Denkmaldatenbank

Schloß Wannsee mit Restaurationsgebäude, Winterstall, Sommerküche, offener und geschlossener Glashalle

Obj.-Dok.-Nr. 09075581
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Nikolassee
Adressen Kronprinzessinnenweg 21
Denkmalart Gesamtanlage
Sachbegriff Ausflugslokal & Gaststätte
Entwurf 1895
Datierung 1896
Entwurf Schuffenhauer, Wilhelm
Bauherr Schmidt, Eduard

[...] liegt auf dem weiträumigen Wassergrundstück Kronprinzessinnenweg 21 das frühere Ausflugslokal Schloss Wannsee. (1) Der Gastwirt Eduard Schmidt, der 1890 das unbebaute Wiesengelände am Wannsee erworben hatte, ließ im Jahr 1896 die aus Restaurationsgebäude, Winterstall, Sommerküche, offener und geschlossener Glashalle bestehende Anlage errichten. Da der Zehlendorfer Amtsmaurermeister Wilhelm Schuffenhauer für alle Baulichkeiten verantwortlich zeichnete, entstand ein einheitliches geordnetes Ensemble, das bis heute bewahrt ist und eine vergangene Freizeitkultur nachempfinden lässt. Um 1900 zogen überall in bevorzugten Wasserlagen Gartenlokale mit vielen hundert Plätzen die Berliner in Massen an. Einst verfügte das Schloss Wannsee über 2.000 Sitzplätze, einen großen schattigen Garten, Pferdeställe für Reiter, eine Dampferanlegestelle, große und kleine Säle für Gesellschaften und Vereine sowie Terrassen am See mit Küchenbetrieb im Garten. Erst 1984 haben die Nachkommen Schmidts das Ausflugslokal aufgegeben.

Schuffenhauer gruppierte die fünf Gebäude des Lokals längs der Straße und an den seitlichen Grundstücksgrenzen, wodurch sich ein großer Gartenhof zur Seeseite öffnete. Mit Zierfachwerk sowie durch Türmchen und Giebel gab er der Anlage ein malerisches ländliches Äußeres mit Anklängen an den Villenstil der Nachschinkelzeit, was dem Zeitgeschmack für solche Einrichtungen entsprach. Zum Kronprinzessinnenweg liegt das Haupthaus mit Seitenrisalit und eckigem Giebelturm, massivem verputztem Erdgeschoss und Fachwerk in den oberen Etagen, das überraschenderweise größtenteils in Beton ausgeführt ist. Im Inneren befinden sich noch heute ebenerdig zwei große Festsäle; darüber lagen einst Gastzimmer und die Privatwohnung der Schmidts. Eine kleine Rampe vor dem Giebelturm gewährleistete die Pferdewagenvorfahrt für die "bessere" Kundschaft. Hier ließ Schmidt seitlich des Einganges zu den Sälen zwei Mosaike, ein Landsknecht mit Humpen und eine Frauengestalt mit Weinglas, anbringen - volkstümliche Stimmungsbilder, die auf den Wein- und Biergenuss anspielen.

Auch die Saal- und Wirtschaftsgebäude auf dem Baum bestandenen Gelände bestehen überwiegend aus Fachwerk - hier jedoch in Holz - mit Ziegelausmauerung. Südlich stehen nebeneinander drei Bauten: auf der Höhe des Haupthauses ein so genannter Winterstall, in dem einst 20 Pferde Platz fanden, mit gusseisernen Säulen im massiven Erdgeschoss. Im Kniestock waren neben dem Heuboden auch Schlafräume für die Kellner untergebracht. Dahinter befindet sich die frühere Sommerküche mit Eiskeller und Buffet sowie am Seeufer ein ehemals offener Holzpavillon mit flachem Satteldach und sichtbarem Sprengwerk im Inneren. Die heute mit Fenstern zwischen den Gebinden geschlossene Halle dient Wassersportlern als Bootsschuppen. Gegenüber liegt ein weiterer Fachwerkpavillon, der noch gastronomisch genutzt wird. Der von Anfang an geschlossen konzipierte Bau birgt große stützenlose Festsäle ebenfalls mit Sprengwerk im offenen Dachstuhl. Trotz der Einstellung des Betriebs vermitteln die Gebäude unter altem Baumbestand eine Vorstellung von der einstigen Ausflugsidylle, als das Schloss Wannsee zu den größten und beliebtesten Lokalen am Seeufer zählte. In Berlin existieren nur noch wenige vergleichbare Orte, an denen sich so anschaulich ein Stück Berliner Freizeitgeschichte mitteilt. Die Anlage wurde bis Juni 2010 umfassend denkmalgerecht saniert und dient heute als Konferenz- und Tagungszentrum der Landesbank Berlin.


1) Bappert/Immenhausen/Schneider 2000, S. 214; Ausflugslokale Havel, hrsg. v. Stadtgeschichtliches Museum Spandau u. Museum im Frey-Haus Stadt Brandenburg, Berlin 1994, S. 90-92.

Literatur:

  • Ausflugslokale Havel, hrsg. v. Stadtgeschichtliches Museum Spandau/Museum im Frey-Haus Stadt Brandenburg, Berlin 1994 / Seite S.90-92

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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