Denkmaldatenbank

Bauhafen Teltowwerft

Obj.-Dok.-Nr. 09075893
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Zehlendorf
Adressen Sachtlebenstraße 60, 66
Denkmalart Ensemble
Sachbegriff Hafen
Datierung
Entwurf (Architekt)
Bauherr

Der Bauhafen Teltowwerft, an der Sachtlebenstraße 60/66 im äußersten Südwesten Zehlendorfs gelegen, ist als Betriebsanlage in direktem Zusammenhang mit dem Bau des Teltowkanals entstanden.

Das Projekt für eine Wasserstraße, die im Süden Havel und Oberspree verbinden und dadurch den zeitraubenden Umweg durch die innerstädtischen Wasserstraßen ersparen sollte, wurde 1900 beschlossen und genehmigt. 1906 wurden die aufwendigen und kostspieligen Bauarbeiten abgeschlossen und der Kanal, der sich von der Glienicker Lake bis nach Köpenick zieht, eröffnet. Neben der Entlastung der Berliner Wasserstraßen hatte er eine wichtige Funktion für die Entwässerung der Ortschaften im Süden von Berlin, die die Bebauung der Feldmarken erst möglich machte, und war damit Voraussetzung für die Ortserweiterung, brachte aber auch topographische Veränderungen mit sich. Landschaftliche Formationen und dörfliche Strukturen verschwanden, Industriebetriebe siedelten sich an den Kanalufern an. In Zehlendorf entwickelte sich vor allem der Südosten zum Industriestandort. Dieser Bereich wurde 1938 zum Bezirk Steglitz gezogen. Seit dieser Zeit gehören keine größeren industriellen Fertigungsbetriebe mehr zum Ortsteil Zehlendorf.

Die Schiffe und Lastkähne konnten den Kanal nicht mit eigener Triebkraft befahren, sie mußten vom Land her mit elektrisch angetriebenen Treidellokomotiven gezogen werden. (246) Direkt am Kanalufer wurde daher ein Elektrizitätswerk, die sogenannte Electrische Centrale, errichtet. Planung und Bauausführung des Kraftwerks, in dem neben Kessel- und Maschinenraum auch Büros und Wohnräume untergebracht wurden, übernahm die bekannte Architektengemeinschaft Havestadt & Contag, die auch für den Bau des Kanals und weiterer Betriebsanlagen und Hafengebäude an seinem Verlauf verantwortlich zeichnete. Der Bau zeigt zwei völlig verschiedene Fassadenansichten: Der eine Teil, hinter dem die Büroräume liegen, ist einer Villenfassade nachgebildet mit barockisierend geschweiftem Giebel; der andere, der den Maschinenraum abschließt, ist aus einer Pfeilerkonstruktion in Eisenfachwerk aufgebaut.

Bereits wenige Jahre später wurde die Anlage zum Bauhof erweitert, um die Treidelloks unterbringen und Schiffe bauen bzw. reparieren zu können. Havestadt & Contag errichteten einen Lokomotivschuppen mit Werkstatt, ein Dienstgebäude im Landhausstil neben dem Hafenbecken sowie einige kleinere Bauten wie Pförtnerhäuschen, Ölhaus und Windenhaus, um die Schiffe aus dem Hafenbecken ziehen zu können.

Nachdem der Kanal 1919 zur Reichswasserstraße geworden und in Staatseigentum übergegangen war, wurden die Verwaltung und der Schiffahrtsbetrieb 1924 von der neugegründeten Teltowkanal AG übernommen, an der Kreis und Reich je zur Hälfte beteiligt waren. An Treidel- und Werftbetrieb sowie an der Personenschifffahrt auf dem Kanal hatte der Staat allerdings keine Anteile. (247)

Die Werft dehnte sich in den zwanziger und dreißiger Jahren weiter aus. Vor allem die Personendampfer wurden hier mit Hilfe der modernsten technischen Geräte und Einrichtungen in großer Anzahl gefertigt. 1928-29 wurde eine Schweißereihalle nördlich des Hafenbeckens errichtet, die man 1931-32 zur Schiffsbauhalle erweiterte. Ein auf Schienen beweglicher Schweißerschuppen, seinerzeit eine technische Neuheit, ermöglichte es, die Arbeitsgeräte von einer Stelle zur anderen zu bewegen; damit ersparte man sich das umständliche Heranschleppen der Schiffe. Das Werkstattgebäude erhielt 1919 und 1937 Anbauten, und auf dem nördlichsten Teil des Grundstücks wurden ein Verwaltungsgebäude und ein Lagerschuppen errichtet.

Nach dem zweiten Weltkrieg sperrte die Regierung der DDR 1950 den Kanal an der Grenze in Rudow und Kleinmachnow. Die elektrische Treidelanlage war fast völlig zerstört worden, der Treidelbetrieb wurde nach dem Krieg nicht wieder aufgenommen. Den Bauhof betrieb die Teltowkanal AG, deren Aktien in die Hände von BRD und Berliner Senat übergingen, bis zur Stillegung 1963 weiter; bis zu dieser Zeit wurden hier Schiffe für den Betrieb der Stern und Kreisschiffahrt hergestellt. (248) Noch heute befindet sich der Verwaltungssitz der Teltowkanal AG für die Stern und Kreisschiffahrt im Verwaltungsgebäude, das 1957 wiederaufgebaut und erweitert wurde.

Der überwiegende Teil der technischen Anlagen, Werkstätten, Lagereinrichtungen und Verwaltungsgebäude ist - allerdings oft verändert und zum Teil umgenutzt - auf dem heute geteilten Grundstück erhalten geblieben. Sie schließen sich zu einem Ensemble zusammen, das für die Ortsgeschichte bedeutsam ist und darüber hinaus Zeugnis ablegt vom Fortschreiten der Technisierung und Industrialisierung seit der Jahrhundertwende.


246) Vgl. Koch; Natzschka, S. 95 ff.

247) Natzschka, S. 99.

248) Ebenda, S. 111 und 139.

Literatur:

  • Topographie Zehlendorf/Zehlendorf, 1995 / Seite 41 & 279

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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