Denkmaldatenbank

Theater des Westens und Delphi-Palast

Obj.-Dok.-Nr. 09096231,T
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Charlottenburg
Adressen Kantstraße 12, 12A

Fasanenstraße 82
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Theater & Tanzlokal & Terrasse & Garten

Als drittes Werk Bernhard Sehrings im Bereich der Kreuzung von Kant- und Fasanenstraße entstand 1895-96 sein markantestes Berliner Bauwerk, das Theater des Westens, Kantstraße 12-12A, Fasanenstraße 82. (1) Ebenfalls von Sehring wurde 1927-28 auf dem westlichen Teil des Grundstücks bis zur Fasanenstraße, auf dem von 1899 bis 1905 das erste Ausstellungsgebäude der Berliner Secession stand, der Delphi-Palast als Tanzcafé und Restaurant errichtet. Im Krieg stark zerstört, wurde dieser 1947-49 zum Delphi-Kino wiederaufgebaut. (2) Das heute als erfolgreiches Musical-Theater betriebene Theater des Westens, das den Zweiten Weltkrieg beinahe unbeschadet überstanden hatte, stellt mit einer für das wilhelminische Berlin typischen historistischen Architektur und einer wechselvollen Nutzungsgeschichte ein bedeutendes Zeugnis für die bauliche Entwicklung und die Theatergeschichte Charlottenburgs dar. Dagegen hatte der Delphi-Palast, der durch Bomben stark beschädigt war, erst nach dem Wiederaufbau und dem Umbau zu einem der größten Lichtspieltheater der Stadt, das auch für die Berlinale genutzt wurde, seine wichtigste Zeit. Beide Gebäude repräsentieren heute in einem großstädtischen Umfeld, das vor allem von Neubauten der Nachkriegszeit geprägt ist, die Anfänge der Bebauung in diesem Teil Charlottenburgs.

Der mächtige Baukörper des Theaters erstreckt sich von der Eingangsfront an der Kantstraße bis zum Bühnenturm mit Nebengebäuden tief in das Innere des Baublocks. Das mit Stuckfassaden in neobarocken Formen reich geschmückte Zuschauergebäude steht in einem auffälligen Kontrast zum Bühnenhaus, das als mittelalterlicher Bergfried gestaltet ist. (3) Während dort Zinnen, Türme, Fachwerk und rote Ziegelwände eine gewachsene Burganlage vorgeben, ist der weiß gestrichene Kopfbau für Foyers und Zuschauerraum mit rustiziertem Sockel, mit Türmchen, Obelisken, Statuen, Säulen und Pilastern, Rundbogenfenstern und der selbstbewussten Inschrift des Architekten geschmückt. (4) Bei der Figurengruppe in der Mitte der Fassade zwischen den Eingangstüren handelt es sich um die Personifikationen der Schwesternstädte Berlin und Charlottenburg; die Frauenfigur mit dem Modell des Theaters auf dem Schoß ist unschwer als Charlottenburg identifizierbar.

Zum Bauprojekt gehörte ursprünglich das Grundstück Kantstraße 8-11, auf dem Sehring, der auch Besitzer und Bauherr war, ein großes Wohnhaus errichten ließ. Erst durch die Beleihung des Hauses kam das nötige Kapital für den Bau des Theaters zusammen, das mit 1.700 Plätzen damals zu den größten Theaterhäusern der Stadt gehörte und in den Anfangsjahren große finanzielle Schwierigkeiten hatte. An der Westseite, wo zwischen 1899 und 1905 das erste Ausstellungsgebäude der Berliner Secession gestanden hatte (5), errichtete Sehring 1927-28 das Tanz-Café Delphi-Palast. (6) Das multifunktionale Vergnügungslokal mit Tanzsaal, Café, Bar und Restaurant (7) wurde nach starken Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg 1947-49 durch die Architekten Brader & Buggenhagen äußerlich vereinfacht wiederhergestellt und innen zu einem der größten Kinos der Nachkriegszeit umgebaut. Das heutige Aussehen des Delphi-Palastes geht maßgeblich auf den Wiederaufbau sowie auf eine umfassende Sanierung 1998-99 zurück, als der Vorplatz mit steinernen Balustraden, Statuen und Lichtsäulen mit stilisierten goldenen Flammen im Zusammenhang mit dem Neubau des gegenüberliegenden Ludwig-Erhard-Hauses rekonstruiert wurde. Im Inneren des Gebäudes sind Details der Dekoration aus dem Ursprungsbau erhalten, wie der Tänzerinnen-Fries im Vorraum an der Fasanenstraße.


