Denkmaldatenbank

Wohnbauten an der Weberwiese

Obj.-Dok.-Nr. 09085178,T
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg
Ortsteil Friedrichshain
Adressen Marchlewskistraße
16, 18, 20, 22, 24, 25, 25A, 25B, 25C, 26, 28, 30

Fredersdorfer Straße 13, 14, 15, 25, 26, 27

Weberwiese
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Wohnanlage
Entwurf 1950
Datierung 1951-1952
Entwurf Entwurfskollektiv Hermann Henselmann (Architektenkollektiv)

Die Planung für den Komplex Weberwiese, Marchlewskistraße 16/22, 24/30, 25, 25A-C/Fredersdorfer Straße 13-15, 25/27 war die erste Umsetzung des ideologisch begründeten Wechsels der städtebaulichen und architektonischen Konzeption. (1)

Richard Paulick und Hermann Henselmann erhielten Ende 1950, Anfang 1951den Auftrag zur Umplanung des Heimstättenentwurfs für die Wohnstadt Friedrichshain und lieferten zunächst Ergebnisse im "Bauhausstil". Diese Pläne wurden abgelehnt. Nach einer Aussprache mit den Architekten im Juli 1951, initiiert von höchster politischer Ebene, erstellten sie kurzfristig neue Entwürfe, von denen Henselmanns Arbeit akzeptiert wurde. (2) Die Planung umfaßte folgende Gebäude: Das Hochhaus an der Weberwiese (Marchlewskistraße 25), dessen Querriegel (25a-c), den Wohnblock Marchlewskistraße 16/22/Fredersdorfer Straße 25/27 und aller Wahrscheinlichkeit nach auch den Block Marchlewskistraße 24/30/Fredersdorfer Straße 13-15.

Das Hochhaus an der Weberwiese (Baubeginn 1.9.1951; Richtfest 19.1.1952) spielte dabei die zentrale Rolle. Es bildete den Auftakt zum "Nationalen Aufbauprogramm" und wurde nach der Absage an das Neue Bauen als erster realisierter Bau zum Maßstab für die weitere Gestaltung der Stalinallee. Das mit Keramikplatten verkleidete Hochhaus erfüllte die gestellte Aufgabe, bei der Gestaltung eines modernen Wohngebäudes an nationale Architekturtraditionen anzuknüpfen, in diesem Fall insbesondere an den Berliner Klassizismus Schinkelscher Prägung. Man glaubte, damit eine Architektursprache gefunden zu haben, die sich an den Vorstellungen und Bedürfnissen der Werktätigen orientierte und die zeichenhaft die "Herrschaft der Werktätigen" zum Ausdruck brachte. Das zeigte sich auch in den für damalige Verhältnisse mit überdurchschnittlichem Komfort ausgestatteten Wohnungen und in der Wahl der Erstmieter. (3) Räumlich fungiert das Gebäude als Höhendominante, die aus unterschiedlichsten Richtungen wahrnehmbar ist und den Ort markant bezeichnete. Der angeliederte Querriegel ordnet sich dem Hochhaus sowohl in der Größe als auch dem Gestaltungsaufwand unter.

Die beiden anderen Wohnblöcke in der Marchlewskistraße/Fredersdorfer Straße begrenzen das Areal nach Westen. Der der Weberwiese gegenüberliegende Block ist mit quer im Gebäude liegenden Treppenhäusern ausgestattet, die an der Fassade durch Kolossalordnungen angezeigt werden, die jedoch keinesfalls den Raumverhältnissen im Inneren entsprechen. Auf diese Weise versuchte man eine gestalterische Beziehung zwischen Wohnblock und Hochhaus zu schaffen, dessen Eingänge ebenfalls durch Säulen bzw. Pfeiler betont werden. Relieffelder im Bereich des Attikageschosses, die optimistische Zukunftsvisionen propagieren, bekrönen die kolossalen Tormotive der Eingangsbereiche.


(1) Im April/Mai 1950 reiste eine Delegation des Ministeriums für Aufbau zum Studium der Aufbauergebnisse, insbesondere zum Studium von Theorie und Praxis des Städtebaus in die Sowjetunion. Anstelle des angestrebten Erfahrungsaustausches gab es herbe Kritik an den Planungen der deutschen Architekten. Moskaus Aufbauergebnisse galten fortan als vorbildlich für Berlin. Die Abkehr von der sachlich-funktionalen Gestaltung der Vorkriegszeit, speziell vom "Bauhausstil", charakterisierte in der Folgezeit die Haltung zu Architektur und Städtebau. Gegen eine kosmopolitische Gestaltung, gegen den sogenannten Formalismus wurden nationale Traditionen ins Feld geführt. Eingebettet war diese Diskussion über Gestaltungs- und Kunstfragen in die Atmosphäre des Kalten Krieges. Bekräftigt und vertieft wurde der Konzeptionswechsel auf dem III. Parteitag der SED 1950. Für die Stadtentwicklung Berlins wurden die "Grundsätze für die Neugestaltung Berlins" (1950), "Die sechzehn Grundsätze des Städtebaues" (1950) und das Aufbaugesetz (1950) bestimmend.

(2) Die Aussprache kam auf Initiative des Sekretariats des Zentralkomitees (ZK) der SED zustande.

(3) Die Übergabe der Wohnungen erfolgte am 1.5.1952. 33 Wohnungen mit je 65 m2 wurden an Familien von dreißig Arbeitern, einem Architekten, einem Lehrer und einem Volkspolizisten übergeben.

Literatur:

  • Geist/ Kürvers: Mietshaus, 1989 / Seite 331-336
  • Göpfert, Rolf: Die Neubauten an der Weberwiese, in: Planen und Bauen 5 (1951) 21 / Seite 485-487
  • Henselmann, Hermann: Gedanken, Ideen, Bauten, Projekte, Berlin 1978 / Seite 80-81
  • N.N.: Die neuen Wohnbauten der deutschen Hauptstadt, in: Demokratischer Aufbau 9 (1951) / Seite 152
  • Kühn, Fritz: Eisen und Stahl, Leipzig 1957 / Seite 108-111
  • Topographie Friedrichshain, 1996 / Seite 150-151
  • Froschauer, Eva Maria; Weckherlin, Gernot: Aufbau in Eile - Hermann Henselmanns erster Bau in der Hauptstadt, das Hochhaus an der Weberwiese, in: Winkler, Klaus-Jürgen (Hrsg.): Neubeginn. Die Weimarer Bauhochschule nach dem Zweiten Weltkrieg und Hermann H / Seite 127-143

Teilobjekt Betonlitfaßsäulen

Teil-Nr. 09085178,T,001
Sachbegriff Litfaßsäule
Adressen Fredersdorfer Straße 25

Marchlewskistraße

Literatur:

  • Reichwein, Sabine: Die Litfaßsäule, in: Berliner Forum 5/80

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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