Denkmaldatenbank
U-Bahnhof Ruhleben
09096124 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Westend |
Adressen | Charlottenburger Chaussee 15, 17 |
Denkmalart | Baudenkmal |
Sachbegriff | Bahnhof (U) |
Datierung | 1928-1929 |
Entwurf | Grenander, Alfred Frederik Elias (Architekt) |
Ausführung | Philipp Holzmann AG (Baugesellschaft) |
Bauherr | Berliner Nord-Süd-Bahn-AG |
Der Norden des Gebietes umfasst den südlichen Teil von Ruhleben, während der nördliche im Bezirk Spandau liegt. (1) In Charlottenburg setzte hier erst nach der Bildung von Groß-Berlin 1920 eine Siedlungstätigkeit vor allem mit Einfamilienhäusern ein. Das Gelände war ursprünglich forstfiskalischer Besitz im Gutsbezirk Ruhleben (2) und wurde bereits 1832 für militärische Zwecke genutzt, so für die Erprobung von in Spandau gegossenen Geschützrohren. (3) Die stetige Erweiterung der fortifikatorischen Werke, vor allem die der Schießstände, verhinderte zunächst eine Erschließung mit Bauparzellen. Erst nach ihrer Aufgabe wurde 1921 ein Großteil des Areals vom Forstfiskus der Charlottenburger Baugenossenschaft überlassen, die die Anlage einer Kleinhaussiedlung für mittlere Beamte und Angestellte plante. Einen wesentlichen Anschub der baulichen Entwicklung brachte aber erst die Verlängerung der Stammlinie der U-Bahn nach Ruhleben über den Bahnhof Stadion, heute Olympiastadion, hinaus. Als Endpunkt der Dammstrecke entstand 1928-29 der U-Bahnhof Ruhleben, Charlottenburger Chaussee 15/17, an der Charlottenburger Chaussee. (4) Die heutige Haltestelle der Linie U2 entwarf Alfred Grenander, der von 1902-1930 einen Großteil der Berliner U-Bahnhöfe gestaltete. Für Grenander bestand hier erstmalig die Bauaufgabe, einen Dammbahnhof für den Berliner U-Bahnbau zu entwickeln. Darüber hinaus war ein hohes Fahrgastaufkommen zur benachbarten Trabrennbahn Ruhleben sowie nach Spandau über die hier haltende Straßenbahn zu bewältigen. Es entstand ein lang gestrecktes, großes Empfangsgebäude, das die Nutzungsanforderungen in einer sachlichen Form klar zum Ausdruck bringt. Hierbei lehnte sich Grenander mit einer in den Dammkörper geschobenen, von beiden Seiten zugänglichen Eingangshalle und einem von Stahlstützen mit Kragarmen überdachten Mittelbahnsteig, an die Vorortbahnhöfe der S-Bahn an. Für den immensen Fahrgastverkehr entstand ein mittig verbreiteter Bahnsteig, von dem zwei großzügig dimensionierte Treppenanlagen in die geräumige Empfangshalle führen, über die der Fahrgast zur Straßenbahn an der Charlottenburger Chaussee gelangten konnte. Geschickt sind um die Halle Diensträume und Läden gruppiert, die leider durch Einbauten ihren einstigen offenen Charakter etwas eingebüßt hat.
Alle Gebäudeteile des Eisenbetonbaues zeichnen eine Konstruktion und Material betonende, sachliche Formensprache aus, die auf jeglichen Schmuck verzichtet. So dominiert den Außenbau eine horizontale Betonung mit weit auskragenden hellen Stahlbetonplatten, die zwischen breiten vorgezogenen Klinkermauern gespannt sind. Es entsteht eine kubische Rahmenwirkung, die auf beiden Längsseiten die Eingangshalle schon von Weiten kenntlich macht. Die dynamische Linienführung, die die Schnelligkeit des modernen Großstadtverkehrs veranschaulicht, setzt sich fort im kurvigen Bahnsteigverlauf und der ihr folgenden Überdachung. Hier vermitteln kubische, mit weißen Keramikplatten verkleidete Bahnsteighäuschen, die auch die beiden Treppenabgänge einfassen, ein einheitliches geschlossenes Bild. Dies setzt sich in der geradezu nüchternen Gestaltung der Eingangshalle mit vier in den Raum gestellten Stützpfeilern fort, wobei die einstigen ebenfalls weißen Fliesen durch hellbeige Platten ausgetauscht und die transparente Raumwirkung durch Einbauten gestört sind. Mit seinem letzten, weitgehend erhaltenen Bahnhofsbau erlangte Alfred Grenander einen Höhepunkt in seinem Schaffen. "Noch nie vorher hatte (er) seine künstlerischen Fähigkeiten, sein fortschrittliches Denken und sein Empfinden für sachliche und funktionale Gestaltung so klar unter Beweis" (5) gestellt. (6)
(1) Recke, Otto: Zur Geschichte Ruhlebens. In: Brandenburgia 18 (1909/10), S. 110-115.
