Denkmaldatenbank
Vereinhaus der Studentenverbindung "Thuringia"
09096426 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Westend |
Adressen | Sensburger Allee 3 Insterburgallee 27A |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Verbindungshaus |
Datierung | 1929 |
Entwurf | Freymueller, Fritz (Architekt) |
Ausführung | Friedrich Wilhelm Schmidt (Baugeschäft) |
Bauherr | Wirtschaftsverband alter Herren der Charlottenburger Burschenschaft Thuringia |
Im Kreuzungsbereich mit der Insterburgallee liegt das ehemalige Haus der Studentenverbindung Thuringia, Sensburger Allee 3. (1) Heute aufgrund dichter Vegetation aus dem Straßenbild etwas zurücktretend, wurde der zweigeschossige Ziegelbau 1929-30 nach Plänen von Fritz Freymueller (2) erbaut, wobei Friedrich Wilhelm Schmidt die Bauausführung leitete und die Firma Höfchen & Peschke die Steineisendecken im Inneren verantwortete. (3) Die beiden kubischen Flachdachflügel der Studentenverbindung sind winkelförmig zueinander gesetzt und der Vorgarten zum Kreuzungsbereich dadurch zweiseitig gefasst. Den nördlichen Gebäudeflügel erhöht eine verlängerte Attikazone gegenüber dem Ostflügel. Belebend wirken zudem die unterschiedlich durchgefärbten roten Ziegel mit hellen Fugen sowie asymmetrisch gesetzten Fensteröffnungen verschiedener Formate. Zum Vorgarten ist eine Obergeschossterrassse angeordnet, welche die beiden Gebäudeflügel architektonisch miteinander verklammert. Im Osten tritt hingegen der Hauseingang aus dem Baukörper hervor und wird optisch zusätzlich über eine Natursteinverkleidung abgesetzt. Obwohl die Gestaltung deutlich von Vorstellungen der Neuen Sachlichkeit abhängig ist, verraten Details wie die vortretenden Ziegelbänder der Attikazone und die mehrheitlich stehenden Fensterformate verhaltene Einflüsse des Backsteinexpressionismus. Konzipiert als Studentenwohnheim, finanzierte der "Wirtschaftsverband Alter Herren der Charlottenburger Burschenschaft 'Thuringia" (4) das überwiegend der gesellschaftlichen Repräsentation vorbehaltene Verbindungshaus. Tatsächlich waren im nur teilweise unterkellerten Erdgeschoss lediglich wenige Studentenzimmer angelegt. Der Windfang erschloss von Süden ein großzügiges Vestibül, an das im Westen das Gartenzimmer und im Nordosten der Sportsaal grenzten. Wirtschafts- und Wohnräume befanden sich vornehmlich im Norden und Westen, dem privaten Hausbereich, während das über das Vestibül erschlossene Obergeschoss ausschließlich der Geselligkeit diente. Seinen Nordflügel nahmen ein Festsaal mit angrenzendem Lesezimmer und Nebenraum, den Ostflügel eine "Halle auch Spiel-Zimmer" (5) ein. Allerdings bestand die Nutzung als Verbindungshaus nur kurz und bereits 1937 wurden das Innere zur Schaffung von zwei Wohnungen kleinteilig untergliedert und die westlich gelegene Garage ergänzt. (6) 1973 erfolgte teilweise der Rückbau nachträglicher Veränderungen nach Plänen von Rolf Gutbrod, wobei im Erdgeschoss eine Praxis eingerichtet wurde. (7) Zu kleineren Eingriffen kam es erneut 1984 vornehmlich im Bereich des bereits von Gutbrod ausgebauten Dachgeschosses. (8) Trotz einiger Umbauten ist der Entwurf Freymuellers weitgehend erlebbar und repräsentiert als einer der wenigen deutschen Burschenschaftsneubauten in Formen der Neuen Sachlichkeit eine selten gestellte Bauaufgabe in ungewöhnlicher Gestaltung. (9)
(1) Bauakten BWA-Charlottenburg, Sensburger Allee 3, Band 1-2; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 450; Dehio 2000, S. 187; Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Berlin, bearb. v. Sibylle Badstübner-Gröger, Michael Bollé, Ralph Paschke u. a., 3. Aufl., durchgesehen u. ergänzt v. Michael Bollé, München-Berlin 2006, S. 246.
(2) Fritz Freymueller, 1882-1950, Architekturstudium an der Technischen Hochschule Stuttgart u.a. bei Paul Bonatz und Theodor Fischer, 1912 Gemeindebaurat in Lankwitz, 1921-33 Stadtbaurat in Steglitz; bekannte Bauten Freymuellers sind das als sog. Käseglocke bezeichnete Parkhaus in Lankwitz (1913-14) und das als Siemensvilla bekannte Herrenhaus Correns in Lankwitz (1913-16).
(3) Bauakten BWA-Charlottenburg, Sensburger Allee 3, Band 1, fol. 61.
(4) Bauakten BWA-Charlottenburg, Sensburger Allee 3, Band 1, fol. 57.
(5) Raumbezeichnung nach: Bauakten BWA-Charlottenburg, Sensburger Allee 3, Band 1, fol. 68.
(6) Bauakten BWA-Charlottenburg, Sensburger Allee 3, Band 1, fol. 99-112.
(7) Bauakten BWA-Charlottenburg, Sensburger Allee 3, Band 1, fol. 99-112.
(8) Bauakten BWA-Charlottenburg, Sensburger Allee 3, Band 2, fol. 127-138.
(9) Es finden sich wenige formal vergleichbar gelöste Bauprojekte von Burschenschaften in Deutschland. In Halle an der Saale ist am Mühlweg 12 das Logengebäude der "Thomasius-Loge Nr. 7 der Provinz Sachsen" erhalten, das 1927 nach Plänen von Richard Schmieder in Formen der Moderne erbaut wurde. Das ebenfalls in Halle erhaltene Verbindungshaus der Burschenschaft "Germania", Jägerplatz 30/31 in expressionistischen Formen ist hingegen nach Plänen von Heinrich Otto Vogel aus dem Umbau eines älteren Hauses von 1896 hervorgegangen. Vgl. Brülls, Holger/Dietzsch, Thomas: Architekturführer Halle an der Saale, Berlin 2000, S. 68, Nr. 88 und S. 117, Nr. 152.
Literatur:
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 450
- Bauwelt 22 (1931) 5 / Seite 143, Beilage, S. 7)
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem
- Tel.: (030) 90259-3653
- Fax: (030) 90259-3700
- E-Mail juliane.stamm@lda.berlin.de
Verkehrsanbindungen
-
U-Bahn
-
Bus
-
Jüdenstr.
- 248
- 300
-
Nikolaiviertel
- N8
- N40
- N60
- N65
-
Jüdenstr.