Denkmaldatenbank
Haus Bonhoeffer
09096345 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Westend |
Adressen | Marienburger Allee 43 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Wohnhaus |
Datierung | 1935 |
Entwurf | Schleicher, Jörg (Architekt) |
Ausführung | Hoppensack, Th. |
Bauherr | Bonhoeffer, Karl (Neurologe) |
Der südöstliche Teil der Siedlung Heerstraße wurde erst ab Mitte der 1930er Jahre mit privaten Einfamilienhäusern bebaut. Hier steht in der östlichen Verlängerung des Willenberger Pfades das Haus Bonhoeffer, Marienburger Allee 43. (1) Das 1935 nach Entwurf des Stuttgarter Architekten Jörg Schleicher (2) entstandene Einfamilienhaus ist heute ein wichtiger historischer Gedenkort für die Opfer des Nationalsozialismus. Es wurde für den bedeutenden Psychiater und Neurologen Karl Ludwig Bonhoeffer erbaut, der bis zu seinem Tod 1948 hier lebte. Sein Sohn, der Pfarrer und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer, wohnte und arbeitete während seiner Berlin-Aufenthalte in dem Haus. (3) 1943 wurde er hier von der Gestapo verhaftet und zwei Jahr später im KZ Flossenbürg ermordet. Ebenso wie im Nachbarhaus Marienburger Allee 42, das Jörg Schleicher für seinen Bruder Rüdiger und dessen Frau Ursula, die älteste Schwester Dietrich Bonhoeffers, entworfen hatte, fanden hier konspirative Treffen zur Koordinierung des Widerstandes gegen die nationalsozialistische Diktatur statt. (4) Rüdiger Schleicher wurde 1945 hingerichtet. Nach Restaurierung und Umbau dient das Haus seit 1987 als Erinnerungs- und Begegnungsstätte in der Trägerschaft der Evangelischen Kirche von Berlin/Brandenburg. Im Erdgeschoss wurde eine Ausstellung u?ber das Leben und Werk Dietrich Bonhoeffers geschaffen und im Dachgeschoss ist sein Studierzimmer so hergerichtet worden, wie er es bei seiner Verhaftung verlassen hatte. Neben der historischen hat der Einfamilienhausbau auch eine architektonische Bedeutung: Es veranschaulicht die konservative Stuttgarter Bauschule, die von Paul Bonatz und Paul Schmitthenner seit den 1920er Jahren als bürgerliche Hausform propagiert wurde und als Vorbild für den Wohnhausbau im Dritten Reich diente. Der zweigeschossige, hell verputzte Kubus mit Sprossenfenstern, Klappläden, hohem Walmdach und geringem Dachu?berstand "erfüllte nationalsozialistische Forderungen nach handwerklichem Bauen in traditionellen Materialien". Während der Grundriss mit einer Dreiergruppe auf der Gartenseite - Zimmer der Dame, Zimmer des Herrn, Wohn-Esszimmer - einem herkömmlichen Muster folgt, löst sich die Fassade zur Straße vom streng symmetrischen Vorbild. Sie gewinnt "ihren gestalterischen Reiz durch gegeneinander verschobene Achsen sowie dem Spiel aus Symmetrien und Asymmetrien". (5) So ist die Haustür aus der Mitte geru?ckt und die Fenstergruppe des Obergeschosses leicht nach rechts verschoben; die Gartenseite im Gegensatz zur Straßenseite ist nur dreiachsig.
(1) Dietrich Bonhoeffer, Pfarrer, Berlin-Charlottenburg 9, Marienburger Allee 43. Begleitheft zur Ausstellung, hrsg. v. Kuratorium Bonhoeffer-Haus Berlin (West) 1988, S. 7, 97, 98; Scheffler, Burckhard: Das Bonhoeffer-Haus, Erinnerungs- und Begegnungsstätte. In: 75 Jahre Siedlung Heerstraße 1921-1996, Berlin 1996, S. 32-34; Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus, Eine Dokumentation, Hrsg. Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. II, Bonn 2000, S. 42 f.; Schmitz, Frank: Landhäuser in Berlin 1933-1945, (Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, hrsg. v. Landesdenkmalamt Berlin), Berlin 2007, S. 233, 310.
(2) Jörg Schleicher (1904-1977) studierte Architektur an der TH Stuttgart und in Berlin. Vgl. Dietrich Bonhoeffer, Jugend und Studium, 1918-1927, Werke Bd. 9, Hrsg. Eberhard Bethge, München 1986, S. 49.
(3) Dietrich Bonhoeffer (1906-1933) war evangelischer Theologe und Studentenpfarrer in Berlin. Bereits 1933 galt er als entschiedener Gegner des Nationalsozialismus und begründete in seinem Aufsatz "Die Kirche vor der Judenfrage" die Pflicht der Christen zum Widerstand gegen staatliche Unrechtshandlungen. In seinem Elternhaus schrieb er Teile der "Ethik" sowie "Nach zehn Jahren". Dieser Text überdauerte, im Haus versteckt, den Krieg.
(4) Das Haus der Schleichers, Marienburger Allee 42, ist heute durch ein Notdach und bauliche Veränderungen entstellt.
(5) Schmitz 2007, S. 310.
Literatur:
- Dietrich Bonhoeffer, Pfarrer, Berlin-Charlottenburg 9, Marienburger Allee 43, Begleitheft zur Ausstellung, hrsg. v. Kuratorium Bonhoeffer-Haus Berlin (West) 1988 / Seite 7, 97, 98
- Schmitz, Frank: Landhäuser, Berlin 2005
Kontakt
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