Denkmaldatenbank
Einküchenhaus
09096280 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Charlottenburg |
Adressen | Kuno-Fischer-Straße 13 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Einküchenhaus & Mietshaus |
Datierung | 1908 |
Entwurf | Jähler, Curt (Architekt) |
Entwurf | Schneider, H. (Architekt) |
Bauherr | Großmann, Max G. & Koch, Paul Robert |
Zu den frühen Beispielen der Bebauung am Lietzensee gehört das ehemalige Einküchenhaus Kuno-Fischer-Straße 13, das 1908 nach Entwürfen von Curt Jähler und H. Schneider (Fassade) erbaut wurde. (1) Es war das erste in Berlin ausgeführte Beispiel dieses Haustyps, in dem mit zentralen Service-Einrichtungen neue Formen urbaner Lebensführung erprobt werden sollten. (2) Auftraggeber war die privatwirtschaftliche Zentralstelle für Einküchenhäuser GmbH, die mit Zwei- bis Fünfzimmerwohnungen sowohl Familien, in der beide Elternteile arbeiteten, wie auch allein stehende, berufstätige Frauen ansprechen wollte. (3) Neben solchen emanzipatorischen Aspekten bot das Einküchenhaus auch die Annehmlichkeit einer Villa mit Bediensteten mitten in der Großstadt. Das kostspielige Konzept ging jedoch nicht auf und bald kam es zum Einbau von privaten Küchen in den Wohnungen. Seitdem wird das Gebäude, das noch dem zeittypischen Schema eines fünfgeschossigen Mietshauses mit zwei Seitenflügeln und Quergebäude folgt, als normales Mehrfamilienwohnhaus genutzt.
Während an den Fassaden, deren Dekor auf wenige, wie appliziert wirkende Stuckornamente reduziert und die durch die kleinteilige Sprossung der Fenster sowie durch Erker und Loggien wirkungsvoll gestaltet sind, das ursprüngliche Baukonzept nicht erkennbar ist, zeigen die Wohnungsgrundrissen die Besonderheit des Hauses: Je ein Treppenhaus in den vier Flügeln des Hauses erschließt jeweils zwei Wohnungen, die alle über Loggia oder Balkon verfügten. Jedoch auch die kleineren Wohnungen in den Seitenflügeln hatten jede ein Zimmer zur Straße und/oder zum See, was nur durch den Wegfall aller Küchen im Haus möglich war. Die Gleichbehandlung der rückwärtigen Hausteile, die auch in den aufwendig dekorierten Eingängen im Hofbereich deutlich wird, sowie die allen Hausbewohnern offen stehenden Flächen - der Garten am Seeufer und ursprünglich eine Dachterrasse auf dem Quergebäude (4) - verdeutlicht ebenfalls den Unterschied des Einküchenhauses zu zeitgleichen Mietshäusern.
(1) Das erste Einküchenhaus in Groß-Berlin. In: Charlottenburger Zeitung Neue Zeit, 39 (1908), Nr. 232, 2. Oktober 1908; Uhlig, Günther: Kollektivmodell "Einküchenhaus" (Werkbund-Archiv 6), Gießen 1981, S. 154; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IV, Wohnungsbau, Bd. B, Die Wohngebäude, Mehrfamilienhäuser, Berlin-München-Düsseldorf 1974, S. 60 f., 288-290, 314 f. (zu den Einküchenhäusern von Gessner und Muthesius); Posener, Julius: Berlin auf dem Weg zu einer neuen Architektur, das Zeitalter Wilhelms II., München 1979, S. 335 f. (zu den Einküchenhäusern von Gessner und Muthesius); Mühlestein, Erwin: Das andere Neue Wohnen, Ausstellungskat. Museum für Gestaltung Zürich, Berlin 1986, S. 7-18, bes. 9-10 (Einküchenhaus allgemein); Terlinden, Ulla/von Oertzen, Susanna: Die Wohnungsfrage ist Frauensache! Frauenbewegung und Wohnreform 1870 bis 1933, Berlin 2006, S. 151 f.
(2) Der Begriff Einküchenhaus bezeichnet ein Mietshaus, in dem - hierin einem Boardinghouse nicht unähnlich - eine Reihe der im Haushalt anfallenden Arbeiten, darunter die Zubereitung der Mahlzeiten, aus der Wohnung hinaus in zentrale Service-Einrichtungen verlagert wurden. Die einzelnen Wohnungen wurden über Speiseaufzüge beliefert, aus dem Menu der Zentralküche wählten die Bewohner am Tag zuvor aus. Das Einküchenhaus war nicht als vergesellschaftete Form des Wohnens gedacht, etwa im Sinne einer genossenschaftlichen Anlage, die ihre Wohnanlagen häufig mit Räumlichkeiten zur Zentralisierung der Hauswirtschaft, etwa Waschhäusern, ausstatteten.
(3) Das Unternehmen baute weitere Einküchenhäuser in Friedenau nach Entwurf von Albert Gessner (1909-12, Wilhelmshöher Straße 17-20) und in Steglitz von Hermann Muthesius (1908-09, Unter den Eichen 53, Reichensteiner Weg 2), die im Gegensatz zu dem am Lietzensee als freistehende Bauten konzipiert waren.
(4) Heute sind die Dachgeschosse alle ausgebaut. Zu den ursprünglichen Gemeinschaftseinrichtungen gehörten auch ein Fahrradkeller, die Zentralküche im Erdgeschoss des linken Seitenflügels, Speiseaufzüge, die Zentralwäscherei im Keller.
Literatur:
- N.N./ Das erste Einküchenhaus in Groß-Berlin in
Charlottenburger Zeitung Neue Zeit vom 2. Oktober 1908 / Seite 1 - Uhlig/ Kollektivmodell "Einküchenhaus", Werkbund-Archiv Nr.6, Giessen 1981 / Seite 154
- BusB IV B 1974 / Seite 60-61, 288-290, 314-315
- Posener/ Berlin auf dem Wege, 1979Mühlestein/ Das andere Neue Wohnen, Katalog des Museums fürGestaltung Zürich/Kunstgewerbemuseum, Zürich 1986 / Seite 9-10
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem
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