Denkmaldatenbank

U-Bahnhof Olympiastadion

Obj.-Dok.-Nr. 09096404
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Westend
Adressen Rossitter Platz
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Bahnhof (U)
Fertigstellung 1929
Entwurf Grenander, Alfred Frederik Elias (Architekt)
Ausführung Philipp Holzmann AG & Wilhelm Rathmann (Baugesellschaft & Baugeschäft)
Bauherr Berliner Nord-Süd-Bahn-AG

Von der Rominter Allee fällt der Blick über den Rossitter Platz auf die mächtige rote Stirnfront des U-Bahnhofs Olympia-Stadion. (1) Die im Geländeeinschnitt bei der Betriebswerkstatt Grunewald liegende Station der Stammstrecke, der heutigen Linie U2, entstand bereits 1929-30 nach Plänen des Architekten Alfred Grenander, der von 1902 bis 1930 einen Großteil der Berliner U-Bahnhöfe entwarf. (2) Dabei zählen die späten Werke Grenanders, die er funktional wie architektonisch nach modernsten Gesichtspunkten gestaltete, zu den bedeutendsten großstädtischen Stationen. Bereits 1913 war an dieser Stelle die von Sepp Kaiser geplante Haltestation Stadion eingerichtet worden. Das kleine Empfangsgebäude war von Beginn an nur als Provisorium gedacht und wurde bis 1922 ausschließlich bei Veranstaltungen auf der nahe gelegenen Galopprennbahn Grunewald und im 1913 fertig gestellten Deutschen Stadion genutzt. (3) Im Zusammenhang mit der Verlängerung der Stammbahnlinie nach Ruhleben wurde es durch die heutige Bahnhofsanlage ersetzt. (4) Für Alfred Grenander bestand die Bauaufgabe, zur Bewältigung des enorm angestiegenen Verkehrsaufkommens bei Sportveranstaltungen eine großzügige, in das Olympiagelände eingebundene Bahnhofsanlage zu entwickeln. Zudem galt es, dem neuen Bahnhof eine repräsentative großstädtische Gestalt zu geben, da Berlin sich für die Olympischen Spiele 1936 beworben hatte. Grenander konzipierte entsprechend den Funktionsabläufen einen konsequent durchdachten modernen Schnellbahnhof für den Massenverkehr. Er ließ vor dem Empfangsgebäude, das dreigeschossig T-förmig quer zu den Gleisen liegt, einen abgesenkten weiten Platz, den Rossitter Platz, anlegen, der zusammen mit dem Eingangsbau "eine architektonische Einheit bildet". (5) Über diesen Vorplatz gelangen die Besucher unter der Rominter Allee hindurch zum Olympischen Tor. Von der Straßenebene erreicht man den Bahnhof über seitliche Rampen, die hufeisenförmig den Platz einfassen. Auf ihm liegen zwei symmetrisch angeordnete Fahrkartenhäuschen aus Backstein, die mit je zwölf Schaltern ausgestattet bei stärkerem Publikumsverkehr zusätzlich geöffnet werden konnten. Dahinter erhebt sich wuchtig die Klinkerfront des Eingangsbaues, die konvex ausschwingt und fensterlos nur ein großes weißes U, den Stationsnamen sowie eine Uhr trägt. So wird schon von Weiten auf die Station wirkungsvoll hingewiesen. Hinter der hohen Stirnseite verbarg sich eine große Signal- und Stellwerksanlage für die gesamte verlängerte Strecke und den angrenzenden Betriebsbahnhof Grunewald, die bis 1983 in Betrieb war. Heute ist hier das Berliner U-Bahnmuseum eingerichtet. (6) Transparent und lichtdurchflutet erscheint dagegen die teilweise verglaste und mit gelbweißen Keramikfliesen verkleidete Eingangshalle. Von hier aus führen zwei kubusartige, geschlossene Treppen hinunter auf die beiden leicht kurvig angelegten Mittelbahnsteige, wo, wie bei ähnlich im offenen Einschnitt liegenden Berliner U-Bahnhöfen, mittige Stahlstützenreihen die Bahnsteigüberdachungen tragen. Sie sind durch eine Oberlichtraupe miteinander verbunden, sodass eine hallenartige Wirkung entsteht. (7) Alfred Grenander stellte mit diesem Bahnhof eindrucksvoll unter Beweis, dass er für den modernen innerstädtischen Schnellbahnverkehr funktionelle und ästhetische Lösungen zu finden konnte.


