Denkmaldatenbank

Haus August Beringer

Obj.-Dok.-Nr. 09096106
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Charlottenburg
Adressen Bismarckstraße 79, 80

Wilmersdorfer Straße 39
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Mietshaus & Läden
Datierung 1905-1907
Entwurf March, Otto (Architekt)
Bauherr Beringer, August (Ingenieur)
Ausführung Actien-Gesellschaft für Bauausführungen

Auf dem Grundstück Wilmersdorfer Straße 39, das sich weit in den Innenbereich des Baublocks zwischen Bismarck-, Rückert- und Schillerstraße hinein erstreckt, hatte der Ingenieur August Beringer 1899-1900 einen großzügigen Gebäudekomplex errichten lassen, der damals aus einem Verwaltungsgebäude an der Straße und einem Gewerbehof mit fünfgeschossigen Fabrikflügeln um drei ungleich große Innenhöfe bestand. Als Hauptmieter zog 1900 die Aron Elektricitätszähler-Fabrik GmbH ein, aber auch andere Firmen mieteten hier Räume an. (1) Nach Norden schloss sich zu diesem Zeitpunkt noch eine Reihe von älteren Mietshäusern an, die im Zuge des 1902 begonnenen Ausbaus der Bismarckstraße, wie alle Gebäude auf der Südseite der Straße, abgerissen wurden. Die schmalen Restgrundstücke zwischen Wilmersdorfer und Rückertstraße kaufte August Behringer und ließ 1905-06 nach Entwurf des Architekten Otto March ein lang gestrecktes Wohn- und Geschäftshaus mit einer repräsentativen Fassade zur neu gestalteten Bismarckstraße errichten. (2) Das Haus August Beringer, Bismarckstraße 79-80, wurde 2014-16 umfassend saniert und gehört zu einem Wohnhauskomplex mit Neubauten, die sich westlich und südlich bis zur Rückertstraße anschließen und fast den gesamten Baublock einnehmen. (3) Das seinerzeit viel beachtete Gebäude stellt mit seiner architektonischen Gestaltung und dem vom Bildhauer Hans Lehmann-Borges geschaffenen Sandsteindekor ein seltenes Zeugnis für die ursprüngliche Bebauung an dem 1906 eröffneten Prachtboulevard dar.

Die hell verputzte Straßenfassade des fünfgeschossigen Mauerwerksbaus mit hohem, nachträglich ausgebautem Walmdach wird durch Erker, Balkone und Loggien lebhaft gegliedert; das Erdgeschoss ist mit kräftigen Sandsteinbossen verkleidet, die bis zum ersten Obergeschoss reichen. Große Schaufenster für die Ladenlokale bestimmten ursprünglich das gesamte Sockelgeschoss, hier sind heute einige der erneuerten Fenster verkleinert. Der bildhauerische Schmuck - Figurengruppen und Reliefs - ist auf den oberen Abschluss der Erkerachsen, ein Gesims über dem dritten Obergeschoss sowie auf die beiden Eingänge an der Bismarckstraße konzentriert, die mit Sandsteinrahmungen und Löwenkopfkonsolen dekoriert sind. Das Dach war ursprünglich über den vier Achsen zwischen den Erkern wellenartig geschwungen, sodass die Traufe jeweils einen flachen Bogen wie über einer Fledermausgaube ausbildete; heute ist es mit zahlreichen Dachgauben und eingeschnittenen Balkonen erneuert, das wellenförmige Konsolgesims ist jedoch noch erkennbar. Die bereits zur Erbauungszeit mit Fahrstühlen und Dienstbotenaufgängen, Zentralheizung und Badezimmern komfortabel ausgestatteten Vier- bis Siebenzimmerwohnungen mit bis zu 272 Quadratmetern auf allen vier Wohnetagen sind in ihren Zuschnitten nach der Sanierung 2016 nur noch im ersten Obergeschoss weitgehend erhalten. (4)