(1) Architekten-Verein zu Berlin u. Vereinigung Berliner Architekten (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Bd. II/III, Berlin 1896., S. 488, 507-509; Moderne Neubauten 3 (1896), Taf. 88; Deutsche Bauzeitung 30 (1896) 82, S. 519; Zentralblatt der Bauverwaltung 16 (1896), S. 453-455; Das Atelier (1896) 21, S. 1 f.; Der Bär 22 (1896), S. 579 f.; Blumenreich, Paul: Theater des Westens, Festschrift, Berlin 1896, S. 29, 160; Wiener Bauindustrie-Zeitung 14 (1897), S. 29-34 (Beilage zum 3. Juni), Taf. 59-62; Österreichische Wochenschrift für den öffentlichen Baudienst 3 (1897), S. 226 f., Taf. 28; Wiener Bauindustrie-Zeitung 17 (1900), S. 213, Taf. 52; Wiener Bauindustrie-Zeitung 18 (1901), S. 24, Taf. 100; Schweizerische Bauzeitung 44 (1904), S. 143; Weddigen, Otto: Geschichte der Theater Deutschlands, Bd. 1, Berlin 1904, S. 413-421; BAW 18 (1916), S. 83-85, Abb. 107 ff.; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 302-306, Abb. 339, 343; Zielske, Harald: Deutsche Theaterbauten bis zum Zweiten Weltkrieg (Schriften der Gesellschaft für Theatergeschichte Bd. 65), Berlin 1971, S. 39, 286; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil V, Bd. A, Bauten für die Kunst, Berlin-München 1983, S. 66 f., 110 f.; Sasse, Barbara: Das Theater des Westens. In: Geschichtslandschaft Charlottenburg 1985, Bd. 2, S. 357-377.

(2) Trümmerschutt und Bauteile des Tanzpalastes (Säulen und Skulpturen), die 1947 der Einfachheit halber im Vorgarten vergraben worden waren, wurden 1987 bei Sanierungsarbeiten wiederentdeckt. Vgl. www.delphi-filmpalast.de/kino/delphi-filmpalast/historie/

(3) Der Gebrauch mittelalterlicher Motive ist hier wohl nicht als Rückbezug auf das Mittelalter zu sehen, sondern die Hülle des Bühnenhauses wird selbst zur Kulisse im Stadtraum. Vgl. Sasse, Barbara: Das Theater des Westens. In: Geschichtslandschaft Berlin, Orte und Ereignisse, Bd. 1, hrsg. v. Helmut Engel, Stefi Jersch-Wenzel, Wilhelm Treue, Charlottenburg, Teil 2, Der neue Westen, Berlin 1985, S. 358.

(4) Die lateinische Inschrift an der Kantstraße verkündet, dass Bernhard Sehring dieses Haus 1896 zu Ehren der Kunst erbaut habe (Hanc domum artis colendae causa condidit Anno MDCCCLXXXXVI Bernhard Sehring).

(5) Das erste Ausstellungshaus der 1898 gegründeten Berliner Secession, einer Künstlervereinigung um Walter Leistikow, Max Liebermann und anderen, wurde 1898 nach Entwurf vor Hans Griesebach 1905 zog die Secession an den Kurfürstendamm. Vgl. Silbereisen, Gabriele: Die Berliner Secession, Kantstraße 12, später Kurfürstendamm 208/209. dann 232. In: Geschichtslandschaft Charlottenburg 1985, Bd. 2, S. 378-397.

