Denkmaldatenbank

Cecilienhaus, Vereinshaus des "Vaterländischen Frauenvereins"

Obj.-Dok.-Nr. 09096382
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Charlottenburg
Adressen Otto-Suhr-Allee 59
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Vereinshaus & Wohlfahrtsgebäude
Datierung 1907-1909
Entwurf Spickendorff, Walther (Architekt)
Entwurf Walter, Rudolf (Architekt)
Ausführung Joseph Fraenkel (Baugeschäft)
Bauherr Magistrat Charlottenburg

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht mit dem Cecilienhaus, Otto-Suhr-Allee 59, einer der ehemals bedeutendsten kommunalen Wohlfahrtsbauten Charlottenburgs. (1) Errichtet wurde das markante Gebäude, in dem Räumlichkeiten für den Vaterländischen Frauenverein (2) sowie mehrere städtische und private Fürsorgeeinrichtungen zusammengefasst waren, 1907-09 nach Plänen von Walter Spickendorff und unter Mitarbeit von Rudolf Walter. (3) Für das schmale, sehr tiefe Grundstück von ursprünglich 18 mal 162 Metern entwarf Spickendorff eine Anlage, die aus einem Vorderhaus mit breiter Tordurchfahrt, einem lang gestreckten Seitenflügel an der Nordseite und ursprünglich drei Quergebäuden bestand, die vier nach Süden und Südosten offene Höfe bildeten. Nur der vordere Teil des Gebäudes bis zum zweiten Hof überstand den Zweiten Weltkrieg und wurde 1950-51 vereinfacht instand gesetzt; die südlichen Bauteile sowie ein 1933 angefügter Klinikbau wurden zerstört und 1958 durch einen Neubau für die AOK ersetzt.

Auf dem ungünstig geschnittenen Grundstück fand der Architekt eine gelungene bauliche Lösung für die vielfältigen und sehr unterschiedlichen Nutzungen (4), indem er diese in die Hofbereiche verlegte und das Vorderhaus als repräsentatives Eingangsgebäude mit wuchtigem Portal und seitlichen Ladenlokalen gestaltete. Hier gibt das Gebäude seine Funktion als soziale Einrichtung kaum zu erkennen, sondern wirkt an der breiten Straße mitten im damaligen Zentrum Charlottenburgs eher wie ein vornehmes Geschäftshaus. Die Gestaltung der Fassade mit Natursteinelementen und Baudekor in Jugendstilformen, der breite Giebel und das hohe Walmdach mit einem Dachreiter, der heute fehlt, verliehen dem Cecilienhaus jedoch auch den Charakter eines öffentlichen Gebäudes, der es deutlich von den Nachbarbauten unterschied: Der fünfgeschossige Putzbau ist bis zum ersten Geschoss mit Muschelkalkplatten verblendet; das gerahmte Eingangsportal ist durch Reliefs und zwei Porträtköpfe, die Tordurchfahrt durch eine gewölbte Kassettendecke geschmückt. Am vierten Obergeschoss ist eine durchgehende Loggia mit dekorierten Rechteckpfeilern unter dem Giebel mit dem Schriftzug Cecilienhaus betont. Dagegen waren die rückwärtigen, ebenfalls fünfgeschossigen Bauteile ganz auf die dort untergebrachten Einrichtungen zugeschnitten; die schlichten Putzbauten waren nur an den Eingängen durch Vorbauten akzentuiert und mit Dachgärten ausgestattet. Mit den gärtnerisch gestalteten Höfen bildeten sie jedoch eine malerische Einheit.


(1) ZdB 29 (1909), S. 642-647; Architektur des XX. Jahrhunderts 10 (1910), Tf. 1; Blätter für Architektur und Kunsthandwerk 24 (1911), S. 34-36; DBZ 67 (1933), S. 157 f.; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 197 f., Abb. 200; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil VII, Bd. B, Sozialbauten, Berlin 2003, S. 18 f., 295, Abb. 48-51; Nitsch, Ute: Charlottenburg-Wilmersdorf von A bis Z, Ein Lexikon, hrsg. v. Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, Berlin 2003, S. 53.

(2) Der Vaterländische Frauenverein, auch Deutscher Frauenverein zur Pflege und Hilfe für Verwundete im Kriege, war 1866 von der späteren Kaiserin Augusta gegründet worden. Die nach und nach in verschiedenen Städten und Regionen gebildeten Kreisvereine gehören zu den Vorläufern der Frauenvereine des Deutschen Roten Kreuzes. Ihre Aufgaben waren die militärische Krankenpflege, in Friedenszeiten aber auch Suppenküchen, Säuglingspflege oder Tuberkulosefürsorge. Vgl. ZdB 29 (1909), S. 643.

(3) Als weitere für den Bau Verantwortliche werden auch Regierungsbauführer Böhringer und Architekt Stein genannt. Die Grundsteinlegung erfolgte am 11.6.1907, Baubeginn war im Februar 1908 und am 2. Mai 1909 wurde das Gebäude feierlich eingeweiht. Vgl. ZdB 29 (1909), S. 646 f.

(4) Klinik mit zwei Operationssälen und Arztwohnung, Volksküche mit Speisesälen, Krankenküche, Säuglingsstation, Kinderkrippen, Lernküche, Raum für den "Verein gegen Verarmung", Redaktionsraum für das Vereinsblatt, Räume für Verwaltung und Schwestern. Vgl. BusB VII B, S. 19.

Literatur:

  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 197 f.
  • Deutsche Bauzeitung 67 (1933) / Seite 157 f.
  • Brüstlein/ Das Cecilienhaus in Charlottenburg, Architekt W. Spickendorff in Charlottenburg in
    Zentralblatt der Bauverwaltung 29 (1909) 99 / Seite 642-647
  • Die Architektur des 20. Jahrhunderts 10 (1910) 1 / Seite 34-36
  • Blätter für Architektur und Kunsthandwerk 24 (1911) 9

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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