Denkmaldatenbank
Wohnanlage am Scholzplatz
09085594 | |
Bezirk | Charlottenburg-Wilmersdorf |
Ortsteil | Westend |
Adressen | Heerstraße 131, 133, 135 Am Postfenn 3, 5, 7, 9, 11 Kranzallee 58, 60, 62 |
Denkmalart | Gesamtanlage |
Sachbegriff | Wohnanlage |
Datierung | 1967-1968 |
Entwurf | Schudnagies, Heinz (Architekt) |
Entwurf | Montag, Erwin & Druschke, Günter |
Ausführung | Gagfah (Wohnungsbaugesellschaft) |
Bauherr | Technische Universität Berlin & Stiftung Volkswagenwerk Hannover |
Am Scholzplatz verschwenkt die Heerstraße in westlicher Richtung deutlich nach Norden. Städtebaulich wandelt sich das Viertel von einem durchmischten, von kleinmaßstäblichen Wohngebäuden geprägten Quartier östlich des Platzes zu einem von Wald- und Grünflächen sowie Großsiedlungen bestimmten Gebiet im Westen. Dem Scholzplatz, gelegen an der Schnittstelle der unterschiedlich charakterisierten Viertel, kommt daher eine signifikante Position zu. Als architektonische Großstruktur fasst die Wohnanlage am Scholzplatz, Heerstraße 131/135 das heterogene Quartier im Südosten zwischen Heerstraße, Am Postfenn und Kranzallee. (1) Als Bauherrin des Komplexes trat die Stiftung Volkswagenwerk Hannover auf, die für die Ausführung die GAGFAH beauftragte. Das bestehende Ensemble ist dabei das Ergebnis eines gemeinsam von der Technischen Universität Berlin und dem Volkswagenwerk 1966 ausgelobten Wettbewerbes, den Heinz Schudnagies (2) zusammen mit Erwin Montag und Günter Druschke für sich entschied. Ihre Zusammenarbeit hatte sich bereits 1965 mit den Wohnbauprojekten am Tegeler Seeufer etabliert. Der 1967-68 realisierte Wohnkomplex am Scholzplatz umfasst drei Gebäude: das achtgeschossige Hochhaus im Norden (Heerstraße 131/135), die kürzere zwei- bis viergeschossige Nordzeile (Am Postfenn 3/7) und die deutlich längere drei- bis fünfgeschossige Südzeile (Am Postfenn 9/11, Kranzallee 58/62). Alle Gebäude zeigen eine mehrfach gebrochene Außenkubatur, die vor allem bei den beiden Zeilenbauten eine harmonische Einheit mit den steigenden und abnehmenden Geschosszahlen bildet. Auch das Hochhaus im Norden ist über polygonal gebrochenem Grundriss organisiert und insbesondere die plastisch aus den Fassaden hervortretenden Balkone charakterisieren die Baugruppe und belegen Schudnagies Nähe zum organischen Bauen im Umfeld Hans Scharouns. Insgesamt umfasst die Anlage 82 Wohneinheiten und eine zusätzliche Hausmeisterwohnung. Die Südzeile nimmt in fünf als Zweispänner aufgefassten Hausaufgängen insgesamt 36 Großwohnungen mit jeweils 4,5 Zimmern auf. In der Nordzeile sind drei weitere Hausaufgänge als Zweispänner angelegt. Hier bestehen 18 Wohneinheiten, die drei bis vier Zimmer umfassen. Das Hochhaus an der Heerstraße wurde schließlich als Gästehaus für Wissenschaftler der TU Berlin konzipiert und ist um einen flachen Anbau mit der Hausmeisterwohnung erweitert. Als Vierspänner angelegt nimmt das Gebäude insgesamt 28 Kleinwohnungen von zwei Zimmern auf. Davon kann jedoch die Hälfte durch Drehung eines raumhohen Wandelementes in sieben Einzimmer- und sieben