Denkmaldatenbank

Wohnhaus Heerstraße 86 Flatowallee 1, 3

Obj.-Dok.-Nr. 09096200
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Westend
Adressen Heerstraße 86

Flatowallee 1, 3
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus
Datierung 1922-1923
Umbau 1927, 1930
Entwurf Zamojski, Stephan von & Iwan, Heinrich (Architekt)
Bauherr Cassavi, Albert D. (Kaufmann)
Entwurf Heidenreich und Michel (Architekt)
Entwurf Ernst Gerhardt (Baugeschäft)

Auf einem Plateau oberhalb des Straßenniveaus liegt die 1922-23 nach Plänen von Stephan von Zamojski und Heinrich Iwan für den Kaufmann Albert Cassavi erbaute Villa Heerstraße 86 und beherrscht den Kreuzungsbereich zur Flatowallee. (1) Über eine vorgelegte Terrasse und einen halbkreisförmig auf den Straßenraum ausgerichteten Freisitz ist der von der Baufirma Fritz Hackbarth ausgeführte Putzbau geschickt in die Hangtopografie integriert. Mit ihrer fünfachsigen Längsseite liegt die zweigeschossige Villa zur Flatowallee und besitzt neben einem deutlich zurückgesetzten Obergeschoss ein markantes Walmdach. Die Symmetrie ihrer mit rundbogigen Erd- und rechteckigen Obergeschossfenstern gegliederten Fassaden wird über angesetzte Bauglieder malerisch gebrochen: So zieht um die Gebäudeecke an der Kreuzung eine Loggia mit toskanischen Säulen. Im Norden liegt ein halbrunder Wintergarten mit Kuppeldach und an der südwestlichen Gebäudeecke ist ein Standerker über polygonalem Grundriss ausgebildet. Plastisch betonte Gurt- und Traufgesimse unterstreichen den lagernden Charakter des eigenwilligen Wohnhauses. Seine gediegen in neoklassizistischen Formen gestalteten Fassaden wirken heute durch die kräftige Farbfassung in Weiß und Bordeauxrot überzeichnet. Von der Heerstraße überwindet eine repräsentative Treppe die steile Böschung und führt zur Westfassade mit dem Hauseingang. Das hohe Souterrain ist teilweise als Vollgeschoss ausgebildet und enthielt neben der Garage auch eine Bedienstetenwohnung. Darüber anschließend zeichnet eine zentrale Diele mit Zeltgewölbe und Treppe zur oberen Etage das großzügige Erdgeschoss aus. Im Westen war eine Garderobe angelegt, während im Süden und Osten das Herrenzimmer, der Salon mit Loggia und das Speisezimmer mit dem Wintergarten anschlossen. Die Küche lag von den mit Stuckdekorationen in Formen des Art déco ausgestatteten Repräsentationsräumen separiert im Nordwesten. Auch im Obergeschoss waren die Schlafräumen, Büro und Bad um eine zentrale Diele organisiert. Zudem bestand eine steile Stiege zum Dachgeschoss mit einem weiteren Bedienstetenzimmer. Heute sind das Souterrain und die beiden Vollgeschosse jeweils als eigenständige Wohnungen ausgebildet. Bereits 1925 ging das herrschaftliche Anwesen in den Besitz des Ingenieurs Gabriel Becker über, (2) was in den Folgejahren mehrere Umbauten bedingte. 1927 wurde der polygonal gebrochene Standerker zunächst eingeschossig angefügt (3) und 1930 um ein Geschoss erhöht. (4) 1935 erfolgte schließlich eine Kellererweiterung im Norden unterhalb des Wintergartens nach Plänen von Theodor Golz. (5) Trotz der Veränderungen und der Errichtung eines dreieinhalbgeschossigen Wohnhauses im direkten Umfeld der Villa (6) dokumentiert sie noch heute eindrücklich den Wohnstandard der Berliner Oberschicht auch noch nach den wirtschaftlichen Einbußen in Folge des Ersten Weltkrieges.


(1) Bauakten BWA-Charlottenburg, Heerstraße 86, Band 1-9; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 448.

(2) Bauakte BWA-Charlottenburg, Heerstraße 86, Band 1, fol. 60.

(3) Ausführung: Baugeschäft Schmidt & Co. Bauakte BWA-Charlottenburg, Heerstraße 86, Band 1, fol. 61 ff.

(4) Ausführung: Ernst Gerhardt. Bauakte BWA-Charlottenburg, Heerstraße 86, Band 1, fol. 82 f.

(5) Bauakte BWA-Charlottenburg, Heerstraße 86, Band 1, fol. 100 f.

(6) Das Wohnhaus wurde 1990 erbaut. Bauakte BWA-Charlottenburg, Heerstraße 86, Band 3.

Literatur:

  • Schaefer, Paul, Das vielseitige Schaffen der Architekten B.D.A. Heinrich Iwan und St. v. Zamojski, Berlin in Neue Baukunst 2 (1926) 13 / Seite 1-2, 17-18 (3 Abb.)
  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 448, 682
  • Schubert, Beate, Guter Rat/ Im Westen am besten nichts neues in Berliner Morgenpost / Seite 11.03.1979; S. 10 (Abb.)

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

Verkehrsanbindungen