Denkmaldatenbank

Haus Klingenberg

Obj.-Dok.-Nr. 09096073
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Westend
Adressen Alemannenallee 6
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus
Entwurf 1922
Datierung 1923
Entwurf Klingenberg, Georg & Issel, Werner (Architekt)
Bauherr Klingenberg, Georg (Architekt)
Ausführung Held und Francke AG

Von der stilistischen Vielfalt im gehobenen Villenbau der 1920er-Jahre kündet der vergleichende Blick zwischen dem kubischen Doppelhaus von Erich Mendelsohn von 1921, einem Wegbereiter des Neuen Bauens, und dem wenig später, nämlich 1922-23 errichteten Wohnhaus Georg Klingenberg vis-à-vis, Alemannenallee 6. (1) Auf einer Tonschrifttafel am niedrigen Gebäudeflügel findet man den Hinweis, dass das anspruchsvolle, gediegene Wohnhaus von Klingenberg & Issel stammt. Die Architektengemeinschaft widmete sich in ihren Berliner Jahren hauptsächlich dem Bau von Kraftwerken und Stromverteilungsbauten. (2)

Bauherr des Landhauses war Georg Klingenberg (1870-1925), der ältere Bruder von Walter, der als Elektroingenieur seit 1902 das Ressort für Kraftwerksbau bei der AGE leitete und seinen Architektenbruder für den Hochbau engagierte. Im Team mit Werner Issel entwickelten die Brüder ihr Meisterstück, das Großkraftwerk Klingenberg an der Rummelsburger Bucht. 1921-22 entwarfen die beiden Architekten für sich sowie für Georg Klingenberg drei Wohnhäuser in Lichterfelde sowie in Neu-Westend - sie sind bedeutende Zeugnisse in ihrem Gesamtwerk.

Das mit roten Ziegeln verkleidete Landhaus in Neu-Westend ist städtebaulich wirkungsvoll ausgerichtet: Der zweigeschossige Hauptbaukörper bildet mit dem im rechten Winkel angefügten Flügelanbau einen zum Karolingerplatz hin orientierten, großzügigen Eingangs- beziehungsweise Gartenbereich. Das im Außenbau gut erhaltene Anwesen wirkt durch die ausgewogene Proportion und das durch weiße Anschieblinge weich ausschwingende Walmdach, das umlaufende Gurtgesims und seine Materialität gediegen und elegant. Die Fassaden des in einfacher Bauform gehaltenen Hauses sind sorgfältig gegliedert und gestaltet, die Fenster effektvoll gereiht, platziert und teils mit geradlinigem Gitterwerk versehen.

Den repräsentativen Charakter des Landhauses unterstreicht das kunsthandwerklich anspruchsvolle Reliefdekor in Muschelkalk: Es akzentuiert die Erdgeschosszone mit Pilastern, ionischen Kapitellen, Blattmotiven und Porträtköpfen (dahinter Halle und Eingang), die Fenster des Herrenzimmers an der Schmalseite sowie den Balkonerker an der Gartenseite.

Im Außenbau ist das Landhaus Klingenberg ein hervorragendes Beispiel für einen bürgerlichen Stil der Moderne, ebenso wie sie etwa Hermann Muthesius oder Friedrich Ostendorf gebaut beziehungsweise theoretisch propagiert haben. Einflüsse des englischen Landhausbaus sind hier ebenso ablesbar, wie Reminiszenzen an klassizistische und barocke Gestaltungsweisen. Das traditionell gegliederte Innere war auf die gehobenen Ansprüchen der vermögenden Bauherrnfamilie ausgerichtet: Im Erdgeschoss gruppierten sich rund um die Halle die Gesellschaftsräume, im Anbau lagen Küche und Hausmeisterwohnung, im Obergeschoss acht Zimmer und zwei Bäder. 1981-82 wurde das Landhaus in vier Wohneinheiten aufgeteilt und die Grundstückeinfriedung geschaffen.


(1) Bauwelt 14 (1923), S. 291; Deutsche Bauzeitung 58 (1924), S. 593-595, S. 597-599; Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Stadt und Bezirk Charlottenburg, bearb. von Irmgard Wirth, Textband u. Tafelband, Berlin 1961, S. 437; Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Berlin, bearb. v. Sibylle Badstübner-Gröger, Michael Bollé, Ralph Paschke u. a., 3. Aufl., durchgesehen u. ergänzt v. Michael Bollé, München-Berlin 2006, S. 242.

(2) Zu Klingenberg & Issel vgl. Dame, Thorsten: Walter Klingenberg und Werner Issel. In: Baumeister - Ingenieure - Gartenarchitekten, hrsg. v. Jessica Hänsel u. a., Berlin 2016, S. 343-352.

Literatur:

  • Inventar Charlottenburg, 1961 / Seite 437
  • Deutsche Bauzeitung 58 (1924) / Seite 593-595, 597-599
  • Bauwelt 14 (1923) / Seite 291

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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