(2) Das Vorwerk Ruhleben wurde 1841 vom Domänenfiskus erworben und als eigener Gutsbezirk dem Amt Spandau unterstellt. Der Gutsbezirk wurde 1919 mit dem Gutsbezirk Heerstraße vereinigt und kam 1920 nach Groß-Berlin.
(3) Escher, Felix: Berlin und sein Umland, Zur Genese der Berliner Stadtlandschaft bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, Berlin 1985, S. 237.
(4) Eröffnungsschrift-Bahnverlängerungen, hrsg. v. BVG/Nord-Süd-Bahn AG, Berlin 1929, S. 10-13, 15 f.; Verkehrstechnik 47 (1930), S. 82 f.; ZBV 50 (1930), S. 117 f., 445-447; Die Fahrt 2 (1930), H. 1, S. 2 f., 4. f., 8; Möbius 1930; Gescheit, Hermann/Wittmann, Karl Otto: Neuzeitlicher Verkehrsbau, Potsdam 1931, S. 47-53; Bousset, Johannes: Die Berliner U-Bahn, Berlin 1935, S. 117 f., 190 f.; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 599 f.; Rave, Rolf/Knöfel, Hans-Joachim: Bauen seit 1900 in Berlin, Berlin 1968, Nr. 198; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil X, Bd. B (1), Städtischer Nahverkehr, Berlin-München-Düsseldorf 1979, S.72 f., 145 f.; Bohle-Heintzenberg, Sabine: Architektur der Berliner Hoch- und Untergrundbahn, Planungen, Entwürfe, Bauten bis 1930, Berlin 1980, S. 156-160; Fioretos, Aris (Hrsg.): Berlin über und unter der Erde, Alfred Grenander, die U-Bahn und die Kultur der Metropole, Ausstellungskat. Berlin 2006, S. 326 f.; Bongiorno, Biagia: Verkehrsdenkmale in Berlin, Die Bahnhöfe der Berliner Hoch- und Untergrundbahn, Berlin 2007 (Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin 25), S. 71, 104; Brachmann, Christoph/Steigenberger, Thomas: Ein Schwede in Berlin, Der Architekt und Designer Alfred Grenander und die Berliner Architektur (1890-1914), Korb 2010, S. 496; Elektropolis Berlin, Architektur- und Denkmalführer, hrsg. v. Thorsten Dame, Berlin 2014, S. 333 f.
(5) Bohle-Heintzenberg 1980, S. 160
(6) 2010-11 erfolgten umfangreiche Arbeiten zur Grundinstandsetzung des Bahnhofs.
Literatur:
- Die Fahrt (1930) / Seite 5, 8, 14f.
- Verkehrstechnik (1930) / Seite 82f.
- Zentralblatt der Bauverwaltung 50 (1930) / Seite 117, 445-447
- Bousset/ Die Berliner U-Bahn, 1935 / Seite 120
- Eröffnungsschrift - Bahnverlängerungen, 1929 / Seite 10-13, 15f.
- Gescheit/Wittmann / Seite 47-53
- 50 Jahre Berliner U-Bahn / Seite 32
- Rave, Knöfel/ Bauen seit 1900, 1963 / Seite Nr. 33
- Rave, Knöfel/ Bauen seit 1900, 1968 / Seite Nr. 198
- Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 599f.
- BusB X B 1 1979 / Seite 72f., 146
- Bohle-Heintzenberg, Architektur der Hoch- und U-Bahn, 1980 / Seite 156, 157
Kontakt
Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem
- Tel.: (030) 90259-3653
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- E-Mail juliane.stamm@lda.berlin.de
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