Denkmaldatenbank

Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie, Haus Willstätter, Wohnhaus für den Leiter der Abteilung Organische Chemie

Obj.-Dok.-Nr. 09085044
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Dahlem
Adressen Faradayweg 10

Ihnestraße 16, 18, 20, 22, 24
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Wohnhaus
Datierung 1912
Umbau 1970
Entwurf Breslauer und Salinger

Überliefert ist das zum Kaiser-Wilchelm-Institut für Chemie dazugehörige Wohnhaus für den Leiter der Abteilung Organische Chemie Richard Willstätter im Faradayweg 10, gegenüber der Jesus-Christus-Kirche. (1) Das repräsentativ breit gelagerte Landhaus mit ausgebautem hohen Mansarddach hatte sich Willstätter von den Berliner Architekten Alfred Breslauer und Paul Salinger 1912 erbauen lassen, als er an das gerade gegründete Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie berufen worden war. Mit einer betont axialsymmetrischen Gliederung, der kompakten Kubatur und vor allem mit flächig gehaltenen Putzfassaden folgten die Architekten nicht den Prinzipien des englischen Landhauses, wie sie Hermann Muthesius propagierte, sondern eher der Landhausarchitektur von Alfred Messel. Als Vorbild diente ihnen das preußische spätbarocke Herrenhaus mit Mansarddach, Eckquaderung, Gaubenreihe und gezielt gesetzten Naturstein-Applikationen. Ebenerdig gelagert und über Terrassen mit dem Garten verbunden, setzten sich diese Häuser vom Villentypus des 19. Jahrhunderts ab; sie waren reformorientiert und für ein modernes Wohnen in der Vorstadt konzipiert. Meisterlich hatte Alfred Messel vor dem Ersten Weltkrieg eine Reihe dieser Landhäuser für eine wohlhabende Bauherrenschaft entworfen, in jener Zeit, als auch Alfred Breslauer als Schüler im Büro Messel arbeitete. (2) Auch die späteren Privathäuser von Alfred Breslauer, wie das Eigenheim von Richard Willstätter, strahlen jene vornehme Solidität und handwerkliche Kunstfertigkeit der Messelschen Häuder aus.

Charakteristisch für diesen Landhaustyp ist eine Halle mit der Haustreppe in der Mitte des geräumigen Erdgeschosses, von der aus man unter anderem über eine Veranda in den Garten gelangen konnte. Um die Halle gruppierten Breslauer & Salinger Gesellschafts- und Wohnräume sowie das Speisezimmer mit der Küche. Im zweigeschossigen Mansarddach befanden sich mehrere Schlafzimmer und Bäder für die Familie Willstätter sowie Räume für das Dienstpersonal. Letztere waren über einen Treppenturm an der Schmalseite mit den Wirtschaftsräumen im Erd- und Kellergeschoss verbunden. So waren noch traditionell wie beim gängigen Villentypus des 19. Jahrhunderts die Hausbereiche für das Personal von denen der Herrschaft getrennt und das Bedürfnis nach gesellschaftlicher Repräsentation erfüllt.

Richard Willstätter bewohnte das Haus nur bis 1916. Ein Jahr nach seinem Nobelpreis, den er 1915 für seine Chlorophyll-Untersuchungen erhalten hatte, nahm er einen Ruf an die Münchener Universität an. Die Villa ging danach an den Bankier der Diskonto-Bank Richard F. Ullner über. Ab 1938 fungierte sie als Dienstwohngebäude des SS-Obergruppenführers Kurt Daluege, der Chef der Ordnungspolizei im nationalsozialistischen Deutschen Reich war. Nach 1945 wohnte hier bis zu seinem Tod 1967 der evangelische Bischof von Berlin Otto Dibelius. Ab 1970, nach einem umfangreichen Umbau, verwendete die Max-Planck-Gesellschaft das Haus als Mensa und Unterkunftsgebäude. Von der inneren Raumausstattung hat sich vor allem das Kaminzimmer mit Keramikfliesen bewahrt. Heute gehört das Gebäude als Richard-Willstätter-Haus zum Fritz-Haber-Institut und wird als Begegnungsstätte für die Abteilung Theorie genutzt.

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(1) Alfred Breslauer, Ausgeführte Bauten 1897-1927, Berlin 1927, Taf. 32; Henning/Kazemi 1993, S. 65 f.; Henning/Kazemi 2002, S. 115-118.

(2) Alfred Breslauer (1866-1954) war zwei Jahre lang im Büro Messel und während dieser Zeit vor allem am Bau des Kaufhauses Wertheim in Berlin, des Museums in Darmstadt und des Hauses der Handelsgesellschaft in Berlin beteiligt.

Literatur:

  • Alfred Breslauer. Ausgeführte Bauten 1897-1927, Berlin 1927 / Seite 161
  • Topographie Dahlem, 2011 / Seite 65f
  • Henning/Kazemi 1993 / Seite 115-118
  • Henning/Kazemi 2002

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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