Denkmaldatenbank

Remise und Wohnhaus für Angestellte der Villa d'Avance

Obj.-Dok.-Nr. 09096270
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Westend
Adressen Kranzallee 8, 10
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Remise & Wohnhaus
Datierung 1923-1924
Entwurf Rosenthal, Harry (Architekt)
Ausführung Gause und Paetzold (Baugeschäft)

Westlich der Lyckallee folgt nach einem gekurvten Straßenverlauf die Kranzallee als Verlängerung der zentralen Erschließungsachse des Wohngebietes südlich der Heerstraße. Sie verläuft entlang einiger weitläufiger, früher mit Villen bebauter Grundstücke und war zunächst nur spärlich von den Nebengebäuden der herrschaftlichen Anwesen gesäumt. Über Kriegszerstörungen, Abbrüche und Parzellenteilungen ist ihr einstiger Charakter inzwischen weitgehend verloren und lediglich die Baugruppe von Remise und Chauffeurhaus der Villa d'Avance, Kranzallee 8/10 vermag noch einen Eindruck der früheren Bebauung zu vermitteln. (1) 1922-23 wurde nördlich der Baugruppe für den Bankier George D'Avance eine Villa in Formen des Neoklassizismus errichtet, wobei der Entwurf von Konrad Lehmann stammte. Harry Rosenthal (2) war mit der Ausführung des Gebäudes betraut und zeichnete auch für Veränderungen im Inneren verantwortlich, die vom ursprünglichen Entwurfskonzept abwichen. Noch vor Vollendung der Villa wurde die Genehmigung für das erhaltene Wirtschaftsgebäude an der Kranzallee, nun nach Entwurf von Harry Rosenthal, beantragt. Der 1923-24 von dem Baugeschäft Gause & Paetzold ausgeführte Baukomplex umfasst die westlich gelegenen Remise und das über einen kurzen Verbindungstrakt östlich anschließende Wohnhaus. Leicht zueinander versetzt, sind die Bauten gestalterisch jeweils eigenständig hervorgehoben und zweigeschossig, aufgrund der Geländetopografie zum Garten lediglich eingeschossig angelegt. Hohe am Fuß ausschwingende Walmdächer mit Fledermausgauben schließen die Putzbauten ab. Auffallend ist die geböschte Erdgeschossfassade der Remise mit einem Bogengang, der sich über sechs Arkaden zum Vorhof öffnet. Das Erdgeschoss nahm zwei Garagen, Pferdeboxen und Wirtschaftsräumen auf, während in der oberen Etage zwei Bedienstetenwohnungen untergebracht waren. Eine breite, heute jedoch veränderte Terrasse ist dem östlichen Chauffeurhaus, das zudem die Mutter und Schwiegermutter des Bauherren bewohnten, vorgelegt. Seine Straßenansicht dominiert die Rundbogennische des Hauseinganges, (3) die formal das Arkadenmotiv der Remise wiederholt. Auch die breiten Fensteröffnungen mit kleinteilig gesprossten Flügeln und Läden sowie die durchgehenden Sohlgesimse sind beiden, vom Bauherren als "Drachenburg" (4) bezeichneten Bauten gemein. Rosenthal strebte für sein erstes eigenständig geplantes Projekt über wiederkehrende Gestaltungselemente trotz des vielgliedrigen Grund- und Aufrisses eine einheitliche Erscheinung an. Die Villa verblieb jedoch nur kurze Zeit im Besitz des Bankiers D'Avance, der sich verspekulierte und die Immobilie abstoßen musste. Sie überstand den Zweiten Weltkrieg und sollte 1964 in mehrere Wohnungen unterteilt werden. Aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte jedoch schließlich der Abbruch, (5) weshalb heute einzig die Nebengebäude vom herrschaftlichen Anspruch ihres Erbauers zeugen.


(1) Landesarchiv F Rep. 270, Nr. 4926; Bauakten BWA-Charlottenburg, Kranzallee 8-10, Band 1-2 und Heerstraße 91, Band 1; Claus, Silvia, Harry Rosenthal (1892-1966), Architekt und Designer in Deutschland, Palästina, Grossbritannien, Zürich 2006, S. 36-40, S. 207.

(2) Harry Rosenthal, 1892-1966, Architekturstudium an der Technischen Universität München u.a. bei Theodor Fischer und nach Kriegsunterbrechung bis 1919 an der Technischen Hochschule Charlottenburg, zunächst Mitarbeit in den Büros Hans Poelzig und Bruno Taut, ab 1922 eigenständig für mehrere gehobene Wohnhäuser in Berlin und Umgebung verantwortlich, 1933 Emigration nach Palästina, 1939 nach London.

(3) Trotz des auffallenden Architekturmotives der Rundbogennische mit Hauseingang zur Kranzallee ist der Haupteingang des Hauses zur Gartenseite orientiert.

(4) Claus, Silvia: Harry Rosenthal (1892-1966), Architekt und Designer in Deutschland, Palästina, Grossbritannien, Zürich 2006, S. 40.

(5) Bauakten BWA-Charlottenburg, Heerstraße 91, Band 1, fol. 211-226.

Literatur:

  • Heinze-Greenberg, Ita, Erich Mendelsohn in
    Baumeister, Architekten, Stadtplaner, 1987 / Seite 494 f., 505
  • Tendenzen der Zwanziger Jahre, 1977 / Seite B 55 (Kurzbiographie), Nr. 2/983 u. 2/984

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Landesdenkmalamt Berlin
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