Denkmaldatenbank
Wohnhaus, Einfriedung, Pergola Lyckallee 6
09096328 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Westend |
Adressen | Lyckallee 6 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Wohnhaus & Einfriedung & Pergola |
Datierung | 1913-1914 |
Entwurf | Klingholz, Fritz (Architekt) |
Bauherr | Klingholz, Fritz (Architekt) |
Ausführung | Hermann Streubel (Baugeschäft) |
Am östlichen Ende der Lyckallee liegen einige der ältesten Wohnhäuser des früheren Gutsbezirkes Heerstraße. Dazu zählt auch das Landhaus Klingholz, Lyckallee 6, das der Architekt Fritz Klingholz (1) 1913-14 für sich und seine Familie vermutlich anlässlich der Geburt seines einzigen Sohnes errichtete. (2) Somit ist das Gebäude zugleich ein frühes Beispiel für ein Architektenwohnhaus im Viertel südlich der Heerstraße. Fritz Klingholz war als Regierungsbaumeister vor allem für seine Eisenbahnhochbauten bekannt (3) und errichtete das Landhaus am Ende seiner architektonischen Schaffensperiode als familiären Rückzugsort. Zugleich war das Wohnhaus Treffpunkt Berliner Künstler, so zählten Georg Kolbe, August Gaul und Heinrich Zille zum Bekanntenkreis des Architekten. An einem Straßenabschnitt mit deutlichem Gefälle gelegen, bestimmt das zweieinhalbgeschossige Gebäude mit seinen Sichtziegelfassaden und dem zugehörigen Pavillon mit Glockendach den Kreuzungsbereich an der Insterburgallee. Über die mit verschieden ausgebildeten Baugliedern belebten Ansichten wird eine malerische Anmutung intendiert. So stehen auch die weiß verfugten Ziegelfassaden im lebhaften Kontrast zu den Fensterstürzen und Sohlbänken aus Muschelkalkstein sowie dem schiefergedeckten Schopfwalmdach. Auf der repräsentativ mit Zwerchhaus aufgewerteten Nordfassade liegt erhöht über dem Souterrain der Hauseingang und wird seitlich von einer Treppe angedient. Die Fensterpfeiler seines Oberlichtes sind als Karyatiden in Eulenform gestaltet. Schmiedeeiserne Fenstergitter und das Treppengeländer mit runden, vegetabil gefüllten Schmuckfeldern sind ebenso wie die Füllungstür des Eingangs aus der Bauzeit des Hauses erhalten. Die beiden Gartenfassaden im Süden und Osten lockern vortretende Bauteile im Vergleich zur Straßenansicht stärker auf und ihre Gestaltung folgt den Ideen der Landhausarchitektur. Auch in der Pergola entlang der Einfriedung spiegelt sich der Wunsch des Architekten, Wohn- und Gartenraum miteinander zu verbinden, wider. (4) Im Inneren sind Erschließung, Küche und Wirtschaftsräume auf den straßenseitigen Grundrissbereich im Westen konzentriert, während zum Garten im Süden und Osten die vergleichsweise kleinteilig organisierten Gesellschaftsräume liegen und vielfältige Sichtbeziehungen zur Umgebung schaffen. So wurde das Wohnzimmer nach Süden in den Garten hinausgeschoben, während dem Esszimmer eine überdeckte Terrasse vorgesetzt ist. Bemerkenswert sind auch das oktogonal ausgebildete Damenzimmer und die tonnengewölbte Bibliothek mit angeschlossener Dunkelkammer. Das im Westen über eine zweiläufige Treppe erschlossene Obergeschoss mit seinen Schlaf-, Kinder- und Ankleideräumen ist um einen zentral gelegenen Vorraum gruppiert. Alle Aufenthaltsräume des Obergeschosses besitzen Zugang zu den vielfältig ausgebildeten Loggien und Altanen des Hauses. Nach dem Tod von Fritz Klingholz vermiete sein Sohn einen Teil des Gebäudes und ließ 1938 eine Garage anbauen. (5) Spätestens 1962 wurde das Haus als privates Altenheim genutzt, was im Inneren den Einbau mehrere Trennwände bedingte. (6) Weitere Anpassungen an die neue Nutzungsanforderung folgten 1969 mit reversiblen Eingriffen in die Grundrissstruktur. (7)
(1) Fritz Klingholz, 1861-1921, Architekturstudium 1880-82 an der Technischen Hochschule Stuttgart und 1882-84 an der Technischen Hochschule Berlin, 1893-1904 Regierungsbaumeister des Preußischen Ministeriums für öffentliche Arbeiten, 1911 Hochzeit mit Anna Melitta Noak, 1911 Berufung als Professor an die Technische Hochschule Berlin, 1913 Geburt des Sohnes Fritz Klingholz jun.
(2) Bauakten BWA-Charlottenburg, Lyckallee 6, Band 1-2; BAW 20 (1918), S. 287-290; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 399; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IV, Wohnungsbau, Bd. C, Die Wohngebäude, Einfamilienhäuser; Berlin-München-Düsseldorf 1975, S. 59, Nr. 1523; Spohn, Jürgen/Posener, Julius: Villen und Landhäuser in Berlin, Berlin 1989, S. 20-21; Dehio 2000, S. 187; Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Berlin, bearb. v. Sibylle Badstübner-Gröger, Michael Bollé, Ralph Paschke u. a., 3. Aufl., durchgesehen u. ergänzt v. Michael Bollé, München-Berlin 2006, S. 246.
(3) Neben einigen Bahnhöfen der Berliner Stadtbahn zeichnet er unter anderem für die Entwürfe der noch bestehenden Bahnempfangsgebäude in Koblenz, Worms, Wiesbaden und Lübeck verantwortlich.
(4) Fritz Klingholz in einem Dispensgesuch vom 16.08.1913: "Bei dem Erwerb des verhältnismäßig großen Grundstückes -40 X 58 = 2320 qm- hatte ich vor allem im Auge, einen schönen Schmuckgarten mit künstlerisch durchgeführtem Uebergang vom Garten zum Haus durch Terrassen, Veranden, Lauben und Pergola zu schaffen." Bauakte BWA-Charlottenburg, Lyckallee 6, Band 1, fol. 76.
(5) Fritz Klingholz in einem Baugesuch vom 18.08.1938: "Die Veranlassung zum Bau der Garage ist die Tatsache, dass sich die jetzt in meinem Hause frei gewordene 6Z-Mietwohnung nicht mehr ohne garage vermieten lässt." Bauakte BWA-Charlottenburg, Lyckallee 6, Band 1, fol. 120.
(6) Bauakte BWA-Charlottenburg, Lyckallee 6, Band 1, fol. 154 ff.
(7) Bauakte BWA-Charlottenburg, Lyckallee 6, Band 2, fol. 26 ff.
Literatur:
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 399
- BusB IV C 1975 / Seite Nr. 1523
- Berliner Architekturwelt 17 (1915) / Seite 289f.
- Berliner Architekturwelt 20 (1918) / Seite 287f.
- Posener/ Spohn: Villen und Landhäuser, 1989 / Seite 20-21
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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