Denkmaldatenbank

"Ufa-Pavillon"

Obj.-Dok.-Nr. 09096300
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Charlottenburg
Adressen Kurfürstendamm 225
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Mietshaus & Läden & Kino
Datierung 1895-1896
Umbau 1912-1914, 1926, 1926-1927, 1928, 1951-1952
Entwurf & Ausführung Ziechmann, H. C. (Maurermeister)
Entwurf Seeling, Richard Sigbert & Guttmann, Ludwig (Architekt)
Entwurf Seeling, Richard Sigbert & Guttmann, Ludwig (Architekt)
Entwurf Wollenberg, Adolf (Architekt)
Entwurf Fritsche, Gerhard (Architekt)
Bauherr Ziechmann, H. C. (Maurermeister)
Bauherr Seeling, Richard Sigbert & Guttmann, Ludwig (Architekt)
Ausführung Müller und Mattheus

Am Kurfürstendamm schließt unmittelbar an das Allianz-Areal ein großes Geschäftshaus an, dessen glatte, hell verputzte Fassade mit einer zweigeschossigen, Travertin verkleideten Sockelzone nicht vermuten lässt, dass es sich hier um zwei ehemals herrschaftliche Wohnhäuser der ersten Bebauungsphase handelt: Das Mietshaus Kurfürstendamm 226, wurde 1891-92 vom Maurermeister Heinrich Ellrott bereits mit Läden im Erdgeschoss entworfen und ausgeführt, das Mietshaus Kurfürstendamm 225 1895-96 vom Maurermeister H. C. Ziechmann. (1) Ihr heutiges Erscheinungsbild geht auf eine wechselvolle Bau- und Nutzungsgeschichte zurück, die im Zusammenhang mit der Entwicklung des Kurfürstendamms vom Wohngebiet zum Geschäfts- und Vergnügungszentrum stand. Der Einbau einer Gaststätte 1914, die Neugestaltung der beiden unteren Geschosse in den 1920er Jahren und der spektakuläre Umbau zu einem der ersten Kinos nach dem Krieg Anfang der 1950er Jahre sind bis heute an den Gebäuden ablesbar. Vor allem der ehemalige Ufa-Palast (später Filmpalast, heute Astor Film Lounge) ist ein bedeutendes Zeugnis für die lebendige Kinolandschaft am damals noch von Ruinen gesäumten Kurfürstendamm, die kurz nach der Berlin-Blockade Ausdruck für den Überlebenswillen der Bevölkerung war.

Ab 1911 waren beide Häuser im Besitz der Architekten Ludwig Guttmann und Siegbert Seelig, die bei Umbaumaßnahmen 1912-14 die Erdgeschosse und ersten Obergeschosse zusammenfassten und in Ladenlokale und das Restaurant "Berliner Kindl-Bräu" verwandelten. (2) In den drei Obergeschossen wurden aus opulenten Wohnungen mit ehemals bis zu elf Zimmern Büroräume. Die elegant-sachliche Verkleidung der Sockelzone mit Travertin geht jedoch auf einen Umbau 1926-27 von Adolf Wollenberg zurück, als im Haus Kurfürstendamm 226 auch das westliche, bis heute erhaltene Ladenlokal für eine Apotheke mit messinggefassten, zum zurückgesetzten Eingang eingebogenen Schaufenstern entstand. An die Gestaltung der 1920er Jahre schloss der junge Architekt Gerhard Fritsche an, als er 1951-52 in einen Saal im Quergebäude des Hauses Kurfürstendamm 225, der seit 1948 für Filmvorführungen genutzt wurde, ein aufwendig gestaltetes Kino einbaute. (3) Es war das erste von zahlreichen Lichtspieltheatern, die Fritsche ab 1951 in Berlin schuf, und belegt zugleich sein großes Geschick, neue Lösungen für diese Bauaufgabe zu finden. (4) Die abwechslungsreiche Raumfolge, die er in die vorhandene Bausubstanz einfügte, besteht aus einem schmalen Eingang an der Straße mit halbrundem Vordach, der mit einer in die Tiefe führenden Neonbeleuchtung die Aufmerksamkeit auf sich zieht und den Besucher über einen gewundenen, mit Travertin verkleideten Gang, in dem auch die Kinokasse untergebracht ist, in den 1957 ebenfalls von Fritsche überdachten Innenhof geleitet. Von hier sind das Foyer und der Kinosaal, der mit flach gewölbter, muschelförmiger Rabitz-Decke und einem effektvollen Einsatz von indirektem Licht an die dynamische Kinoarchitektur der 1920er Jahre erinnert, zugänglich. Nach einer behutsamen Instandsetzung 2008 ist das Kino trotz neuer Bestuhlung und Technik weitgehend unverändert erhalten.


