Denkmaldatenbank

Haus Schmitt von Winterfeld

Obj.-Dok.-Nr. 09095336
Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf
Ortsteil Westend
Adressen Tannenbergallee 35
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Einfamilienhaus & Garage & Einfriedung
Datierung 1960-1961
Entwurf Ludwig, Eduard (Architekt)
Entwurf Rossow, Walter (Gartenarchitekt)
Bauherr Schmitt von Winterfeld, Elisabeth
Ausführung Neue Bauhütte

Auf dem Grundstück Tannenbergallee 35 liegt weit zurückgesetzt das 1960-61 nach Plänen von Eduard Ludwig (1) erbaute Haus Schmitt von Winterfeld. (2) Ausgeführt durch das Unternehmen "Neue Bauhütte Hoch u. Co" entstand für die Familie der Bildhauerin Elisabeth Schmitt von Winterfeld ein zweigeschossiges Einfamilienwohnhaus mit Einliegerwohnung. In seiner Gestaltung spiegeln sich auch 30 Jahre nach der Ausbildung Eduard Ludwigs am Dessauer Bauhaus Einflüsse seines Lehrers Ludwig Mies van der Rohe wider. (3) Am 28. Dezember 1960 verunglückte der Architekt jedoch tödlich, weshalb er die Fertigstellung seines letzten, noch selbst im Bau begleiteten Projektes nicht mehr erlebte. (4) Parallel zur Straße gelegen, ist die Hauptansicht des Gebäudes nach Süden zum Garten ausgebildet. Das Erdgeschoss mit gelblich variierenden Blendziegeln tritt umlaufend auf allen Seiten leicht gegenüber der hell verputzten Fassaden des Obergeschosses zurück. Zum Garten ist dem Eingang im Südwesten ein gedeckter Freisitz vorgeschaltet und zwei schlanke Stahlrohr-Rundstützen ständern in diesem Bereich das Obergeschoss auf. Den klaren Grund- und Aufriss des kubischen Gebäudes mit Flachdach lockern der Treppenrisalit im Norden und das durchgehende Fensterband der Südfassade auf. Eine Einliegerwohnung mit Wohnzimmer zum Garten und kleiner Schlafnische, Küche und Bad liegt im Osten des Erdgeschosses. Im Sinne eines Mehrgenerationenhauses bewohnte zunächst die Mutter der Bauherrin die Räume, bevor später ein Studio eingerichtet wurde. Zusätzlich besteht eine eigenständige Mädchenkammer mit WC westlich der Erdgeschossdiele. Das über eine zweiläufige Treppe im Norden erschlossene Obergeschoss mit der Wohnung für die Familie der Bauherrin charakterisieren hingegen fließende Übergänge zwischen den Räumen, die vor allem den Wohn-, Schlaf- und Arbeitsbereich als offene Wohnlandschaft definieren. Faltwände ermöglichen die temporäre Abgrenzung einzelner Raumeinheiten. Das breite Fensterband im Süden mit niedriger Brüstung inszeniert den Garten als Bühne und erlaubt zugleich eine gute Belichtung der Räume. Lediglich Küche und Bad sowie ein weiteres Arbeitszimmer sind als eigene Raumeinheiten riegelartig im Nordosten des Grundrisses eingeschoben. Auch das Kinderzimmer im Osten wird über eine Zwischenwand separiert. Die Garage an der Parzellengrenze und die Einfriedung wurden ebenfalls von Ludwig geplant, während der Garten mit altem Baumbestand vom kriegszerstörten Vorgängerbau übernommen und durch Walter Rossow sensibel umgestaltet wurde.


(1) Eduard Ludwig, 1906-60, 1928-32 Studium am Bauhaus in Dessau und Diplom bei Ludwig Mies van der Rohe, bekannteste Werke sind das Luftbrückendenkmal, Berlin-Tempelhof (1951), sowie fünf eingeschossigen Atriumhäuser Händelallee 26-34 im Hansaviertel (1957).

(2) Bauakten BWA-Charlottenburg, Tannenbergallee 35, Band 2-3; BW 52 (1961), H. 2, S. 51; Architektur und Wohnform 70 (1962), H. 7, S. 283-286; Rave, Rolf/Knöfel, Hans-Joachim: Bauen seit 1900 in Berlin, Berlin 1963, Nr. 51 (S. 60); Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IV, Wohnungsbau, Bd. C, Die Wohngebäude, Einfamilienhäuser; Berlin-München-Düsseldorf 1975, S. 261, Nr. 2002; Günther, Sonja: Die fünfziger Jahre, Innenarchitektur und Wohndesign, Stuttgart 1994, S. 40-41; Bauhaus-Archiv (Hrsg.): Bauhaus in Berlin, Bauten und Projekte, Berlin 1995, S. 124-125, 165, 174; Tharandt, Elisabeth: Eduard Ludwig. Bauhausstudent, Diplomand, Architekt, Schüler und Freund Ludwig Mies van der Rohes, in: Erfurth, Helmut/ Tharandt, Elisabeth: Ludwig Mies van der Rohe. Die Trinkhalle, sein einziger Bau in Dessau - Die Zusammenarbeit mit dem Bauhausstudenten Eduard Ludwig, Dessau 1995, S. 18-28; Bauhaus-Archiv (Hrsg.): Mehr als der bloße Zweck, Mies van der Rohe am Bauhaus 1930-33, Berlin 2001, S. 52.

(3) Vgl. Riley, Terence/Bergdoll, Berry: Mies in Berlin. Ludwig Mies van der Rohe. Die Berliner Jahre 1907-1938, München, London, New York 2001, S. 330-337.

(4) Noch nach dem Tod Eduard Ludwigs wurde bis 1963 die Martinus-Kirche in Berlin-Tegel nach seinen fertig ausgearbeiteten Plänen durch den befreundeten Architekten Karl Otto, damals Direktor der Hochschule für Bildende Künste, vollendet.

Literatur:

  • Lancelle/ Wohnhaus eines Graphikers in Berlin in
    Architektur und Wohnform 70 (1962) 7 / Seite 283-286
  • Rave, Knöfel/ Bauen seit 1900, 1963 / Seite Obj. 51
  • Rave, Knöfel/ Bauen seit 1900, 1968 / Seite Architektenverzeichnis (Erwähnung unter den Bauten Ludwigs)
  • BusB IV C 1975 / Seite 26
  • Günther/ Die fünfziger Jahre. Innenarchitektur und Wohndesign, Stuttgart 1994 / Seite 40-41
  • Bauhaus in Berlin. Bauten und Projekte, hrsg. v. Bauhaus-Archiv, Berlin 1995 / Seite 124-125, 165, 174
  • Tharandt/ Eduard Ludwig. Bauhausstudent, Diplomand, Architekt, Schüler und Freund Mies van der Rohes in
    Erfurth, H./Tharandt, E./ Ludwig Mies van der Rohe - DieTrinkhalle, sein einziger Bau in Dessau, Dessau 1995 / Seite 18-28 (Biographie E. Ludwig)
  • Mehr als der bloße Zweck - Mies van der Rohe am Bauhaus1930-1933, hrsg. v. Bauhaus-Archiv, Berlin 2001 / Seite 52 (Eduard Ludwig: Häusergruppe an der Havel, 1932)
  • Rossow/ Ein vorbildlich gestaltetes Einfamilienhaus.Vorbildliches im Berliner Stadtbild (29) in
    Tagesspiegel Nr. 5.465 v. 1. September 1963, / Seite 37
  • o.V./ Eduard Ludwig tödlich verunglückt in
    Bauwelt 52 (1961) 2 / Seite 51

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Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
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