(1) Der Physiker und Professor an der Artillerie- und Ingenieurschule Hermann Aron (1845-1913) hatte 1883 ein Gerät zum Zählen des Stromverbrauchs entwickelt und ab 1885 produziert. 1905 übernahm sein Sohn Manfred Aron (1884-1967) das Unternehmen, das neben den Stromzählern in den 1920er Jahren auch Radios unter dem Handelsnamen NORA (die Umkehrung des jüdischen Namens Aron) herstellte. Ab 1933 von den Repressionen des NS-Regimes betroffen, musste Manfred Aron - er wurde u.a. mehrfach verhaftet - dem Verkauf der Firma an die Deutsche Bank zustimmen. 1935 emigrierte er mit seiner Familie in die USA, die Deutsche Bank verkaufte die Aron Werke mit Gewinn an Siemens. Die nun Heliowatt Werke genannte Firma produzierte weiterhin Stromzähler, Radios und Zubehör, in der Wilmersdorfer Straße waren die Berliner Hauptverwaltung sowie Montage und Eichung der Zähler untergebracht. Vgl. Geschichtslandschaft Berlin, Orte und Ereignisse, Bd. 1, hrsg. v. Helmut Engel, Stefi Jersch-Wenzel, Wilhelm Treue, Charlottenburg, Teil 1, Die historische Stadt, Berlin 1986, S. 178-199; www.inzuam.wordpress.com/2015/10/29/nora-radios-zum-geburts tag-des-radios/

(2) Baumeister 5 (1907), S. 133 f.; BAW 9 (1907), S. 426 f.; 15 (1913), S. 73; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Text- u. Tafelband, Berlin 1961, S. 416, 644; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IV, Wohnungsbau, Bd. B, Die Wohngebäude, Mehrfamilienhäuser, Berlin-München-Düsseldorf 1974, S. 207-209, Nr. 669; Wörner, Martin/Mollenschott, Doris/Hüter, Karl-Heinz: Architekturführer Berlin, 5. Aufl. Berlin 1997, Nr. 204. Das Haus ist benannt nach dem Bauherrn August Beringer (geb. 1860), Sohn des Charlottenburger Chemikers und Unternehmers Christian August Beringer (1818-1881), der zunächst Betriebsleiter der Firma Gebr. Heyl & Co., Salzufer 8, war, 1852 auf einem von der Familie March erworbenen Gelände an der ehem. Sophienstraße eine Farbenfabrik gegründet hatte und 1864-70 Stadtrat von Charlottenburg war. Vgl. Geschichtslandschaft Charlottenburg 1986, Teil 1, S. 531 f.

(3) Carré Raimar, Bismarckstraße 78, Rückertstraße 8-12, mit ca. 220 Wohnungen, 2012-15 nach Entwurf der Büros Müller Reimann Architekten, Fuchshuber Architekten und Peter Homuth. Vgl. www.cg-gruppe.de/Standorte/Berlin/Carre-Raimar, www.fuchshuberarchitekten.de/projekte/carre-raimar/

(4) In den oberen Geschossen sind seitdem auch kleinere Wohnungen untergebracht. Vgl. www.cg-gruppe.de/Projekte/In-Ausfuehrung/Haus-August-Bering e

Literatur:

  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 416, 644
  • Baumeister 5 (1907) / Seite 133 f.
  • BusB IV B 1974 / Seite 207 ff., Nr. 669
  • Berliner Architekturwelt 9 (1907) / Seite 426f.
  • Berliner Architekturwelt 10 (1908) / Seite 369, 372
  • Berliner Architekturwelt 16 (1914) / Seite 5, 52, 54, 56, 156
  • Ribbe, Wolfgang ; Schäche, Wolfgang (Hg.) : Baumeister,Architekten, Stadtplaner. Biografien zur baulichenEntwicklung Berlins. Berlin 1987 / Seite 601-642
  • BusB IX 1971 / Seite 184
  • Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft I, 1930 / Seite 189
  • Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft II, 1931 / Seite 1271
  • Berliner Architekturwelt 15 (1913) / Seite 73

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Landesdenkmalamt Berlin
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