Denkmaldatenbank
Industriepalast
09095169 | |
Bezirk | Friedrichshain-Kreuzberg |
Ortsteil | Friedrichshain |
Adressen | Warschauer Straße 39, 40, 41, 42, 43, 44 |
Denkmalart | Gesamtanlage |
Sachbegriff | Industrieanlage |
Datierung | 1906-1907 |
Entwurf | Schaudt, Johann Emil (Architekt) |
Bauherr | Schönner, Rudolf (Kommerzienrat) |
Ausführung | Boswau und Knauer (Baufirma) |
Um die Jahrhundertwende ließen Berliner Unternehmen in der Innenstadt verstärkt Etagenfabriken errichten. Diese wurden nicht immer von den Bauherren selbst genutzt, sondern waren häufig zur Vermietung an kleinere und mittlere Gewerbetreibende vorgesehen. Einen solchen Bautypus stellte der sich ursprünglich entlang der Warschauer Straße 34-44 erstreckende, ausgesprochen großstädtische Industriepalast dar, bei dem fünf Gebäude optisch zu einem Gesamtkomplex vereinigt sind. (1) Das Haus Nr. 41-42 wurde im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört, der Eckbau bei Umbaumaßnahmen in den Jahren 1992-93 entstellt. So zeugen heute nur die Gebäude Warschauer Straße 39-40 und 43-44 von dem einstigen Industriekomplex, den der bedeutende Berliner Architekt Emil Schaudt, auf dessen Planungen ebenfalls das Kaufhaus des Westens am Wittenbergplatz zurückgeht, im Auftrag des Kommerzienrates Rudolf Schönner entwarf. Die Ausführung der fünfgeschossigen Eisenskelettbauten übernahm 1906-07 das auf Industriearchitektur spezialisierte Büro Boswau & Knauer. Der Industriepalast wurde nach Fertigstellung etagenweise an Gerbereien, holzverarbeitende Betriebe und Elektrounternehmen wie die "Excelsior-Gasglühlicht"- bzw. "Auergesellschaft" vermietet.
Die Architektur des Industriepalastes war so ambivalent wie sein Name. Schaudt erfüllte sehr geschickt alle praktischen Anforderungen. Der Gebäudekomplex wies von Anfang an zwei große Durchfahrten auf, verfügte über Krananlagen und weiträumige, variabel nutzbare Hallen, bot optimale Lichtverhältnisse in den Arbeitsräumen sowie ideale Transportbedingungen mit unterirdischen Gleisen und enthielt zwei übereinander angeordnete Kellerzonen. An der Straßenseite veredelte Schaudt jedoch die sachlichen Backsteinbauten, die er in Traufhöhe, Geschoßaufteilung und durch vertikale Akzente (Risalite bzw. Erker) den benachbarten Mietshäusern anglich, und verlieh ihnen eine monumentale Wirkung: Die Erdgeschoßzone ist mit wuchtigen Rustikablöcken verkleidet, und eines der Gebäude hatte ursprünglich eine Muschelkalkfassade. (2) Der Industriepalast folgt dem zur Warschauer Brücke hin ansteigenden Straßenverlauf. An seiner höchsten Stelle gipfelt er in einem - ursprünglich im obersten Geschoß durch ovale Fensteröffnungen und Lisenen akzentuierten - Turm. (3)
(1) Vgl. Behrendt, S. 330-333; Gerlach; Osborn 1907, S. 474, 491 ff.; Osborn 1930.
(2) Das inzwischen veränderte Gebäude Warschauer Straße 38.
(3) 1992-1993 erfolgte ein entstellender Umbau des gesamtes Komplexes.
Literatur:
- Behrendt/ Der Industriepalast, in: Neudeutsche Bauzeitung 3 (1907) / Seite 330-333
- Gerlach: Boswau und Knauer AG, 1930 / Seite .
- Osborn, Max: Emil Schaudt, in: Moderne Bauformen 6 (1907) / Seite 491-493, 474
- Topographie Friedrichshain, 1996 / Seite 122
- Osborn, Max: Johann Emil Schaudt, Berlin 1930
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