Denkmaldatenbank

Realgymnasium Mariendorf

Obj.-Dok.-Nr. 09080628
Bezirk Tempelhof-Schöneberg
Ortsteil Mariendorf
Adressen Kaiserstraße 17, 18, 19, 20, 21

Rathausstraße 76
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Schule
Datierung 1909-1911
Entwurf Reinhardt und Süßenguth (Architektensozietät)
Ausführung Reinhardt und Süßenguth (Architektensozietät)
Bauherr Gemeinde Mariendorf

Auf dem (...) Grundstück Kaiserstraße 17-21 und Rathausstraße 76 steht das 1909-11 von Heinrich Reinhardt und Georg Süßenguth errichtete Realgymnasium Mariendorf. (1) Die bekannten Architekten, beauftragt mit dem Schulbau in der Gemeinde Mariendorf, entwarfen eine freistehende, vielgestaltige Anlage, die beispielhaft deutlich macht, was die Schulreformer des frühen 20. Jahrhunderts unter einer modernen Schule verstanden. Die Schüler sollten sich in den freundlichen und hellen Klassenzimmern und auf dem großzügigen Schulhof zu Hause fühlen. Die abwechslungsreich gestaltete Baugruppe besteht aus einen dominanten Haupttrakt an der Rathausstraße mit Eingangshalle, Haupttreppenhaus, Aula, Zeichensaal und Singsaal. Seitlich davon schließt sich das Wohnhaus des Direktors und ein Klassentrakt an, dem der große Schul- und Spielhof vorgelagert ist. Ein Kopfbau im Südosten enthält Bibliothek, Arbeitsräume und naturwissenschaftliche Klassenräume. Die Turnhalle an der Rathausstraße wurde 1945 zerstört. Das vielgestaltige, mehrfach gebrochene Dach wird durch mächtige, oben abgewalmte Giebel bereichert. Über dem Haupttrakt thront ein Belvedere mit Aussichtsplattform. Die Giebel und die Zwiebeltürme der Treppenhäuser sind der süddeutschen Renaissance des ausgehenden 16. Jahrhunderts nachempfunden. Die Fassadengestaltung mit schmucklosen, glatt verputzten Wandflächen, kleinteilig gesprossten Fenstern und ziegelgedeckten, horizontal durchlaufenden Gesimsen entspricht der Reformarchitektur des beginnenden 20. Jahrhunderts. Das Realgymnasium umfasst zwanzig Klassen für rund 800 Schüler. An das Hauptportal mit Kalksteinrahmung schließt sich ein tonnengewölbter Treppenaufgang an, dessen Jugendstilausmalung erhalten ist. Man gelangt in eine großzügige Halle, von der eine breite Freitreppe hinunter zum Schulhof führt, während das seitliche Treppenhaus die Obergeschosse erschließt. Halle und Flure besitzen eine Wandverkleidung aus braun glasierten, weiß gefugten Spaltklinkern, in die farbenfrohe Reliefs mit ornamentalen und vegetabilen Darstellungen eingefügt sind. Die zum Schulhof hinabführende Treppe läuft auf einen kostbaren Wandbrunnen zu, dessen ornamentale Rückwand aus Fliesen und Mosaiksteinen gebildet ist. Im ersten Obergeschoss befindet sich die Aula, deren historische Ausstattung größtenteils erhalten blieb. (2) In die holzvertäfelte, mit geometrischen Ornamenten geschmückte Wand hinter der Bühne ist eine Orgel eingefügt. Die Brüstung der gegenüberliegenden Empore trägt flache, geometrisch gestaltete Jugendstilreliefs. Vor der Aula erinnert ein Terrakottarelief, flankiert von Mädchenfiguren, an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Schüler und Lehrer des Realgymnasiums Mariendorf. Die Klassenzimmer des Zwischentrakts sind nach Westen ausgerichtet, um einen optimalen Lichteinfall zu ermöglichen. Das zweigeschossige Direktorenwohnhaus mit Erker, Veranda und Balkon besitzt einen eigenen Eingang an der Kaiserstraße. Die Räume gruppieren sich um eine Diele, die durch einen kleinen Lichthof belichtet wird.


(1) Neuere Schulbauten VI. Der Neubau des Reform-Real-Gymnasiums in Mariendorf bei Berlin, in: Deutsche Bauzeitung 45 (1911), S. 473-476, 481-483; Realgymnasien in Mariendorf und Groß-Lichterfelde, in: Berliner Architekturwelt 14 (1912), S. 135-143; BusB V C, S. 396; Dehio Berlin 2000, S. 419. Heinrich Reinhardt und Georg Süßenguth haben auch den ersten, nicht ausgeführten Entwurf publiziert, siehe Berliner Architekturwelt 16 (1914), S. 517-518.

(2) Die farbig bemalten Leinwandtücher über der Wandvertäfelung sind heute durch Lochplatten ersetzt. Die ornamentale Bemalung der Decke, die Kronleuchter und die Bleiglasfenster sind nicht erhalten.

Literatur:

  • Topographie Tempelhof, 2007 / Seite 166

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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