Dreizimmerwohnungen umgewandelt werden. Nicht nur in der hochwertigen Freiraum- und Fassadengestaltung, sondern auch in der Vielfalt und Flexibilität der Wohnungsgrundrisse zeigt die Anlage somit einen außergewöhnlich hohen Standard im sozialen Wohnungsbau. Die mehrfach gebrochenen Gebäudekubaturen ermöglichen jeder Wohnung eine Terrasse oder einen Balkon in Süd- oder Westlage. Offensichtlich orientierte sich Schudnagies zudem neben dem organischen Bauen auch an Vorbildern der 1920er Jahre, wenn er die Wohnungen in Tag- und Nachtbereiche untergliederte. So sind auch die Schlafräume überwiegend nach Süden und somit vom Verkehrslärm der Heerstraße abgewandt ausgebildet. Bis 1993 bestand im Kreuzungsbereich der Heerstraße ein zugehöriges Parkhaus, das nach zwischenzeitlichen Planungen zur Umnutzung für einen Lebensmittelmarkt schließlich abgebrochen und durch das bestehende Hochhaus ersetzt wurde. (3) Von dem Anbau eines Windfanges am Gästehaus an der Heerstraße abgesehen, (4) ist die Wohnanlage nahezu unverändert erhalten. Jedoch wurden der Clubraum des Gästehauses bereits 1984 und die Hausmeisterwohnung 2013 für gewerbliche Nutzungen aufgegeben. (5)
(1) Bauakten BWA-Charlottenburg, Heerstraße 131-135, Band 1-14; Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Bauten, Teil IV, Wohnungsbau, Bd. B, Die Wohngebäude, Mehrfamilienhäuser, Berlin-München-Düsseldorf 1974, S. 636-638, Nr. 1274; Berlinische Galerie (Hrsg.): Heinz Schudnagies. Architekt, Berlin 1992, S. 96-103.
(2) Heinz Schudnagies, 1925-1997, 1946 Beginn des Studiums der Architektur an der Technischen Universität Berlin, 1956 Beginn der Arbeit als selbstständiger Architekt. Werkauswahl aus dem von Wohngebäuden geprägten, architektonisch den Ideen Hans Scharouns nahestehenden Oeuvre des Architekten: Häuser Kersten, Wittinger Straße 15 und Regel, Horandweg 28 in Berlin-Frohnau, 1957-58; Haus Dr. Wagner, Rothenbücher Weg 57 in Berlin-Gatow, 1959-60; Haus Dr. Conrads, Hainbuchenstraße 56 in Berlin-Frohnau, 1964-65; Haus Stellfeldt, Alt-Heiligensee 107/109, 1965-66 und als Beispiel zahlreicher Projekte im sozialen Wohnungsbau das Wohnhochhaus "Neptun", Greenwichpromenade in Berlin-Reinickendorf, 1965-67 (Bestandteil der Bebauung am Tegeler Seeufer).
(3) Planungen für den Lebensmittelmarkt: Bauakte BWA-Charlottenburg, Heerstraße 131-135, Band 4, fol. 102 ff. Der Neubau des bestehenden Hochhauses erfolgte 1995: Bauakte BWA-Charlottenburg, Heerstraße 131-135, Band 7.
(4) Der Anbau datiert 1984: Bauakte BWA-Charlottenburg, Heerstraße 131-135, Band 4, fol. 42 ff.
(5) Umnutzung des Clubraumes: Bauakte BWA-Charlottenburg, Heerstraße 131-135, Band 4, fol. 162 ff. Umnutzung der Hausmeisterwohnung: Bauakte BWA-Charlottenburg, Heerstraße 131-135, Band 14, fol. 15 ff.
Literatur:
- BusB IV B 1974 / Seite 636-638 (Abb.)
- Heinrich-Hampf, Vroni, Hermann Mattern 1902-1971, Ausstellungskatalog Akademie der Künste Berlin, Berlin1982 / Seite 36, 39-41
- Heinz Schudnagies, 1992 / Seite 96-97 (Abb.)
Kontakt
Juliane Stamm
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