Denkmaldatenbank
Kant-Garagenpalast
09096238 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Charlottenburg |
Adressen | Kantstraße 126, 127 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Parkhaus & Garage & Hochgarage |
Entwurf | 1929 |
Datierung | 1930 |
Entwurf | Zweigenthal, Hermann & Paulick, Richard (Architekt) |
Bauherr | Serlin, Louis (Ingenieur & Kaufmann) |
Entwurf | Lohmüller, Korschelt und Renker (Architekt) |
Ausführung | Kell und Löser (AG für Hoch- und Tiefbau) |
Der Kant-Garagenpalast, Kantstraße 126-127, wurde 1929-30 als erste Hochgarage Berlins errichtet. (1) Bauherr war der Ingenieur und Kaufmann Louis Serlin, für Entwurf und Ausführung waren das auf Garagenbauten spezialisierte Büro Lohmüller, Korschelt & Renker sowie die jungen Architekten Hermann Zweigenthal und Richard Paulick verantwortlich. (2) Fast 90 Jahre blieb das Gebäude in seiner ursprünglichen Form, Funktion und Ausstattung weitgehend erhalten, bis es 2019-22 zum Büro- und Geschäftshaus umgebaut wurde. Ebenfalls 2022 wurde auf dem Grundstücksteil Kantstraße 126, wo noch bis 1951 eine Villa von 1895 und danach ein Flachbau gestanden hatten, ein Hotelneubau eröffnet. Bei den Umbaumaßnahmen wurden zwar der sechsgeschossige Stahlbetonskelettbau mit einer spektakulären doppelläufigen Wendelrampe sowie zahlreiche Details der ehemaligen Garagennutzung bewahrt, die Glasfassaden an Vorder- und Rückseite des Gebäudes, die als erste Vorhangfassade ("curtain wall") in Berlin gelten, wurden jedoch mit einer Isolierverglasung erneuert. Trotzdem stellt der Kantgaragen-Palast ein bedeutendes Zeugnis für die Geschichte des Automobils in Berlin dar. Mit seiner innovativen Konstruktion und Gestaltung zeugt der Bau nicht nur von den technischen Entwicklungen am Anfang des 20. Jahrhunderts, sondern auch davon, dass der Besitz eines Automobils in dieser Zeit kostspielig und die Hochgarage ein neuartiges Gehäuse für das Luxusgut war. (3) Insbesondere in der reichen Stadt Charlottenburg, in der bereits ab 1906 für die stetig steigende Zahl an Autos, die damals zwingend einen Unterstellplatz benötigten, erste Gemeinschaftsgaragen gebaut wurden, konnte der "Garagenpalast" als ganz besonderer Ort für die Unterbringung, Wartung und Pflege der Fahrzeuge mit eigener Tankstelle und Aufenthaltsräumen für die Chauffeure entstehen.
Louis Serlin war durch amerikanische Vorbilder angeregt und vom Deutschen Auto-Club (DAC) unterstützt worden. Dieser brachte auch den jungen Architekten Hermann Zweigenthal ins Spiel, der die Entwurfsidee hatte, zwei getrennte, ineinandergreifende Wendelrampen für die Auf- und Abfahrt in die vier Obergeschosse mit den Parkplätzen zu schaffen. Sein ursprünglicher Plan sah die Rampenanlage im hinteren Teil des Gebäudes in der Mitte vor. Diese wurde jedoch aus Rücksicht auf die zu erhaltende Villa am westlichen Grundstücksrand nach Westen verschoben, sodass das Gebäude einen L-förmigen Grundriss erhielt. Durch die verglaste Fassade an der Rückseite ist die kühne und elegante Konstruktion der Rampen von außen sichtbar. Auch die als offene Spirale geplante Rampe ließ Serlin schließen, um mehr Platz für Parkboxen sowie für Waschplätze im Inneren zu schaffen. Von der ursprünglichen Ausstattung sind einzelne Exemplare der Parkboxen mit den damals neuartigen Rolltoren erhalten.
