Denkmaldatenbank

Künstlerhaus St. Lukas

Obj.-Dok.-Nr. 09096149
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Charlottenburg
Adressen Fasanenstraße 13
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Mietshaus & Ateliergebäude
Datierung 1889-1890
Entwurf Sehring, Bernhard (Architekt)
Bauherr Sehring, Bernhard (Architekt)

Im unmittelbaren Umfeld der Kreuzung von Kantstraße und Fasanenstraße gab es bis zum Zweiten Weltkrieg sieben Bauwerke, die alle nach Entwurf des Architekten Bernhard Sehring und - mit einer Ausnahme in den 1920er Jahren - alle zwischen 1889 und 1897 entstanden sind. (1) Von diesen wurden zwei im Krieg zerstört, eins stark verändert, vier sind erhalten. Bernhard Sehring, der zum Teil selbst als Bauherr auftrat, hatte sich in den 1880er Jahren als junger Architekt in Berlin mit Wettbewerbsentwürfen und Preisen einen Namen gemacht. Noch ohne größere Bauerfahrung, zeigte er 1889 das richtige Gespür, als er ein Grundstück an der Stadtbahn erwarb und als erstes Bauprojekt ein Wohn- und Atelierhaus für sich selbst und andere Künstler errichtete. Hier in Charlottenburg, in der gerade aufstrebenden, zunächst aber noch weitgehend unbebauten Gegend zwischen Technischer Hochschule (1879-84), Bahnhof Zoologischer Garten (1884 eröffnet) und Kurfürstendamm (Baubeginn ab 1889) schuf er mit dem 1889-90 erbauten Künstlerhaus St. Lukas, Fasanenstraße 13, einen Treffpunkt für Künstler und Kunstinteressierte und zugleich ein Aufsehen erregendes Gebäude, um für sich als Baumeister zu werben und wichtige Kontakte zu knüpfen. (2) In den nachfolgenden Jahren baute Sehring in unmittelbarer Nähe zu seinem Wohnsitz vier weitere Mietshäuser sowie sein Hauptwerk, das Theater des Westens. Bis heute fällt das Künstlerhaus St. Lukas, das sich als Dreiflügelanlage um einen malerisch gestalteten Innenhof entlang der Stadtbahntrasse erstreckt, durch seine fantasievolle, von mittelalterlichen Burgen inspirierte Backsteinarchitektur auf und wird seit 130 Jahren beinahe unverändert als Künstlerhaus genutzt. (3) Mit einer überbordenden Fülle an Ausstattungsdetails und einer einst immensen Zahl an Kunstobjekten, die Sehring von seinen Studienreisen nach Italien und Tirol mitgebracht hatte, stellt das Gebäude darüber hinaus ein einzigartiges Gesamtkunstwerk des kaiserzeitlichen Historismus in Berlin dar. (4) Das fünfgeschossige Mietshaus mit zwei Seitenflügeln war eines der ersten dieses Bautyps in dem bis in die 1890er Jahre von lockerer Villenbebauung und Gärten bestimmten Gebiet südlich der Hardenbergstraße. Die Vier- und Fünfzimmerwohnungen verfügten jeweils über einen Atelierraum, darüber hinaus gab es Gemeinschaftsräume und eine öffentliche Künstlerkneipe im Erdgeschoss. Gestalterischer Höhepunkt im Inneren ist das Treppenhaus mit der vollständig aus Kunstsandstein gefertigten und mit Wappen, Inschriften und gotischen Details überreich geschmückten Treppe. Hier sind die meisten der erhaltenen Kunstwerke zu finden: Gemälde, Plastiken und Kunstgewerbe, die von Sehrings Sammelleidenschaft zeugen. Das Äußere des Hauses zeigt sich an der Fassade zur Fasanenstraße als eine kreative Kombination unterschiedlicher Baustile: Für Dachaufbauten, Balkone, Turm und Zinnen stand die Burgenarchitektur Pate. Das Portal mit Rustika, Putten und schmiedeeisernem Gitter, die Bären mit dem Wappen Sehrings, die lagernden Löwinnen, das Lukas-Relief oder die Pferdeschädel unter der Traufkante sind Gestaltungselemente, die der italienischen Renaissance entstammen. Im Innenhof setzt sich die originelle Komposition fort: Türmchen, Erker, Rundbögen und Säulen, Fachwerk und unterschiedliche Fensterformate mit steinerner Rahmung gliedern die roten Ziegelwände, die von Skulpturen, Schrifttafeln und Kletterpflanzen bedeckt sind. Der nach Südwesten offene Hof war ursprünglich verbunden mit den Höfen zwei weiterer Mietshäuser, die Sehring für den Bankier Eduard Husemann errichtet hat. (5)


