Denkmaldatenbank

Bewag-Abspannwerk

Obj.-Dok.-Nr. 09096308
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Charlottenburg
Adressen Leibnizstraße 65
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Abspannwerk
Datierung 1928-1929
Umbau 1951-1953
Entwurf Müller, Hans Heinrich (Architekt)
---
Ausführung AG für Bauausführungen
Entwurf Bewag, Abt. B,H Hochbau
Ausführung Siemens Bauunion GmbH
Bauherr Bewag (Berliner Städtische Elektrizitätswerke)
Bauherr Berliner Kraft- und Licht-AG (Bewag)

Unmittelbar südlich der Stadtbahn hat sich an der Ecke Niebuhrstraße mit dem ehemaligen Abspannwerk Leibniz, Leibnizstraße 65, das 1928-29 nach Entwurf von Hans Heinrich Müller für die Berliner Elektrizitätswerke (BEWAG) errichtet und 1951-53 um den nördlichen Bauteil an der Leibnizstraße erweitert wurde, ein bedeutendes Zeugnis der Berliner Industriegeschichte erhalten. (1) Das markante, mit roten Klinkern verblendete Gebäude, in dem bis 1984 technische Einrichtungen für Abspannung und Verteilung von Kraftwerkstrom untergebracht waren, wurde 1997-2001 unter Bewahrung des äußeren Erscheinungsbildes sowie der inneren Raumstruktur in ein Bürogebäude verwandelt. (2) Ursprünglich bestand der Dreiflügelbau aus einem kürzeren Flügel an der Niebuhrstraße und zwei gleich langen, parallel zur Leibnizstraße, an die der etwas niedrigere, durch einen erhöhten Treppenhausrisalit abgesetzte Erweiterungsbau mit nur geringfügig veränderter Detailgestaltung angefügt wurde. Hans Heinrich Müller, 1924-33 Leiter des Baubüros der BEWAG, prägte mit seinen etwa 40 Bauten für die Stromversorgung das Stadtbild der neuen Stadtgemeinde Groß-Berlin. Dabei gestaltete er die zumeist mit Klinkern verblendeten Stahlskelettbauten, die aufgrund ihrer Innenstadtlagen einen städtebaulich sensiblen Entwurf erforderten, deutlich individueller als beispielsweise Richard Brademann, der etwa zeitgleich die Gebäude für die Stromversorgung der Stadtbahn als Typenbauten schuf. (3) An der Leibnizstraße reagierte Müller auf die Umgebung einer geschlossenen Wohnbebauung sowohl durch Anpassung an die Traufhöhe als auch mit einer sechsgeschossigen Lochfassade, die nicht der Aufteilung im Inneren entspricht. (4) Bei der Gestaltung der Fassaden setzte Müller allein auf die Wirkung der glatten roten Ziegelwände, die durch schlichte Stahlrahmenfenster lebhaft gegliedert sind. Der gleichmäßigen Reihung von Rechteckfenstern an der Niebuhrstraße sind an der Leibnizstraße unterschiedliche Formate entgegengesetzt: Hier rhythmisieren zwei Reihen kleiner Quadratfenster die Fassade; an den beiden obersten Geschossen markieren vier schmale Fenster über den Eingangstüren die Lage der ehemaligen Schaltzentrale. Die elegant abgerundeten Gebäudeecken sind durch schmale senkrechte Fensterbänder für die runden Treppenhäuser dahinter betont, das abgeschrägte, weit vorkragende Kranzgesims ist aus versetzt angeordneten zahnschnittartigen Ziegelreihen gebildet und korrespondiert mit dem schmalen, ebenfalls leicht abgeschrägten Sockel.


(1) Der Stahlbau 2 (1929), S. 47-48; Berliner Stahl-Hochbauten, 1936, S. 106; Die Baugilde 20 (1938), S. 205, 207, 211; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 615, Abb. 802; 100 Berliner Bauten der Weimarer Republik 1977, S. 12; Kahlfeldt, Paul: Hans Heinrich Müller 1979-1951, Berliner Industriebauten, Basel/Berlin/Boston 1992, S. 78, 83, 85 f.; Köble, Rainer/Krüger, Hans Chr.: Vom Abspannwerk zum MetaHaus. In: Elektropolis Berlin, Historische Bauten der Stromverteilung, hrsg. v. der Bewag Aktiengesellschaft, Berlin o. J. (1999), S. 67-77; Kahlfeldt, Paul: Die Logik der Form, Berliner Backsteinbauten von Hans Heinrich Müller, Berlin 2004, S. 130, 134 f.; Elektropolis Berlin, Architektur- und Denkmalführer, hrsg. v. Thorsten Dame, Berlin 2014, S. 264 f. Müllers Entwurf sah vor, an den ersten Bauabschnitt von 1928 einen identisch gestalteten Bauteil spiegelbildlich anzufügen, sodass eine symmetrisch gegliederte Fassade mit den beiden Türen und den Fenstern der Schaltzentral in der Mittelachse entstanden wäre, wurde aber nicht ausgeführt. Vgl. Kahlfeldt, Paul: Hans Heinrich Müller 1979-1951, Berliner Industriebauten, Basel/Berlin/Boston 1992, Abb. S. 83.

(2) Das "MetaHaus" ist seit 2001 Sitz der Agentur MetaDesign. Nach der Stilllegung des Abspannwerks waren die technischen Installationen bis auf einen Laufkran und die Schaltzentrale entfernt worden. Beim Umbau durch die Architekten Paul und Petra Kahlfeldt blieben die Außenfassaden inklusive der Fenster- und Türöffnungen sowie die Gebäudestruktur mit unterschiedlichen Geschosshöhen und Treppenhäusern erhalten, der interne Lichthof wurde überdacht und die Schaltzentrale als Sitzungssaal bewahrt. Vgl. Elektropolis Berlin 2014, S. 265.

(3) Dost, Susanne: Richard Brademann (1884-1965), Architekt der Berliner S-Bahn, Berlin 2002.

(4) Im Inneren waren die vollautomatischen technischen Einrichtungen auf 16 unterschiedlich hohen Ebenen in verschiedensten Raumtypen (Ölschalter- und Trafokammern, Phasenschieberhalle) untergebracht, die sich zum ehemals offenen Lichthof zwischen den beiden langen Flügeln öffneten.

Literatur:

  • Berliner Stahl-Hochbauten, 1936 / Seite 106
  • Der Stahlbau 2 (1929) / Seite 47-48
  • Die Baugilde 20 (1938) / Seite 205, 207, 211
  • 100 Berliner Bauten der Weimarer Republik, 1977

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

Verkehrsanbindungen