(1) Eröffnungsschrift-Bahnverlängerungen, hrsg. v. BVG/Nord-Süd-Bahn AG, Berlin 1929, S. 13, 16 f.; Verkehrstechnik 47 (1930), S. 82 f.; ZBV 50 (1930), S. 117 f., 445, 448 f.; Die Fahrt 2 (1930), H. 1, S. 2, 4 f., 6; Die Fahrt 8 (1936), S. 211 f.; Die Fahrt 10 (1938), S. 123; Möbius 1930; Gescheit, Hermann/Wittmann, Karl Otto: Neuzeitlicher Verkehrsbau, Potsdam 1931, S. 21-23; Bousset, Johannes: Die Berliner U-Bahn, Berlin 1935, S. 118 f.; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 599, Abb. 780; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil X, Bd. B (1), Städtischer Nahverkehr, Berlin-München-Düsseldorf 1979, S. 56 f., 72 f., 111, 145, 184, 187; Bohle-Heintzenberg, Sabine: Architektur der Berliner Hoch- und Untergrundbahn, Planungen, Entwürfe, Bauten bis 1930, Berlin 1980, S. 156-159; Bongiorno, Biagia: Verkehrsdenkmale in Berlin, Die Bahnhöfe der Berliner Hoch- und Untergrundbahn, Berlin 2007 (Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin 25), S. 103; Elektropolis Berlin, Architektur- und Denkmalführer, hrsg. v. Thorsten Dame, Berlin 2014, S. 336 f.

(2) Der in Schweden geborene Alfred Grenander (1863-1931) kam 1885 nach Berlin, wo er 1902-30? (s.o.) für die Berliner Hoch- und Untergrundbahn mit zahlreichen Bauten wirkte und das großstädtische moderne Stadtbild Berlin entscheidend mitprägte. Daneben schuf er zahlreiche Wohn- und Industriebauten in Berlin.

(3) Beide Sportanlagen mussten später dem Bau des Olympiastadions und dem Ausbau des Reichssportfeldes weichen.

(4) Bis 1935 Bahnhof Stadion, dann in Reichssportfeld umbenannt, ab 1950 U-Bahnhof Olympiastadion.

(5) Bohle-Heintzenberg 1980, S. 158.

(6) Die 1931 installierte Stellwerksanlage galt als das größte elektromechanische Stellwerk seiner Bauart in ganz Europa.

(7) 2005-06 Grundsanierung: neue Bahnsteigdecke, zwei Aufzüge.

Literatur:

  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 599
  • BusB X B 1 1979 / Seite 56, 72 f., 111, 145, 184, 187
  • Architekturführer Berlin, 1989 / Seite 71
  • Bohle-Heintzenberg, Architektur der Hoch- und U-Bahn, 1980 / Seite 158
  • Die Fahrt (1930) / Seite 6
  • Die Fahrt (1938) / Seite 123
  • Verkehrstechnik (1930) / Seite 82
  • Zentralblatt der Bauverwaltung 50 (1930) / Seite 117 f., 445, 448 f.
  • 100 Berliner Bauten der Weimarer Republik, 1977 / Seite 43
  • Bousset/ Die Berliner U-Bahn, 1935 / Seite 118 f.
  • Die BVG und ihr Betrieb / Seite 85
  • Eröffnungsschrift - Bahnverlängerungen, 1929 / Seite 13, 16 f.
  • Gescheit/Wittmann / Seite 21-23

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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