Denkmaldatenbank

Kaiser-Wilhelm-Institut für Faserstoffchemie

Obj.-Dok.-Nr. 09085043
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Dahlem
Adressen Faradayweg 16
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Institutsgebäude
Datierung 1914-1916, 1921-1922
Umbau 1980, 1996
Entwurf Meyer, Eckehard
Entwurf Muthesius, Hermann
Bauherr Dr. Robert Löwenthal (Verlagsbuchhändler)
Ausführung Otto Laternser (Baugeschäft)
Bauherr Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft

Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Faserstoffchemie, Faradayweg 16, bestand nur bis 1934. Danach übernahm das Kaiser-Wilhelm-Institut für Silikatforschung die Räumlichkeiten. (1) Seit 1962 ist in den Gebäuden die Abteilung Chemische Physik des Fritz-Haber-Instituts untergebracht. Von dem 1921-22 nach Plänen von Hermann Muthesius fertig gestellten Gebäudekomplex ist nur das Vordergebäude zum Faradayweg, der so genannte Chemiebau, erhalten. Allein dieser Bau erinnert heute an die einstige Forschungseinrichtung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. (2) Die rückwärtig direkt angebundenen Gebäude für Labors, Werkstätten und einen Maschinensaal, ehemals von der physikalischen Abteilung des Instituts der KWG genutzt, mussten 1996 einem großen Laborneubau von Gunter Henn weichen.

Das Äußere des Altbaus deutet nicht auf seine Bestimmung als Institutsbau hin. Mit Mansarddach und Sockelgeschoss, mit Erker und Giebeln verkörpert er vielmehr den vorstädtischen Villentypus des späten 19. Jahrhunderts, wie er auch in Dahlem noch vereinzelt zur Ausführung kam. Diese Unstimmigkeit ist der Entstehungsgeschichte des Instituts und den wirtschaftlichen Möglichkeiten nach dem Ersten Weltkrieg geschuldet. Die Gründung des Forschungsinstituts für Faserstoffe 1920 war wesentlich durch die Förderung der Deutschen Textilindustrie möglich gemacht worden. Die bauliche Grundlage für das neue Dahlemer Institut der KWG bildete daher eine von Oskar Ostersetzer, Generaldirektor der Deutschen Wollwaren-Manufaktur in Schlesien und zugleich Vorsitzender des Reichskuratoriums zur wissenschaftlichen Förderung der deutschen Textilindustrie, überlassene Villa am Faradayweg, dem heutigen Altbau der Abteilung Chemische Physik. Allerdings musste das Haus, das sich seit 1916 im Rohbau befand, erst fertig gestellt werden. (3) Aufgrund der Inflation verzögerte sich die Institutseinweihung bis 1922. Architekt des Um- und Ausbaues war Hermann Muthesius, der einflussreiche Theoretiker und Reformarchitekt der Landhausbewegung. Die Bauausführung lag in den Händen von Otto Laternser. Durch den vorgegebenen Villentypus - mit Sockel, vertikaler Gliederung und geringem Bezug zum Garten - hatte Muthesius nur wenig Spielraum für eine landhausgemäße differenzierte Gestaltung. Sie prägte eher die nicht mehr vorhandene anschließende Labor- und Werkstattgruppe, die er gekonnt architektonisch eingebunden hatte. (4) In dem Vorderhaus kamen die chemische Abteilung mit Labors sowie Verwaltung und Bibliothek unter.

Anlass für die Gründung des KWI für Faserstoffchemie war die schwierige Rohstoffsituation Deutschlands auf dem Gebiet der Faserstoffe, in die Deutschland aufgrund des Ersten Weltkrieges geraten war. Der Ausfall eines Großteils der Faserstoffimporte hatte folgenschwere Auswirkungen auf die deutsche Textilindustrie. (5) Unter der Leitung des ersten Direktors Oliver Herzog sollten durch grundlegende Untersuchungen über die Struktur hochmolekularer organischer Verbindungen "eine wissenschaftliche Grundlage für den Ausbau der Rohstoffbasis der Textilindustrie"geschaffen werden. (6) Mit Hilfe neuer Methoden - Röntgendiffraktometrie und Ultramikroskopie - wurden molekulare Faserstrukturen von Kunstfasern und Wolle erforscht. Am Institut wurden vor allem unter Hermann F. Mark, dem Leiter der technologischen Abteilung ab 1922, einige neue Verfahren zur Herstellung von Viskose entwickelt. Mark gilt als einer der wesentlichen Begründer der modernen Polymerwissenschaften. (7)

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(1) Kaiser-Wilhelm-Institut für Faserstoffchemie, o.O. o.J. (1922); Gill/Klenke 1993, S. 56, 118 f.; Uebele 1998, S. 56, 105; Henning/Kazemi 1993, S. 52-61; Die Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Gesellschaft und ihre Institute, Studien zu ihrer Geschichte, Das Harnack-Prinzip, hrsg. v. Bernhard vom Brocke und Hubert Laitko, Berlin-New York 1996, S. 275-302; Henning/Kazemi 2002, S. 92-109; Braun 1987, S. 81 f., 84; BusB V B, S. 309.

(2) Braun 1999, S. 126-131; BusB V B, S. 227, 311.

(3) 1914 Baubeginn und Rohbauabnahme einer Villa für den Verlagsbuchhändler Dr. Robert Löwenthal auf dem Grundstück Faradayweg 16, Architekt Eckehard Meyer.

(4) Braun 1987, S. 84.

(5) Die Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Gesellschaft und ihre Institute, Studien zu ihrer Geschichte, Das Harnack-Prinzip, hrsg. v. Bernhard vom Brocke und Hubert Laitko, Berlin-New York 1996, S. 275.

(6) Die Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Gesellschaft und ihre Institute, Studien zu ihrer Geschichte, Das Harnack-Prinzip, hrsg. v. Bernhard vom Brocke und Hubert Laitko, Berlin-New York 1996, S. 302.

(7) Henning/Kazemi 2002, S. 97 f.

Literatur:

  • Kaiser-Wilhelm-Institut für Faserstoffchemie, o. O. o.J. (1922) Topographie Dahlem, 2011 / Seite 166
  • Gill/Klenke 1993 / Seite 56, 118 f.
  • Uebele 1998 / Seite 105
  • Henning/Kazemi 1993 / Seite 52-61
  • Die Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Gesellschaft und ihre Institute, Studien zu ihrer Geschichte, Das Harnack-Prinzip, hrsg. v. Bernhard vom Brocke und Hubert Laitko, Berlin-New York 1996 / Seite 275-302
  • Henning/Kazemi 2002 / Seite 92-109
  • Braun 1987 / Seite 81f., 84
  • Uebele 1998 / Seite 56
  • BusB V B 2004 / Seite 309

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Landesdenkmalamt Berlin
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