Denkmaldatenbank
Studentenwohnheim der Ev. Studentengemeinde an der Technischen Universität Berlin
09096134 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Westend |
Adressen | Dauerwaldweg 1 |
Denkmalart | Gesamtanlage |
Sachbegriff | Studentenwohnheim |
Datierung | 1960 |
Entwurf | Lehrecke, Peter (Architekt) |
Am südöstlichen Rand der Siedlung Eichkamp stand bis in die 1950er Jahre hinein die Ruine des beliebten Ausflugslokals Film-Schloss, das aus einem 1913 eröffneten Tattersall hervorgegangen war. Auf dem weiträumigen Areal zwischen Falterweg und Eichkampstraße entstand 1959-60 das Studentenwohnheim der Evangelischen Studentengemeinde an der Technischen Universität Berlin, Dauerwaldweg 1. (1) Das von Peter Lehrecke (2) entworfene Wohnheim verwirklichte lehrbuchartig damalige hochschulpolitische Reformziele, die nicht zuletzt eine Folge der ansteigenden Studentenzahlen in den 1950er Jahren waren. Man sah "den Charakter der Hochschule als Bildungsstätte (...) durch diese Massenuniversität gefährdet. Diese Gefahr (sollte) durch den Versuch, die Studenten wieder in kleinere, lebendige Gemeinschaften zurückzugliedern, begegnet" werden. (3) Lehrecke gelang es, den Reformbestrebungen ein stimmiges architektonisches Bild zu geben mit dem Ziel, "durch die Zuordnung der Gebäude zu Außenräumen und Platzbildungen von menschlich bemessenen Proportionen zu gelangen". (4) Dafür schuf er eine streng axialsymmetrische Anlage mit neun ein- bis zweigeschossigen Pavillons, die sich um einen Wohnhof gruppieren, der Platz für eine Sitzgruppe, Wasserbecken, Bäume und Rasenflächen bot. (5) Beiderseits der Mittelachse legte er je vier L-förmige Wohnzeilen mit begrünten Höfen dazwischen an für jeweils bis zu 16 Studenten, die eine Wohngruppe bilden. (6) In den eingeschossigen Vorbauten zum Innenhof befinden sich geräumige Teeküchen, die Lehrecke für ein studentisches Gemeinschaftsleben innerhalb der Häuser als Hauptaufenthaltsräume konzipierte. Den nördlichen Hofabschluss bildet ein riegelartiger Bau mit acht Apartments für Studentenehepaare, damals ein Novum. Dem Hauptgebäude mit Halle, Mensa und Versammlungssaal beim Eingang am Dauerwaldweg war bis zu seinem Abbruch für einen Erweiterungsbau das Hausmeisterhaus angegliedert. (7) Alle flach gedeckten, würfelförmigen Gebäude zeichnet ein reduzierter, geometrischer Formenkanon aus, wie er für Lehreckes Architektur charakteristisch ist. Die hellen asymmetrisch versetzten Kuben mit großen, weiß gerahmten Fenstern und gliedernden, blaugrau und rostbraun gestrichenen Rechtecken erinnern an das Neue Bauen der 1920er und Anfang der 1930er Jahre, wie es sich zum Beispiel in den Meisterhäusern von Walter Gropius manifestiert. Hinzu kommen "klare, am Bauwerk ablesbare Konstruktionsprinzipien" (8), die das Studentenwohnheim zu einem wichtigen Werk der Nachkriegsmoderne machen. Bereits 1960 würdigte das Deutsche Studentenwerk den herausragenden Entwurf mit einem ersten Preis. (9)
(1) BW 50 (1959), S. 1488, 1512-1515; Architekturwettbewerbe, Sonderheft Studentenwohnheime, hrsg. v. Jürgen Joedicke, Stuttgart 1960, S. 12 f.; Baukunst und Werkform 13 (1960), S. 694; Deutsche Bauzeitschrift 10 (1962), S. 1179-1182; Fengler, Max: Heime, Studenten- Berufstätigen und Altenheime, Stuttgart 1963, S.56-59; Rave, Rolf/Knöfel, Hans-Joachim: Bauen seit 1900 in Berlin, Berlin 1968, Nr. 169; 5 Jahre Studentenwohnheim der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg. Berlin 1965; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil VII, Bd. B, Sozialbauten, Berlin 2003, S. 220 f., 335. Die Bestandsgebäude werden seit 2016 sukzessive saniert. Mit dem Bau eines Erweiterungsgebäudes wurde 2017 begonnen.
(2) Siehe Lärchenweg 33.
(3) Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil VII, Bd. B, Sozialbauten, Berlin 2003, S. 220.
(4) BW 50 (1959), S. 1488.
(5) Das Wasserbecken wird heute als Pflanztrog genutzt. Bis zur Übernahme 1985 der Anlage durch das Berliner Studentenwerk befand sich im Zentrum als integraler Bestandteil des Entwurfs von Lehrecke die Plastik König David von Waldemar Otto. Nur noch der leere Betonsockel ist hier erhalten. Die Plastik befindet sich heute im Innenhof des Hauses des Ev. Konsistoriums, Berlin-Friedrichshain, Georgenkirchstraße 70.
(6) Sie besitzen alle den gleichen Grundriss. In den winkelförmigen Kopfbauten liegt jeweils die Teeküche, daneben zwei zum Platz hin orientierte Zimmer für variable Verwendungszwecke, etwa als Atelier oder Musikzimmer. Von der Treppenhalle aus wird die einbündige Anlage mit sechs weiteren Zimmern und Sanitärräumen am Ende des Flurs erschlossen.
(7) Der 2017-18 errichtete Erweiterungsbau ist ein Entwurf von Jakob Lehrecke, der nach dem Tode des Vaters das Büro weiterführt. Der Entwurf orientiert an den Entwurfsprinzipien von Peter Lehrecke. (8) Wittmann-Englert, Kerstin: Peter Lehrecke 1924-2010. In: Kunst und Kirche (74) 2011, S. 74.
(9) Die Bestandsgebäude wurden seit 2016 sukzessive saniert.
Literatur:
- Rave, Knöfel/ Bauen seit 1900, 1968 / Seite Obj. 169
- Studentenwohnheime. Architekturwettbewerbe, Sonderheft, Stuttgart 1960 / Seite 12f.
- Berlin. Chronik der Jahre 1959-1960, Berlin o.J. / Seite 679
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem
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