(1) Zwei weitere Bauten, das Wohn- und Atelierhaus Lietzenburger Straße 79/81 (1891-92) und die Villa Hofmeister, Hagenstraße 37 (1892), wurden im Krieg zerstört. Bernhard Sehring (1855-1941) wurde in Sachsen-Anhalt geboren, studierte in Braunschweig und ab 1875 in Berlin an der Bauakademie. Zu seinen bedeutendsten Werken gehören neben dem Theater des Westens die Stadttheater in Bielefeld, Düsseldorf, Halberstadt und Cottbus sowie die Stadthalle in Görlitz. In Berlin entstanden zahlreiche Wohn- und Geschäftshäuser. Vgl. Berndt, Ralph: Bernhard Sehring, Ein Privatarchitekt und Theaterbaumeister des Wilhelminischen Zeitalters, Leben und Werk, Diss. BTU Cottbus 1998; Bröcker, Nicola: Das Künstlerhaus St. Lukas, Wunderkammer an der Berliner Stadtbahn, Berlin 2015, S. 32-37.

(2) Baugewerkszeitung 23 (1891), S. 89; F.: Berliner Neubauten 55, Das "Künstlerhaus zum St. Lukas" in Charlottenburg, Fasanenstr. 11. In: DBZ 25 (1891) 63, S. 377-379, Taf. vor 377; Der Bau (1891), S. 678; Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 8 (1891), S. 5 f.; Der Bär 17 (1891), S. 676 f.; Architekten-Verein zu Berlin u. Vereinigung Berliner Architekten (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Bd. II/III, Berlin 1896, S. 261 f.; Gundlach, Wilhelm: Geschichte der Stadt Charlottenburg, Bd. 1, Berlin 1905, S. 563 (Abb. des Gartenhofes); BAW 18 (1916) 3, S. 84-85, Abb. S. 90 f.; Kunstrundschau 49 (1941) 12, S. 203; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 418, Abb. 532; Worbs 1990, S. 78; Mesecke, Andrea: Zum städtebaulichen Ensemble von Bernhard Sehring in Berlin-Charlottenburg, 1889-1927. In: Architectura, Zeitschrift für Geschichte der Baukunst 29 (1999), S. 191-209.

(3) Ein Reliefbild des Evangelisten Lukas als Maler in Renaissancetracht an der Straßenfront verweist darauf, dass Lukas, zu dem der Stier als Attribut gehört, seit dem Mittelalter als Patron der Maler galt.

Dies geht zurück auf die Legende, dass Lukas Maria mit dem Kind porträtiert habe. (4) Bröcker, Nicola: Das Künstlerhaus St. Lukas, Wunderkammer an der Berliner Stadtbahn, Berlin 2015, S. 14-27.

(5) Siehe Kantstraße 153. Das Haus Uhlandstraße 188 wurde im Krieg zerstört.

Literatur:

  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 418 (Textbd.)
  • Berliner Architekturwelt 18 (1916) / Seite 84, 90 f.
  • Baugewerks-Zeitung 23 (1891) / Seite 89
  • Deutsche Bauzeitung 25 (1891) 63 / Seite 377-379
  • BusB II/III 1896 / Seite 261 f.
  • Der Bau (1891) / Seite 678
  • Gundlach I, 1905 / Seite 563 (Abb. des Gartenhofes)
  • Kunstrundschau 49 (1941) 12 / Seite 203
  • Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 8 (1891) / Seite 5f. (Besichtigung)
  • Der Bär 17 (1891) / Seite 676, 677

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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