Denkmaldatenbank

Desinfektionsanstalt

Obj.-Dok.-Nr. 09096356
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Charlottenburg
Adressen Mollwitzstraße 2
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Desinfektionsanstalt
Datierung 1892-1893
Umbau 1907-1908
Entwurf Bratring, Paul (Architekt)
Ausführung George, Ernst
Entwurf Winterstein, Hans
Bauherr Magistrat Charlottenburg

Auf dem schmalen Grundstück östlich des Pumpstation steht das Gebäude der ehemaligen Desinfektionsanstalt, Mollwitzstraße 2, die 1892-93 nach einem Entwurf des Stadtbaurats Paul Bratring errichtet und 1907-08 von Hans Winterstein erweitert wurde. (1) Nach dem Vorbild Berlins, wo bereits 1885-86 die erste Desinfektionsanstalt Deutschlands in Kreuzberg eingerichtet worden war, regelte ab 1891 auch in Charlottenburg eine Polizeiverordnung die Desinfektion von Wohnungen und Hausrat bei ansteckenden Krankheiten. (2) Bewegliche Gegenstände wurden mit speziellen Wagen abgeholt und in den Apparaten der Desinfektionsanstalt mit heißem Dampf behandelt. Der Standort der Charlottenburger Anlage war daher unmittelbar mit der benachbarten Pumpstation verknüpft, die mit ihren Maschinen den Dampf lieferte. Die heute als Bürogebäude genutzte ehemalige Desinfektionsanstalt ist ein weiteres Zeugnis für die Bemühungen des Charlottenburger Magistrats, in der Ende des 19. Jahrhunderts rasant wachsenden Stadt ein funktionierendes Gesundheitswesen aufzubauen.

Der eingeschossige rote Ziegelbau mit flachem, weit überstehendem Dach und einem hohen Sockelgeschoss wurde entsprechend den Abläufe im Inneren symmetrisch gegliedert: Wie die beiden Dampfkessel, die zu beiden Seiten hin geöffnet werden konnten, war auch das Gebäude in eine schmutzige und eine reine Seite geteilt, die jeweils unter dem weiten Dachüberstand über eine seitliche Einfahrt mit Laderampe für die Fahrzeuge verfügte. Zwei Remisen im rückwärtigen Teil des Grundstücks, die dem Unterstellen der verschließbaren Transportwagen dienten, wurden 1907-08 von Hans Winterstein durch einen unmittelbar an das Hauptgebäude anschließenden Querflügel für Wasch- und Badeeinrichtungen verbunden. Die Gestaltung mit einfachen Stichbogenfenstern und weitgehend dekorlosen Ziegelwänden entspricht den schlichten Zweckbauten dieser Zeit, der Mittelrisalit an der Straßenseite und das Holzwerk am Dach verleihen dem Gebäude jedoch einen beinahe ländlichen Charakter, der den Zweck der Anlage nicht sofort erkennen lässt. Mit der hohen Ziegelmauer, die das Gelände zur Straße abschließt, wurde 1926 ein einfacher Holzzaun ersetzt.


(1) Gundlach, Wilhelm: Geschichte der Stadt Charlottenburg, Bd. 1, Berlin 1905, S. 603 f.

(2) Kaak, Heinrich: Die Desinfektionsanstalt I, Ohlauer Straße 39-41. In: Geschichtslandschaft Berlin, Orte und Ereignisse, Bd. 5, Kreuzberg, hrsg. v. Helmut Engel, Steffi Jersch-Wenzel, Wilhelm Treue, Berlin 1994, S. 381-396; Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Denkmale in Berlin, Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, Ortsteil Kreuzberg, hrsg. v. Landesdenkmalamt Berlin, Petersberg 2016, S. 289 f. Neben der Desinfektion von Hausrat wurden auch Wohnungen, medizinische Geräte, Werkzeug von Schlachthöfen und die Kleidung von Hebammen desinfiziert.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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