Denkmaldatenbank

Verwaltung des Kinderheims Lindenhof

Obj.-Dok.-Nr. 09075577
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortsteil Nikolassee
Adressen Quastheide 1
Denkmalart Baudenkmal
Sachbegriff Kolonistenhaus & Stall
Datierung 1772/1776
Umbau 1926-1929
Umbau 1966-1969
Ausführung Mende, Robert (Maurermeister)
Entwurf Bartels, Brigitte (Architekt)
Bauherr Bezirksamt Zehlendorf

In unmittelbarer Nähe des Königswegs, versteckt hinter Buschwerk und einem Erdwall, liegt das einzige noch erhaltene Kolonistenhaus, Quastheide 1, mit kleinen Stallgebäude. Das um 1780 entstandene Haus dient heute als Verwaltungsgebäude des Kinderheims Lindenhof; die Heimstätte für milieugeschädigte Kinder war 1968-69 durch den Bezirk Zehlendorf aufgebaut worden. (1) Architektin Brigitte Bartels gruppierte Alt- und Neubauten locker um einen begrünten Hof und schuf eine gemeinschaftliche Hofform, die den Kindern ein Gefühl von Geborgenheit vermitteln sollte. Gleichzeitig blieb etwas von der landwirtschaftlichen Vergangenheit des Ortes bewahrt. Dazu tragen die niedrigen Häuser mit Satteldächern und ein Mehrzweckgebäude bei, das in der äußeren Gestalt einer 1968 abgebrochenen Scheune nachempfunden wurde. Das alte Siedlerhaus mit Fachwerkteilen und Stroheindeckung sowie der ebenfalls rohrgedeckte Stall bilden den malerischen Blickfang der Anlage.

Wohnhaus und Stall gelten als letzte bauliche Zeugen der ehemals sechs Hubertshäuser, die der Königliche Kammerrat Hubert ab 1772 zwischen der heutigen Potsdamer Chaussee und dem Königsweg anlegen ließ. Sie zählen damit zu den ältesten Gebäuden Zehlendorfs, die noch etwas von der agrarischen Bau- und Lebensweise des späten 18. Jahrhunderts vermitteln. Friedrich II. hatte im Rahmen seiner Peuplierungspolitik das 240 Morgen große sandige Flurstück von der Gemeinde Zehlendorf erworben und seinen Kammerherrn mit der Gründung einer Kolonie beauftragt, die den Namen Neu-Zehlendorf erhielt. Seit dem 19. Jahrhundert wurde der Kolonistenhof am Königsweg von der Familie Zinnow bewirtschaftet. (2) Das heutige Erscheinungsbild des größtenteils massiven Wohnhauses ist das Ergebnis zahlreicher Umbauten, wodurch vieles von der ursprünglichen Beschaffenheit verloren ging. Vor allem die baulichen Maßnahmen 1922-23 bewirkten einschneidende Veränderungen: den Ausbau des Daches mit Gauben, eine neue Treppe und neue Fensteröffnungen. 1937-40 folgte der Umbau zu einer Jugendherberge der Stadt Berlin, der mit einer breiten Gaube seine Spuren hinterließ. Die eingeschossige Hausform mit dem wiederhergestellten Rohrdach vermittelt jedoch noch eine Vorstellung von der Kargheit eines Kolonistenhofes zur Zeit Friedrich des Großen. Vom ursprünglichen Grundriss ist nur der zentrale Durchgangsflur erhalten. Einen Eindruck bäuerlicher Wohnkultur gibt ein Kachelofen mit Bank und Zierkacheln im Erdgeschoss, der einst Mittelpunkt des häuslichen Lebens war. Die schwarzen Ochsenblutkacheln der Bank zeigen Kartuschen mit dem Schwarzen Adlerorden aus friderizianischer Zeit. (3)


1) Der Name Lindenhof besteht seit der Einrichtung einer Mustergeflügelfarm in den 1920er Jahren auf dem Gelände. Er leitet sich ab von einer großen Linde, die einst vor dem alten Kolonistenhaus stand.

2) Eine detaillierte Bauforschung ist noch nicht erfolgt, sodass die Datierung des Hauses sich auf Literatur- und Kartenquellen stützen muss. Die Literaturquelle bezieht sich vor allem auf eine Reisebeschreibung von 1775. Vgl. Büsching, Anton Friedrich: Beschreibung einer Reise von Berlin über Potsdam nach Rekahn, Leipzig 1775, S. 52 (2. Aufl. Frankfurt-Leipzig 1780, S. 98 f.) Darin erwähnt Büsching als erste angelegte Hausstelle am Königsweg der von Friedrich II. initiierten Kolonistensiedlung ein "Wohnhaus und Scheune, beide mit Rohr- und Strohdächern". Dieses bestätigt ein Blatt des Schulenburg-Schmettauschen Kartenwerks von 1774/75, das bereits sechs Kolonistenstellen an der alten Potsdamer Chaussee und am Königsweg erkennen lässt (Vgl. Historischer Atlas Berlin Zehlendorf, Berlin 1992, Karte 5). Daraus wurde der Schluss gezogen, dass es sich bei dem Haus des Lindenhofs am Königsweg um eines der Hubertshäuser handelt. Zu den Hubertshäusern siehe: Bratring, Friedrich Wilhelm August: Statistisch-topographische Beschreibung der gesamten Mark Brandenburg, 1804 ff., Neuausgabe von Otto Büsch u. Gerd Heinrich (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Bd. 22), Berlin 1968, S. 362; Schneider, Louis: Die Hubertshäuser in Neu-Zehlendorf (Düppel). In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams, T. 3, 1867, S. 181-183; Trumpa 1986, S. 24; ders. Zehlendorf gestern und heute, Berlin-Zehlendorf 1983, S. 34 f.; Kaak Düppel 1992, S. 60-79.

3) Ob der Kachelofen ein Ausstattungsstück aus der Erbauungszeit des Hauses ist, muss noch ermittelt werden. Schwarze Kacheln mit königlichen Initialen und Ordensdarstellungen wurden z.B. von den Veltener Ofenfabriken bis weit ins 19. Jahrhundert hinein produziert. Vgl. Dittmar, Monika: Von der Mehrzweckfeuerstelle zur zentralbeheizten Wohnung. In: Märkische Veltener Ofenfabriken, Ein Beitrag zur Kulturgeschichte des Heizens, hrsg. v. Deutschen Historischen Museum, Berlin 1992, S. 59.

Literatur:

  • Schneider, Louis, Die Hubertshäuser... =Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams 3 (1867) / Seite 181-183
  • Trumpa, Kurt, Zehlendorf, Schönow, Düppel..., Berlin 1979 / Seite 24
  • Kaak, Heinrich/ Gut Düppel/ Die Hubertshäuser =Geschichtslandschaft, Zehlendorf, 1992 / Seite 60-79
  • Historischer Atlas Berlin Zehlendorf, Berlin 1992 / Seite 26f. & 30f.

Kontakt

Juliane Stamm
Landesdenkmalamt Berlin
Redaktion Denkmalinformationssystem

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