Denkmaldatenbank

Schiller-Oberschule

Obj.-Dok.-Nr. 09096414
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Charlottenburg
Adressen Schillerstraße 125, 126, 127
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Schule
Datierung 1911-1912
Entwurf Seeling, Heinrich (Architekt)
Ausführung Actien-Gesellschaft für Bauausführungen (Baugesellschaft)
Bauherr Magistrat Charlottenburg

An den nördlichen Flügel von Haus Hardenberg schließen sich in der Schillerstraße mehrere Gebäude an, die vom heutigen Schiller-Gymnasium genutzt werden. (1) Neben Neubauten der 1950er Jahre zählen dazu auch zwei Trakte der ehemaligen Leibniz-Oberrealschule, Schillerstraße 125-127, die 1911-13 nach Entwurf von Heinrich Seeling unter Mitarbeit von Max Niedenhoff erbaut wurde. (2) Von der ursprünglich vierflügeligen Anlage sind nach Kriegszerstörungen das Hauptgebäude an der Straße mit zweigeschossiger Aula, Verwaltungs- und Fachräumen sowie ein Teil des rückwärtig anschließenden Klassentraktes erhalten. Heinrich Seeling, der seit 1907 als Stadtbaurat in Charlottenburg für eine Reihe spektakulärer Schulbauten verantwortlich zeichnete, wählte für die Leibniz-Oberrealschule, die mit ihrer Lage im neuen vornehmen Wohngebiet am Knie eine repräsentative Gestaltung verlangte, eine für die Zeit unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg typische historisierende Formensprache. (3) Monumentale Pilaster, Sprossenfenster und stilisierte dorische Säulen am Eingang zum Klassentrakt verweisen vage auf die Architektur "um 1800". Wie unorthodox Seeling jedoch das klassizistische Vorbild anwandte, sieht man etwa an der geradezu barocken Portalbekrönung des Haupteingangs mit dem von Genien getragenen Porträtmedaillon des Philosophen und Mathematikers Gottfried Wilhelm Leibniz oder an den flachen Runderkern über Hauptportal und Hofzufahrt. Als Baumaterialien wurden am Sockel Granitquader sowie Muschelkalk für die architektonische Gliederung und den Skulpturenschmuck verwendet, beim Putz handelt es sich um einen edlen Kieselputz. Der Baudekor von den Bildhauern Johannes Hinrichsen und Ludwig Isenbeck betont mit seinem Bildprogramm den naturwissenschaftlichen Schwerpunkt der Oberrealschule für Jungen: Fünf Medaillons unterhalb der großen Bogenfenster für die Aula stellen die vier Elemente sowie den Kosmos dar. Über der Hofdurchfahrt ziert eine Figurenkomposition den unteren Abschluss des Runderkers (4), die wie auch der Schlussstein darunter auf das Generalthema Natur eingeht: Der Frauenkopf mit einer Krone aus Ähren stellt wohl Demeter dar, die antike Erdgöttin. In der Aula mit Bühne und seitlicher Galerie, die mit aufwendig gestalteten Wand- und Deckenverkleidungen versehen war, ist die originale Ausstattung stark vereinfacht, zum Teil übermalt erhalten.


(1) Das Schiller-Gymnasium befand sich ursprünglich in der Schillerstraße 27-31, das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. 1945 kamen in den erhaltenen Schulgebäuden der ehemaligen Leibniz-Oberrealschule mehrere Schulen als "Vereinigte Oberschulen" unter. (Vgl. Berliner Bezirkslexikon Charlottenburg-Wilmersdorf, hrsg. v. Hans-Jürgen Mende und Kurt Wernicke, Berlin 2005, S. 628.) Die beiden Gebäude auf dem Grundstück Schillerstraße 124 wurden 1954-57 nach Entwurf von Maximilian Lamm als Max-Liebermann-Schule (Mittelschule) errichtet, die 1998 in den Neubau Kuno-Fischer-Straße 22-26 umzog und seit 2004 dort mit der Robert-Bosch-Oberschule zur Peter-Ustinov-Oberschule vereinigt ist. (Vgl. Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil V, Bd. C, Schulen, Berlin 1991, S. 418.) Auf dem tief in das Blockinnere sich erstreckenden Grundstück wurde 1959 die kriegszerstörte Turnhalle ersetzt. 2004 wurde die Schule umfassend saniert und der Schulhof neu gestaltet. (2) Bericht über die Verwaltung und den Stand der Gemeinde-Angelegenheiten der Stadt Charlottenburg für das Verwaltungsjahr 1910, Charlottenburg 1911, S. 83 f., Bericht über die Verwaltung und den Stand der Gemeinde-Angelegenheiten der Stadt Charlottenburg für das Verwaltungsjahr 1912, Charlottenburg 1913, S. 78; BAW 19 (1917), S. 179, Abb. 217-224; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 295 f., Abb. 329; BusB V C, S. 87 f., 95, 400 f., Abb. 210, 211, 235; Bezirkslexikon Charlottenburg 2005, S. 628.

(3) Heinrich Seeling (1852-1932), Studium an der Berliner Bauakademie, schuf ab 1880 mehrere Theaterbauten. Als Stadtbaurat von Charlottenburg entstanden zahlreiche kommunale Bauten wie das Deutsche Opernhaus, mehrere Schulen, die Rathaus-Erweiterung, Wohlfahrtseinrichtungen, Krankenhaus Westend, Wasserturm etc. Seeling arbeitet nicht - wie sein Berliner Zeitgenosse Ludwig Hoffmann - historistisch, gehörte aber auch nicht zu jener Fraktion von Architekten, denen, wie dies bei Peter Behrens zu sehen ist, der Rückbezug zum Vor-Schinkelschen Klassizismus und Barock zur Brücke in die moderne Architektur der Weimarer Republik wurde.

(4) In der Mitte thront eine klassisch gekleidete Frau mit stilisierten Füllhörnern als Personifikation der Natur, zu ihrer Rechten stehen drei nackte Jünglinge mit Attributen der Leibesertüchtigung (Säbel, Diskus und Ruder), zu ihrer Linken wird ein nackter Jüngling mit Papyrusrolle einer durch Bart und Bekleidung als Philosophen gekennzeichneten Person vorgeführt. Dem naturwissenschaftlichen Schwerpunkt der Schule entspricht das hier zugeordnete Zitat Goethes: "Die Natur ist aller Meister Meister. Sie zeigt uns erst den Geist der Geister".

Literatur:

  • BusB V C 1991 / Seite 87, 96, 400
  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 295

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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