Denkmaldatenbank

Wohnhaus Stallupöner Allee 37

Obj.-Dok.-Nr. 09096443
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Westend
Adressen Stallupöner Allee 37
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus
Datierung 1936-1937
Entwurf Eiermann, Egon (Architekt)
Bauherr Steingroever, Josef (Fabrikant)
Ausführung Alexander Gustav (Baugeschäft)

Parallel zur Kranzallee verläuft die von Einfamilienhäusern geprägte Stallupöner Allee, deren südliche Parzellen rückwärtig direkt an den Grunewald grenzen, was sie zu begehrten Bauplätzen macht. Hier liegt auch das schlicht erscheinende Haus Steingroever, Stallupöner Allee 37, ein bedeutendes Werk des Architekten Egon Eiermann. (1) Der später in Berlin besonders für den Neubau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche (1957-63) bekannte Architekt schuf in den 1930er Jahren neben Industriebauten auch mehrere Wohngebäude. Für Dr. Josef Steingroever konzipierte Eiermann erstmals konsequent voneinander getrennte Funktionsbereiche in sich durchdringenden Gebäudeflügeln, die in die Umgebung ausgreifen und offene Übergänge zum Garten generieren. Damit formulierte er Gestaltungskriterien, die zu wichtigen Grundlagen seiner Wohnhausentwürfe in den 1930er Jahren wurden. (2) 1937 von dem Baugeschäft Gustav Alexander ausgeführt, schließt der zur Straße zweigeschossig angelegte Bau mit flachen Satteldächern ab. Die schmale, aber tiefe Parzelle ist hinter dem Haus mit einer anstehenden Terrasse modelliert, weshalb das straßenseitige Obergeschoss im Süden ebenerdig an den Garten anschließt. Der unregelmäßig kreuzförmig ausgebildete Hausgrundriss umschließt auf der Eingangsseite zweiseitig einen Vorhof. Auch die großzügige Gartenterrasse begrenzen die Gebäudeflügel zweiseitig im Osten und Norden. Dabei kontrastieren hell geschlämmte Ziegelfassaden mit den dunkel gefassten Einscheibenfenstern und die Fassadentektonik beleben sichtbare Steinfugen und fassadenbündig gesetzte Fensterprofile. Am Vorhof ist die Ansicht im Obergeschoss zudem mit einem Lochraster zur Belichtung der anschließenden Speisekammer perforiert. Das zweigeschossige Innere nimmt auf der unteren Ebene die Wirtschaftsräume und eine Mädchenkammer und auf der oberen Ebene den Wohnbereich auf. Beide Geschosse verbindet im nördlichen Abschnitt des Ostflügels eine zweiläufige Treppe aus massiven Granitstufen. Die Wohnfläche der oberen Etage gliedert sich in einen Tag- und einen Nachtbereich. Neben dem großzügigen durchgehenden Wohnraum mit Fenstertüren zum Garten im straßenparallelen Gebäudeflügel umfasst der Tagbereich auch eine offene Küche nördlich der Treppe. Der Nachtbereich liegt hingegen im Süden des Ostflügels und setzt sich aus den Schlafräumen, einem Bad und dem sog. "Nähplatz" (3) zusammen. Ein offener Dachstuhl unterstreicht im Tagbereich den fließenden Übergang der Innenräume, deren Konzeption und Gestaltung trotz des traditionell wirkenden Gebäudeäußeren an den Ideen der klassischen Moderne festhalten. In seiner Erscheinung ist das Wohnhaus von kleinen Veränderungen, wie dem freitragenden Vordach über dem Hauseingang abgesehen, unverändert erhalten. Zusätzlich wurde im Jahr 2000 auf dem hinteren Grundstückbereich zum Grunewald ein eingeschossiges Kleinwohnhaus errichtet. (4)


(1) Bauakten BWA-Charlottenburg, Stallupöner Allee 37, Band 1-2; WMH 22, 1938, S. 345-349; Zechlin, Hans Josef: Landhäuser, Berlin 1939, S. 175-177; Rave, Rolf/Knöfel, Hans-Joachim: Bauen seit 1900 in Berlin, Berlin 1963, Nr. 48 (S. 59); Rave, Rolf/Knöfel, Hans-Joachim: Bauen seit 1900 in Berlin, Berlin 1968, Nr. 179 (S. 142); Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IV, Wohnungsbau, Bd. C, Die Wohngebäude, Einfamilienhäuser; Berlin-München-Düsseldorf 1975, S. 191, Nr. 1820; Schirmer/Wulf (Hrsg.): Egon Eiermann - 1904-1970. Bauten und Projekte, Stuttgart 1984, S. 42-43, S. 287; Ribbe, Wolfgang/Schäche, Wolfgang (Hrsg.): Baumeister, Architekten, Stadtplaner; Biographien zur baulichen Entwicklung Berlins, Berlin 1987, S. 611; Wörner, Martin/Mollenschott, Doris/Hüter, Karl-Heinz: Architekturführer Berlin, 5. Aufl. Berlin 1997, S. 138, Nr. 223; Hildebrand, Sonja: Egon Eiermann, Die Berliner Zeit, Das architektonische Gesamtwerk, Braunschweig 1999, S. 102-106; Bauen in Berlin, 1900-2000, hrsg. v. Josef Paul Kleihues, Jan Gerd Becker-Schwering, Paul Kahlfeldt, Ausstellungskat., Berlin 2000, S. 178; Dehio 2000, S. 187; Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Berlin, bearb. v. Sibylle Badstübner-Gröger, Michael Bollé, Ralph Paschke u. a., 3. Aufl., durchgesehen u. ergänzt v. Michael Bollé, München-Berlin 2006, S. 246.

(2) Nach 1932 errichtete Egon Eiermann mehrere architektonisch bemerkenswerte Einfamilienhäuser in Berlin: Haus Kleinwächter, Franzstraße 15b; Haus Dienstbach, Lohengrinstraße 32; Haus Bolle, Föhrenweg 12; Haus Wolleck, Föhrenweg 10 und Haus Vollberg, Delbrückstraße 29, vgl. Schirmer, Stuttgart 1984, S. 285-288.

(3) Raumbezeichnung zitiert nach: Bauakte BWA-Charlottenburg, Stallupöner Allee 37, Band 1, fol. 8.

(4) Bauakte BWA-Charlottenburg, Stallupöner Allee 37, Band 2, fol. 27 ff.

Literatur:

  • BusB IV C 1975 / Seite 191, 402
  • Zechlin, Wohnhäuser von Egon Eiermann, Berlin in
    Wasmuths Monatshefte für Baukunst 22 (1938) / Seite 345-349
  • Zechlin, Hans Josef: Landhäuser, Berlin 1939 / Seite 175-177
  • Rave, Knöfel/ Bauen seit 1900, 1968 / Seite Nr. 179
  • Baumeister, Architekten, Stadtplaner, 1987 / Seite 611
  • Egon Eiermann (1904-1970). Bauten und Projekte, hrsg. v.Wulf Schirmer, Stuttgart 1984 / Seite 42, 43, 45
  • Architekturführer, Berlin 1989 / Seite Nr. 103
  • Hildebrandt, Lemburg, Wewel/ Historische Bauwerke derBerliner Industrie, Berlin 1988 / Seite 126-127

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Landesdenkmalamt Berlin
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