Denkmaldatenbank

Kaiser-Wilhelm-Institut für Experimentelle Therapie, Institutsgebäude

Obj.-Dok.-Nr. 09085039
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Dahlem
Adressen Thielallee 73

Van't-Hoff-Straße 2
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Institutsgebäude
Datierung 1912-1913
Entwurf Ihne, Ernst Eberhard v. & Guth, Max
Ausführung Baugeschäft Gustav Clemens
Bauherr Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft

Zu den ersten drei Forschungseinrichtungen vor dem Ersten Weltkrieg zählt das Kaiser-Wilhelm-Institut für Experimentelle Therapie, das 1912-13 auf dem Eckgrundstück Thielallee 73, Van´t-Hoff-Straße 2, erbaut wurde. (1) Auf dem dazugehörigen weitläufigen, gärtnerisch angelegten Institutsgelände, das einst bis zur Garystraße reichte, standen die Nebengebäude - zwei Versuchstierställe und ein Wohnhaus für die Assistenten und den Pförtner. Die Ställe sind nicht mehr vorhanden, das Assistentenwohnhaus ist dagegen erhalten. Heute befinden sich auf dem Gelände die Mensa der Freien Universität sowie Institute der Charité Universitätsmedizin Berlin, die den alten Institutsbau nutzen. Das Hauptgebäude und die Nebengebäude entwarf Ernst von Ihne; die technische und finanzielle Baudurchführung hatte wiederum Max Guth inne.

Aufgabe des ersten biologisch-medizinischen Instituts der KWG, das sich in eine bakteriologische und chemische Abteilung unterteilte, war vor allem die Erforschung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Den Direktorenposten übernahm der Immunologe und Schüler von Robert Koch, August von Wassermann, dessen Arbeiten zur serologischen Diagnostik der Syphilis das Institut weltbekannt machten. Während des Ersten Weltkriegs, als die bakteriologische Abteilung der Militärverwaltung unterstellt war, entwickelte Wassermann Impfstoffe gegen Cholera und Typhus. Von Bedeutung waren auch die Forschungen von Carl Neuberg, der mehrfach für den Nobelpreis nominiert war. Er leitete seit 1917 das Institut für Biochemie, das 1922 zum Institut für experimentelle Therapie und Biochemie zusammengelegt wurde. Insbesondere seine Forschungen über die Wirkung von Enzymen - er entdeckte die Carboxylase (2) - trugen dazu bei, die Biochemie als eigenständige Disziplin zu etablieren. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung musste Neuberg 1934 aufgrund seiner jüdischen Herkunft seinen Direktorenposten aufgegeben. Ab 1936 übernahm Adolf Butenandt, 1960-72 Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, das biochemische Institut. Für seine Forschungen über Sexualhormone erhielt er 1939 den Nobelpreis.

Anders als beim Institut für Chemie wählte Ernst von Ihne für die Fassaden einen eher ländlichen Charakter mit zurückhaltend barocken Anklängen. Allerdings stellten auch hier schlossähnliche Zitate wie der übergiebelte Mittelrisalit, eine Lisenengliederung und ein Portal die Bedeutung des Instituts heraus. Wie bei den anderen Kaiser-Wilhelm-Instituten nahm der erste Direktor August von Wassermann Einfluss auf die innere Organisation und die Einrichtung seines Instituts. Mit Rücksicht auf die mikroskopischen Untersuchungen stand dabei die richtige Belichtung der Laborräume im Vordergrund. Sie wurden innerhalb des zweihüftigen Grundrisses nach Norden gelegt, um einen gleichmäßigen Lichteinfall zu erzielen. (3) Büros und technische Räume kamen im südlichen Hausteil unter. Für die chemische Abteilung richtete man so genannte "Abluftkapellen" vor den Fenstern ein, die die Abluft über tönerne Rohre bis zum Dachboden ableiteten, wo elektrische Exhaustoren sie über die Schornsteine entsorgten. Noch heute prägen die hohen Abluftschornsteine mit ihren großen Querschnitten das Krüppelwalmdach des Institutsgebäudes. 1959 wurde an der Ostseite des Gebäudes ein Hörsaal (Thielallee 67) für das Pharmakologische Institut der Freien Universität angebaut (4), das zu dieser Zeit in dem ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Institut untergebracht war.

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(1) Kaiser-Wilhelm-Institut für Experimentelle Therapie. Zur Einweihung des Instituts durch Seine Majestät den Kaiser und König am 28. Oktober 1913, Berlin 1913; Ernst v. Ihne, Max Guth, Das neue Kaiser-Wilhelm-Institut für experimentelle Therapie in Berlin-Dahlem. In: Zentralblatt der Bauverwaltung 33 (1913), S. 677-679; Braun 1987, S. 58, 63, 71, 75-77, 79; Gill/Klenke 1993, S. 54-55; Henning/Kazemi 1993, S. 107-114; Henning/Kazemi 2002, S. 188-202; Villen, Rost- und Silberlauben 1993, S. 23; Sander 1998, S. 122, 124; Uebele 1998, S. 54 f.; BusB V B, S. 204 f., 309.

(2) Carboxylasen sind Enzyme, die Kohlenstoffdioxid bzw. eine Carboxygruppe in ihr Substrat einbauen.

(3) Braun 1987, S. 79.

(4) Entwurf und Bauleitung: Bauplanung der Freien Universität.

Literatur:

  • Topographie Dahlem, 2011 / Seite 174
  • Kaiser-Wilhelm-Institut für experimentelle Therapie, Zur Einweihung des Instituts durch Seine Majestät den Kaiser und König am 28. Oktober 1913, Berlin 1913 / Seite .
  • v. Ihne, Ernst; Guth, Max: Das neue Kaiser-Wilhelm-Institut für experimentelle Therapie in Berlin-Dahlem, in: Zentralblatt der Bauverwaltung 33 (1913) / Seite 677-679
  • Braun 1987 / Seite 58, 63, 71, 75, 76, 77, 79
  • Gill/Klenke 1993 / Seite 54-55
  • Henning/Kazemi 1993 / Seite 107-114
  • Henning/Kazemi 2002 / Seite 188-202
  • Rost- und Silberlauben 1993 / Seite 23
  • Sander 1998 / Seite 122, 124
  • Uebele 1998 / Seite 54 f.
  • BusB V B 2004 / Seite 204 f., 309

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Landesdenkmalamt Berlin
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