(1) Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 339 f., 566; Von Haus zu Haus am Kurfürstendamm, Geschichte und Geschichten über Berlins ersten Boulevard, hrsg. v. Museum Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin, Berlin 2011, S. 222 f. In der Literatur werden für das Haus Kurfürstendamm 225 als Architekten Paul Lewy und Richard S. Seelig genannt. Laut Bauakte zeichnete der Maurermeister H.C. Ziechmann jedoch als Bauherr sowie für Entwurf und Ausführung verantwortlich. In einem Bericht der Bauauskunftstelle von 1913 über die beiden Käufer Ludwig Guttmann und Siegbert Seelig (in der Bauakte Kurfürstendamm 226) wird das Alter der beiden mit 34 bzw. 28 Jahren angegeben. Demnach kommt Siegbert Seelig (geb. 1885) als Architekt des Hauses im Jahr 1895 nicht in Frage, da er damals erst 10 Jahre alt war. (BA Charlottenburg-Wilmersdorf, Bauaktenarchiv)

(2) Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil VIII, Bauten für Handel und Gewerbe, Bd. B, Gastgewerbe, Berlin 1980, S. 111.

(3) 1927-28 war im Quergebäude des Hauses Kurfürstendamm 225 durch Paul Lewy die Küche des Kindl-Bräus zu einem Festsaal umgebaut worden, der mit Wandbildern des Malers Max Slevogt dekoriert war. Der so genannte Slevogt-Saal wurde im Krieg stark beschädigt. (Vgl. Kunst und Künstler, 27 (1929), S. 366-369; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 566, Abb. 765-768.) In den Saal wurde 1948 das "Kino im Kindl" (KiKi) nach Plänen von E.H.J. Kuhnert eingerichtet. Vgl. Zechlin, H.J.: Lichtspieltheater, Das KiKi-Kino am Kurfürstendamm. In: Neue Bauwelt 1952, H. 5, S. 17-19; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil V, Bd. A, Bauten für die Kunst, Berlin-München 1983, S. 202; Huse 1989, S. 214 f.; Kinoarchitektur in Berlin 1995, S. 44; Von Haus zu Haus am Kurfürstendamm 2011, S. 222 f.; Baukunst der Nachkriegsmoderne, Architekturführer Berlin 1949-1979, hrsg. v. Adrian von Buttlar, Kerstin Wittmann-Englert, Gabi Dolff-Bonekämper, Berlin 2013, S. 75 f.

(4) Gerhard Fritsche (1916-1965) führte von 1951 bis 1961 ein eigenes Büro und schuf in dieser Zeit allein 17 Kinobauten sowie mehrere Geschäftshäuser. Bereits 1950 hatte er die Ladeneinrichtung für das Rosenthal-Studio im Haus Kurfürstendamm 226 ausgeführt. Vgl. www.gerhard-fritsche.de

Literatur:

  • Verloren - gefährdet - geschützt, Berlin 1988 / Seite 214-215
  • Zechlin, H. J.: Lichtspieltheater. I, Das KiKi-Kino am Kurfürstendamm. Architekt, Gerhard Fritsche, Berlinin: Neue Bauwelt 7 (1952) 5 / Seite 17-19
  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 339-340
  • BusB V A 1983 / Seite 202
  • BusB VIII B 1980 / Seite 111

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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