Denkmaldatenbank

Haus Buchthal

Obj.-Dok.-Nr. 09096320
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Westend
Adressen Lindenallee 22

Halmstraße 13, 14
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus
Datierung 1922-1923
Umbau 1928
Umbau 1958
Entwurf Luckhardt, Hans & Luckhardt, Wassili & Hoffmann, Franz (Architekt)
Entwurf Freud, Ernst L. (Architekt)
Entwurf Seyffert, Werner (Architekt)
Bauherr Buchthal, Eugen (Kaufmann)
Bauherr Fischer-Dieskau, Dietrich (Kammersänger)
Ausführung Allgemeine Bau AG (Baugeschäft)
Ausführung Philipp Holzmann AG

Das Wohnhaus Lindenallee 22 gehört aufgrund seiner wechselvollen Baugeschichte zu den bedeutendsten Häusern Westends. (1)

Sein Kernbau entstand 1922-23 für das kunstsinnige jüdische Ehepaar Thea und Eugen Buchthal nach Entwürfen der Architekten Hans Luckhardt, Wassili Luckhardt und Franz Hoffmann. Für die bekannte Architektengemeinschaft war die Villa in markanter Ecklage ihr erster Bauauftrag. Den Garten konzipierte Eryk Pepinski. Bereits 1929 erfuhr die expressionistische Gestaltung von Architektur, Innen- und Außenraum einen radikalen Umbau durch den Avantgarde-Architekten Ernst Ludwig Freud in der Formensprache des Neuen Bauens. Die Gründe dafür: Das Haus habe auf Passanten verschreckend gewirkt, sein Gebrauch sei nur bedingt alltagstauglich gewesen. Zudem sei das Raumbedürfnis der Familie Buchthal gestiegen. (2) 1958 erfolgte der teils backsteinsichtige Anbau oberhalb der bestehenden Garage von 1924 durch Werner Seyffert im Auftrag des Musikers Dietrich Fischer-Dieskau, Hauseigentümer von 1954 bis 2012. Diese drei prägenden architektonischen Perioden - Urzustand, Umbau und Anbau - versuchte die Architektin Ursula Seeba-Hannan bei der umfassenden Restaurierung 2015-16 miteinander in Einklang zu bringen.

Das hell verputzte, kantig-eckige, flach gedeckte Haus beherrscht die Südwestecke der Kreuzung Lindenallee/Halmstraße und fällt auf durch seine markante Ausrichtung zur Straßenkreuzung und den vergleichsweise niedrigen Baukörper. Seine beiden Flügelbauten sind im Eckbereich durch einen abgeflachten Mittelbau akzentuiert. Seine spitz zulaufende, abgeschrägte Laibung ist ein Relikt der expressiven Villa von 1923. Sie rahmte ursprünglich das Musikzimmerfenster, seit 2016 den 1929 hierher verlegten Hauseingang. (3)

Die Zweigeschossigkeit der Gebäudeflügel geht ebenso auf den Umbau von 1929 zurück, wie Backsteintreppe und Einfriedung. Die dreigliedrigen Fenster in petrolblauer Ausführung folgen ebenso dem Konzept Ernst Ludwig Freuds.

Das V-förmige Haus schirmt den nach Südwesten orientierten Gartenraum mit weitläufiger Terrasse und breiter Treppenanlage ab. Die Gartenfassade entspricht heute in ihrem sachlichen Erscheinungsbild den Entwürfen Freuds von 1929. Die Pergolen auf dem Dach sind eine neue Ergänzung nach Luckhardtschem Muster. Im Inneren ist die Raumfolge des Flügels an der Halmstraße mit Diele, Wohn- und Esszimmer sowie Küche im Zustand von 1929 bewahrt. Der Flügel an der Lindenstraße beherbergte einst die Privatzimmer des Ehepaars und eines Sohnes; hier liegen heute Arbeits- und Gasträume. Das einst starkfarbige und abwechslungsreiche Farbkonzept von 1922-23 bildete die Grundlage für die Neugestaltung des Interieurs 2016.


(1) Bauwelt 15 (1924), H. 9, S. 137 f.; Baugilde 18 (1924), S. 371-381; Fries, Heinrich de: Moderne Villen und Landhäuser, Berlin 1925, S. 80-84; Hüter, Karl-Heinz: Architektur in Berlin 1900-1933, Dresden 1987, S. 104; Brüder Luckhardt und Alfons Anker, Berliner Architekten der Moderne (Schriftenreihe der Akademie der Künste, Bd. 21), Berlin 1990, Kat.-Nr. 29, S. 194 f. (dort weiterführende Literatur genannt); Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IV, Wohnungsbau, Bd. C, Die Wohngebäude, Einfamilienhäuser; Berlin-München-Düsseldorf 1975, Abb. S. 18, 329 f., 399 (Nr. 2205); Kleihues, Josef Paul/Becker-Schwering, Jan Gerd/Kahlfeldt, Paul: Bauen in Berlin 1900-2000, Ausstellungskat. Berlin 2000, S. 102; Ein Kristall, verborgen in neuer Sachlichkeit, Die Entdeckung und Sanierung von Haus Buchthal in Berlin, Ausstellungskat. Berlin 2016; Dunger, Matthias: Haus Bruchthal. Das verborgene Erstlingswerk der Gebrüder Luckhardt. In: Die Denkmalpflege 75 (2017), H. 1, S. 46 f.

(2) Ein Kristall, verborgen in neuer Sachlichkeit, Die Entdeckung und Sanierung von Haus Buchthal in Berlin, Ausstellungskat. Berlin 2016, S. 11 f.

(3) Die Rahmung war beim Umbau Ernst Ludwig Freuds verschalt worden und konnte bei der Restaurierung 2015-16 freigelegt werden. Vgl. Ein Kristall, verborgen in neuer Sachlichkeit, Die Entdeckung und Sanierung von Haus Buchthal in Berlin, Ausstellungskat. Berlin 2016, Abb. S. 22, S. 27 f.

Literatur:

  • BusB IV C 1975 / Seite Obj. 1804
  • Bauwelt 15 (1924) / Seite 137-138
  • Moderne Villen und Landhäuser, 1925 / Seite 80 f.
  • Brüder Luckhardt und Alfons Anker, 1990 / Seite 10-11, 34-36, 146-147, 194-195 (mit weiteren Literaturangaben); Kat.-Nr. 23

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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