(1) BW 21 (1930), S. 1350 f., 1413 f.; Beton und Eisen 30 (1931), S. 10 ff.; db 65 (1931) H. 37/38, S. 226-228; Neuzeitlicher Verkehrsbau, Potsdam 1931, S. 184-186; Johannes, Heinz: Neues Bauen in Berlin, Berlin 1931, S. 28, Nr. 30; Die Form 7 (1932) H. 8, S. 251-254; Moderne europäische Großgaragen, in: Baumeister 29 (1931), S. 173; L'Architecture d'Aujourd'hui (1932/1933) 5, S. 42-44; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 583, Abb. 784; Rave, Rolf/Knöfel, Hans-Joachim: Bauen seit 1900 in Berlin, Berlin 1968, Obj. 35; Architektur-Experimente in Berlin und anderswo (für Julius Posener), hrsg. v. Sonja Günther und Dietrich Worbs, Berlin 1989, S. 28-29; Architekturführer Berlin 1989, Obj. 154; Gympel, Jan: Schrittmacher des Fortschritts - Opfer des Fortschritts? Bauten und Anlagen des Verkehrs, (Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, Bd. 60), Bonn 1999, S. 34; BW 95 (2004), H. 17, S. 14-19; Hartmann, René: Architektur der Automobile, Hochgaragen und Parkhäuser, Diss. TU Berlin, Berlin 2016; Stegers, Rudolf: Hermann Herrey, Leben und Werk 1904-1968, Basel 2018.
(2) Die Architekten Bruno Lohmüller, Oskar Korschelt und Jacob Renker hatten bereits andere Garagenbauten in Berlin errichtet, kamen bei der Planung für Serlin jedoch nicht zu einem Ergebnis. Der DAC hatte zu diesem Zeitpunkt Hermann Zweigenthal, der an der TU bei Hans Poelzig studierte, mit einer Studie für ein Parksystem in Berlin beauftragt und schlug ihn als Architekten vor. Zweigenthal bat seinen Studienfreund Richard Paulick um Hilfe und so kam es zur Zusammenarbeit von Lohmüller, Korschelt & Renker mit Zweigenthal und Paulick. Der 1904 in Wien geborene Hermann Zweigenthal musste 1933 emigrieren und starb in den USA 1968 als Hermann Herrey. Vgl. Stegers, Rudolf: Hermann Herrey, Leben und Werk 1904-1968, Basel 2018, S. 69-77.
(3) Die Zahl der Automobile stieg in Berlin von 9.000 im Jahr 1914 auf 97.000 im Jahr 1929. Die Kosten für einen Garagenplatz waren etwa so hoch wie für eine Zweizimmerwohnung. Vgl. Haas, Micaela/ Kloke, Ines: Stadt auf Rädern, Das Auto in der Geschichte der Metropole, Berlin 1993, S. 8-13; Katzke, Thomas: Die Entwicklungsgeschichte der Kant-Garage. In: Baukammer Berlin 4/2013, S. 46-48; Engel, Helmut: Das Auto, Geburt eines Phänomens, eine Berliner Geschichte, Berlin 2000, S. 92-95. Als Vorbild für die Doppelspirale der Wendelrampe wurde auf das französische Loire-Schloss Chambord verwiesen. Vgl. Stegers, Rudolf: Hermann Herrey, Leben und Werk 1904-1968, Basel 2018, S. 74 f.
Literatur:
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 583
- Bauwelt 21 (1930) / Seite 1350 f., 1413 f.
- Beton und Eisen 30 (1931) / Seite 10 ff.
- Deutsche Bauzeitung 65 (1931) / Seite 226-228
- Neuzeitlicher Verkehrsbau, Potsdam 1931 / Seite 184-186
- Die Form 7 (1932) / Seite 251 ff.
- Johannes: Neues Bauen, 1931 / Seite 28; Nr. 30
- Moderne europäische Großgaragen, in: Baumeister 29 (1931) / Seite 173 f.
- Lorenz, Werner; May, Roland; Staroste, Hubert: Ingenieurbauführer Berlin, Petersberg 2020 / Seite 260f.
Kontakt
Juliane Stamm
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