Denkmaldatenbank
Marmorhaus
09096303 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Charlottenburg |
Adressen | Kurfürstendamm 236 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Kino & Laden & Bürogebäude |
Datierung | 1912-1913 |
Umbau | 1927, 1950, 1972 |
Entwurf | Scheibner, R. & Pál, Hugo (Architekt) |
Entwurf | Schroedter, Franz |
Bauherr | Roth, Emil (Rechtsanwalt) |
Ausführung | Berliner Allgemeine Hochbaugesellschaft |
Mit dem an das ehemalige Haus Kaisereck anschließenden, 1912-13 nach Entwurf von Richard Scheibner und Hugo Pál errichteten Marmorhaus, Kurfürstendamm 236, ist eines der wenigen Zeugnisse für die frühe Kinogeschichte in der westlichen City erhalten. (1) Auch wenn hier seit 2001 keine Filme mehr gezeigt werden, verweist die ungewöhnliche Fassade mit dem fensterlosen Mittelerker im ersten und zweiten Obergeschoss, hinter dem sich der Kinosaal befand, noch auf die einstige Nutzung als Lichtspieltheater. Das Marmorhaus, das seinen Namen der edlen Fassadenverkleidung aus weißem Schlesischen Marmor verdankt, gehört zu den ältesten erhaltenen Kinobauten am Kurfürstendamm, die ausschließlich für diese Funktion erbaut wurden. (2) Ein Ladenlokal im Erdgeschoss und Büros in den beiden obersten Geschossen ergänzten die Einnahmen. Die damals spektakuläre Gestaltung von Fassade und Innenausstattung trug zum großen Erfolg beim verwöhnten Publikum vor dem Ersten Weltkrieg bei. Nach einer zweiten Blütezeit der Kinos am Kurfürstendamm in den 1950er Jahren nahm ihre Zahl bis zur Jahrtausendwende jedoch drastisch ab; heute sind von ehemals 22 Kinos nur noch zwei vorhanden. (3) Nach vielfältigen Veränderungen des Gebäudes schon in den 1920er Jahren, vor allem aber nach dem Zweiten Weltkrieg, ist heute im Inneren von Foyer und Kinosaal nichts mehr geblieben. (4) Die durch ionische Kolossalpilaster gegliederte Marmorfassade ist jedoch weitgehend original erhalten. Das ursprüngliche verglaste Walmdach, das im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach durch ein Ziegeldach ersetzt worden war, ist bei einem Ausbau für Wohnzwecke 2015 in alter Form wiederhergestellt worden. (5) Dabei blieb ein bemerkenswertes Konstruktionsdetail bewahrt: Für einen stützenfreien Kinosaal sind die Decken der drei Obergeschosse über dem Kinosaal von der eisernen Binderkonstruktion des Daches abgehängt. (6)
(1) Schliepmann, Hans: Lichtspieltheater, Eine Sammlung ausgeführter Kinohäuser in Gross-Berlin, Berlin 1914, S. 27-29, 77-82; Marmor-Kino-Theater am Kurfürstendamm. In: Berliner Architekturwelt 16 (1914), S. 295-298; Zucker, Paul: Theater und Lichtspielhäuser, Berlin 1926, S. 153-156; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 329 f., Abb. 390-394; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil V, Bd. A, Bauten für die Kunst, Berlin-München 1983, S. 159-160; Metzger, Karl-Heinz/Dunker, Ulrich: Der Kurfürstendamm, Leben und Mythos des Boulevards in 100 Jahren deutscher Geschichte, Berlin 1986; S. 88-89; Kinoarchitektur in Berlin 1995, S. 53-55; Von Haus zu Haus am Kurfürstendamm, Geschichte und Geschichten über Berlins ersten Boulevard, hrsg. v. Museum Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin, Berlin 2011, S. 234 f.
(2) Zunächst waren Kinosäle in vorhandene Gebäude eingebaut worden (z.B. 1911 im Metropol-Theater am Nollendorfplatz, 1912/13 Ufa-Palast am Zoo in die 1905-06 errichteten Ausstellunghallen). 1913 eröffneten die ersten eigenständigen Kinoneubauten im Neuen Westen: Cines-Palast am Nollendorfplatz, Union-Palast/später Filmbühne Wien, Kurfürstendamm 26.
(3) Kurfürstendamm 225 und 211. Vgl. Tilmann, Christina: Kinos auf dem Kurfürstendamm. In: Heimweh nach dem Kurfürstendamm, Geschichte, Gegenwart und Perspektiven des Berliner Boulevards, hrsg. v. Michael Zajonz und Sven Kuhrau, Petersberg 2009, S. 99-109.
(4) 1949-50 Instandsetzung nach Kriegsschäden von Günter Heidecke und Gerhard Fritsche, 1972-76 Einbau von weiteren drei Kinosälen in den beiden obersten Geschossen und im Keller von Wolfgang Rasper, 1997-98 umfassende Sanierungen, 2015 Dachgeschoss-Ausbau, 2019-20 Umbau aller vier Geschosse für einen neuen Gewerbemieter.
(5) Das verglaste Dachgeschoss wurde seinerzeit von einem Foto- und Filmatelier genutzt. Abb. in: Zucker, Paul: Theater und Lichtspielhäuser, Berlin 1926, S. 154. Beim 2015 fertig gestellten Ausbau des Dachgeschosses zu zwei Luxuswohnungen (je 225 qm) durch Baumgarten Simon Architekten wurde "unter weitestgehender Bewahrung des Bestandes" ein vollständig neuer Aufbau aus Stahlträgern mit großflächig verglasten Dachflächen errichtet. Vgl. www.baumgartensimon.de/architektur/marmorhaus.html
(6) Schmülling, D.: Drei Stockwerke an einem eisernen Dachstuhl aufgehängt. In: Bauwelt 3 (1912), Nr. 52, S. 12.
Literatur:
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 329 f.
- Schmülling, D./ Drei Stockwerke an einem eisernen Dachstuhlaufgehängt in Bauwelt 3 (1912) 52 / Seite 12
- Schliepmann, Hans/ Lichtspieltheater, Berlin 1914 / Seite 27-29, 77-82
- N.N./ Marmor-Kino-Theater am Kurfürstendamm in BerlinerArchitekturwelt 16 (1914) / Seite 295-298
- Zucker, Paul/ Theater und Lichtspielhäuser, Berlin 1926 / Seite 153-156
- BusB V A 1983 / Seite 159-160
- Metzger, Dunker/ Der Kurfürstendamm, 1986 / Seite 88-89 (Abb.)
- Kinoarchitektur in Berlin 1895-1995, hrsg. v. Sylvaine Hänsel und Angelika Schmitt, Berlin 1995 / Seite 53-55
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Juliane Stamm
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