Denkmaldatenbank

"Jagdschlösschen"

Obj.-Dok.-Nr. 09085031
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Schöneberg
Adressen Hauptstraße 122
Denkmalart Bodendenkmal
Sachbegriff Fundament & Keller & Gutshof
Datierung 1400/1800

Das Grundstück Hauptstraße 122 an der Südseite des Dorfangers spielte in der Geschichte des Dorfes Schönebergs eine besondere Rolle. Im Mittelalter befand sich hier der Dorfkrug, an dem ein Freigut angrenzte. Laut dem Landbuch Kaiser Karls IV. von 1375 gehörte dieses Gut der Familie Parys, die einerseits Abgaben vom Krug und allen Kossäten bezog, andererseits die hohe und niedere Gerichtsbarkeit sowie die Patronatsrechte an der Kirche Alt-Schöneberg innehatte. Im Jahre 1562 wurde das Gut zum Freigut erhoben, wodurch Dienste, Pacht, Zinsen und Fleischzehnte für die Eigentümer entfielen. Erst 1811 wurde diese Befreiung aufgehoben. Bemerkenswert ist, dass zu dem Freigut statt eines zu jener Zeit typischen Obstgartens ein Lustgarten gehört, wie dem Plan von La Vigne aus dem Jahre 1685 zu entnehmen ist.1786 erwarb Isaac Daniel Itzig, der die Funktion des Königlich Preußischen Hofbankiers und Hofbaurats innehatte, das Freigut mitsamt Gutsgebäude. Itzig ließ das Haus durch Carl Friedrich Zelter umbauen, der es mit Jagdfriesen aus Sandstein ausstattete. Daher wurde das Gutshaus allgemein "Jagdschloss" beziehungsweise "Jagdschlösschen" genannt, obwohl es nie diese Funktion hatte. Als 1871 eine Brauerei das Gelände bezog, erhielt sie den Namen "Schlossbrauerei-Schöneberg". (1) Während des Zweiten Weltkrieges wurde das "Jagdschloss" als Unterkunft für französische Kriegsgefangene genutzt, ehe es im November 1943 nach einem Bombenangriff ausbrannte und 1949 abgerissen wurde. (2) Heute befinden sich an dieser Stelle ein Parkplatz sowie eine Grünanlage.

Das Areal wurde 2007 archäologisch untersucht. (3) Während die ältesten Funde in Form von Keramikscherben in die jüngere Bronzezeit bis ältere Eisenzeit datieren, konnte eine Neubesiedlung des Grundstücks erst für die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts konstatiert werden. Zutage trat ein Gewölbekeller aus Backsteinen im Klosterformat, der durch seine abweichende Orientierung zu den jüngeren Gebäuderesten auffiel. Es ist anzunehmen, dass sich durch den Kauf Schönebergs im Jahre 1506 die Straßenführung geändert hat. Ebenso ließ sich für das 16. Jahrhundert ein Backsteingebäude nachweisen, das vor 1685 durch ein größeres, unterkellertes Gebäude aus Kalksteinmauern ersetzt wurde. Im 18. Jahrhundert wurde auf die Fundamente ein Backsteinbau gleicher Orientierung gebaut, der mit dem Umbau durch Itzig gleichzusetzen ist. Im 19./20. Jahrhundert kam lediglich ein Anbau hinzu. Nach Abschluss der Ausgrabung wurden die Fundamente abgedeckt und blieben als eingetragenes Bodendenkmal erhalten. (4)

Durch die archäologische Untersuchung konnte neben einer frühgeschichtlichen Nutzungsphase eine kontinuierliche Besiedlung des Grundstücks in der Hauptstraße 122 vom Mittelalter bis in die moderne Neuzeit nachgewiesen werden. Die Gebäudereste repräsentativen Charakters sowie Funde von spätgotischen Blattkacheln eines Ofens, die für einen gehobenen Lebensstandard sprechen, verweisen darauf, dass es sich hier um ein bedeutendes Gutshaus handelte, das im Dorf Schöneberg eine besondere Rolle spielte.


(1) Siehe auch Feurigstraße 30/33.

(2) Müller, Uwe: Vom Freigut zum Jagdschlösschen, Das Grundstück Berlin- Schöneberg, Hauptstraße 122/124. In: Archäologie in Berlin und Brandenburg 2007 (2009), S. 173-175; Schönknecht 1987, S. 20 f., 48-85.

(3) Fundstelle Nr. 1852.

(4) Müller, Uwe: Abschlussbericht Berlin-Schöneberg Bauvorbereitende Untersuchung auf dem Grundstück Hauptstraße 122/124, Grabungsnummer: 1852. Landesdenkmalamt Berlin 2007.

Literatur:

  • Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Bezirk Tempelhof-Schöneberg, Ortsteil Schöneberg, Petersberg 2018 / Seite 18, 59
  • Müller, Adrian von: Edelmann...Bürger, Bauer, Bettelmann. Berlin im Mittelalter, Frankfurt a. Main/Berlin/Wien 1981 / Seite 173-175
  • Rach, Hans-Jürgen: Die Dörfer in Berlin. Ein Handbuch der ehemaligen Landgemeinden im Stadtgebiet von Berlin, Berlin 1988 / Seite .
  • Schönknecht, E.: Vom Dorfkrug zum Prälaten, in: Bezirksamt Schöneberg von Berlin (Hrsg.): Schöneberg auf dem Weg nach Berlin. Ausstellungskatalog Berlin, Berlin 1987 / Seite .
  • Müller, Uwe: Vom Freigut zum Jagdschlösschen, Das Grundstück Berlin-Schöneberg, Hauptstraße 122/124, in: Archäologie in Berlin und Brandenburg 2007 (2009) / Seite 173-175

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