(6) Kinotechnik (1950), S. 54 f.; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 335 f., Abb. 406 f.; BusB V A, S. 202; Lingenauber, Karl: Gartendenkmalpflege im städtebaulichen Kontext. In: Historische Gärten, Eine Standortsbestimmung (Beiträge der Denkmalpflege in Berlin, H. 18), Berlin 2003, S. 49-54, hier S. 53 f.; Kinoarchitektur in Berlin 1995, S. 41; Mesecke, Andrea: Zum städtebaulichen Ensemble von Bernhard Sehring in Berlin-Charlottenburg, 1889-1927. In: Architectura, Zeitschrift für Geschichte der Baukunst 29 (1999) 2, S. 191-209. hier bes. S. 208 f.

(7) Betreiber des Lokals war Sehring selbst. Dem Etablissement war kein Erfolg beschieden, sodass er es nach mehreren Betreiberwechseln 1938 verkaufte.

Teilobjekt Theater des Westens

Teil-Nr. 09096231,T,001
Sachbegriff Theater
Datierung 1895-1896
Entwurf Sehring, Bernhard (Baumeister)
Bauherr Sehring, Bernhard (Baumeister)
Adressen Kantstraße 12

Literatur:

  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 302-306
  • Berliner Architekturwelt 18 (1916) / Seite 83-85
  • Hessling, Hausthüren und Thore I, 1900 / Seite 213
  • Wiener Bauindustrie-Zeitung 17 (1900) / Seite 24 (Sondernummer zum 1. Juli)
  • Wiener Bauindustrie-Zeitung 18 (1901) / Seite 29-34 (Beilage zum 3. Juni)
  • Wiener Bauindustrie-Zeitung 14 (1897) / Seite 226f.
  • Moderne Neubauten 3 (1896) / Seite 68, 110
  • Österreichische Wochenschrift für den öffentlichen Baudienst 3 (1897) / Seite 143
  • BusB V A 1983 / Seite 519
  • Schweizerische Bauzeitung 44 (1904) / Seite 453-455
  • Deutsche Bauzeitung 30 (1896) 82 / Seite 1 f.
  • Zentralblatt der Bauverwaltung 16 (1896) / Seite 579 f.
  • Das Atelier (1896) 21 / Seite 29, 160
  • Der Bär 22 (1896) / Seite 413-421
  • Blumenreich, Paul: Theater des Westens, Festschrift, Berlin 1896 / Seite 39, 286
  • Weddigen, Otto: Geschichte der Theater Deutschlands, Bd. 1, Berlin 1904 / Seite 488, 507-509
  • Zielske / Seite 357-377
  • BusB II/III 1896
  • Sasse, Barbara: Das Theater des Westens =Geschichtslandschaft, Charlottenburg 2, 1985

Teilobjekt Delphi-Palast

Teil-Nr. 09096231,T,002
Sachbegriff Tanzlokal & Terrasse & Garten
Datierung 1927-1928
Umbau 1949
Entwurf Sehring, Bernhard (Architekt)
Entwurf & Ausführung Brader, H.
Entwurf & Ausführung Buggenhagen, A.
Bauherr Sehring, Bernhard
Adressen Kantstraße 12A

Fasanenstraße 82

Literatur:

  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 335 f.
  • BusB V A 1983 / Seite 202
  • Historische Gärten. Eine Standortsbestimmung, Berlin 2003 Kinotechnik (1950) / Seite .
  • Kinotechnik (1950) / Seite 54 f.

Teilobjekt Delphie-Terrassen, Theater- und Konzertgarten

Teil-Nr. 09096231,T,003
Sachbegriff Terrasse & Garten
Datierung 1896, 1927-1928
Umbau nach 1947, 1998
Entwurf Sehring, Bernhard (Architekt)

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Landesdenkmalamt Berlin
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