abb. 230 f.; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 571-572, Abb. 757-759; Poelzig, Endell, Moll und die Breslauer Kunstakademie 1911-1932, Ausstellungskat. Akademie der Künste Berlin 1965, S. 20, 75; August Endell, Der Architekt des Photoateliers Elvira 1871-1925, Ausstellungskat. Museum Villa Stuck München 1977, S. 52-59; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IV, Wohnungsbau, Bd. B, Die Wohngebäude, Mehrfamilienhäuser, Berlin-München-Düsseldorf 1974, S. 182-183, Nr. 653; Zellermayer, Ilse Eliza: Prinzessinnensuite, Mein Jahrhundert im Hotel, Berlin 2010; Bröcker, Nicola: Das Haus am Steinplatz in Berlin-Charlottenburg. In: August Endell 1871-1925, Architekt und Formkünstler, hrsg. v. Nicola Bröcker, Gisela Moeller und Christiane Salge, Petersberg 2012, S. 211-223, 372.

(2) Siehe Werkverzeichnis in: August Endell 1871-1925, Architekt und Formkünstler, hrsg. v. Nicola Bröcker, Gisela Moeller und Christiane Salge, Petersberg 2012, S. 362 ff.

(3) In der NS-Zeit und während des Zweiten Weltkriegs als Offizierskasino und als Kommandostelle der Wehrmacht. In den 1950er und 1960er Jahren gab es dir Bar "Volle Pulle".

(4) Insbesondere die Zwerghäuser des Daches verändern den Eindruck des Hauses, das einstmals durch eine geschlossenere Dachfläche mit Fledermausgauben abgeschlossen wurde.

(5) Die von Endell entwickelte Ornamentik, die teils an Plankton erinnert, sucht in Berlin ihresgleichen. Diese Andersartigkeit erklärt sich aus seiner künstlerischer Prägung im Jugendstil-Milieu Münchens.

Literatur:

  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 571-572
  • BusB IV B 1974 / Seite 182-183, Nr. 653
  • Geßner: Das Deutsche Mietshaus, 1909 / Seite 34-35
  • Osborn, Max: Berliner Mietshäuser, in: Velhagen und Klasings Monatshefte 23 (1909) 10 / Seite 239
  • Aachener Allgemeine Zeitung (1908) 3 / Seite (Beilage - Form [?]), S. 2 ff.
  • Weber-Liste / Seite .
  • Poelzig/Endell/Moll / Seite 20, 75
  • Berliner Architekturwelt 10 (1907/08)

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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